Apple Watch vs. Android Wear
Sie zeigen Benachrichtigungen an, zeichnen Fitness-Daten auf und lassen sich per Sprache steuern. Auf den ersten Blick könnten sich die Apple Watch und Android-Wear-Smartwatches kaum ähnlicher sein. Doch in der Praxis gibt es deutliche Unterschiede. Wir vergleichen Apple Watch und Android Wear.

Android Wear vs. Apple Watch
Sowohl die Apple Watch als auch die Android-Wear-Smartwatches waren bisher eng mit dem jeweiligen Lager verheiratet. Die Apple Watch setzt ein iPhone 5S oder neuer voraus und erhält ihre Apps aus Apples App Store. Android-Uhren benötigten bisher ein Android-Smartphone und bekommen ihre Apps zum Beispiel von Googles Play Store.
Doch diese Einschränkung hat Google mit der neuen Version von Android Wear gelockert: In Zukunft können Android-Wear-Smartwatches auch mit dem iPhone zusammenarbeiten. Für iPhone-Nutzer eröffnet sich somit der Zugang zu einer Vielfalt an Android-Uhren. Wie groß ist die Konkurrenz für die Apple Uhr? Wir vergleichen Apple Watch und Android Wear.

Design: Android Wear
Wie Android ist auch Android Wear ein Betriebssystem, das Google Geräteherstellern wie Huawei, LG, Motorola und Samsung zur Verfügung stellt. Anders als Android darf Android Wear aber nicht umgestaltet werden.
Dafür gibt es für Android Wear jede Menge Zifferblätter zum Download und die Hersteller toben sich beim Gehäusedesign so richtig aus. Folgerichtig ist die Designvielfalt bei Android Wear viel größer als bei der Apple Watch, was Kunden mehr Spielraum beim Auffinden der zum persönlichen Stil passenden Uhr gibt. Die meisten Hersteller setzen auf 22 mm breite Standardarmbänder, so dass Sie nahezu jedes im Handel erhältliche Uhrarmband anschließen können.
Qualitativ und konstruktiv können die Gehäuse mancher Android-Wear-Modelle nicht überzeugen. Speziell Ladekontakte, die durch Schweiß korrodieren, sind ein typisches Problem, das die aufwändiger konstruierte Apple Watch nicht kennt.

Design: Apple Watch
Die Apple Watch ist in knapp 40 Variationen erhältlich. Das Grund-Design bleibt dabei immer gleich. Wer zum Beispiel nach einer runden Uhr sucht, der guckt deshalb bei Apple in die Röhre. Qualitativ ist das Apple-Gehäuse den in der Regel billigeren Android-Uhren überlegen, auch wegen der kontaktfreien Ladefunktion.
Beim Gehäuse-Material haben Kunden die Wahl zwischen Aluminium, Edelstahl und hochpreisigen Gold-Legierungen. Der Rest der Farbvielfalt resultiert aus unterschiedlichen Armbändern. Die befestigt Apple über einen speziellen Adapter, der den Armbandwechsel enorm beschleunigt, aber inkompatibel zu 22-mm-Standardarmbändern ist. Dafür gibt es online günstige Adapter von Drittanbietern.
Noch sehr eingeschränkt ist die Zifferblatt-Auswahl. Zwar lassen sich die mitgelieferten Zifferblätter flexibel konfigurieren und mit dem Update auf watchOS 2 im Herbst 2015 wird es zusätzliche Zifferblätter geben. Doch das ist nichts verglichen mit der Design-Freiheit unter Android Wear.

Benachrichtigungen: Android Wear
Android Wear informiert über Nachrichten in Form von Kärtchen, die grafisch an Google Now unter Android erinnern. Viele Benachrichtigungen stellen Aktionen zur Verfügung, zum Beispiel "Antworten", "Löschen" oder "App öffnen". So können Sie etwa auf Kurznachrichten und E-Mails rasch reagieren. Alle Nachrichten werden in der Reihe ihres Eingangs gestapelt und lassen sich einzeln oder komplett wegwischen.
Android Wear kann auf Telefongespräche reagieren (beispielsweise mit einer Kurznachricht), aber Sie können nicht mit Hilfe der Uhr telefonieren.
Android Wear stellt die Verbindung zum Smartphone per Bluetooth her, alternativ per WLAN. Das funktioniert theoretisch sogar dann, wenn sich Uhr und Handy in getrennten, aber per Internet miteinander verbundenen WLANs befinden. Praktisch klappt das mal mehr, mal weniger gut.

Benachrichtigungen: Apple Watch
Auch die Apple Watch nutzt bei Verlust der Bluetooth-Verbindung WLAN, um Benachrichtigungen und andere Daten mit dem iPhone auszutauschen. Das funktioniert aber nur, wenn beide Geräte im selben Netzwerk hängen.
Geht auf der Apple Watch eine Benachrichtigung ein, dann klopft sie kurz ans Handgelenk. Verpasste Nachrichten werden über einen roten Punkt am oberen Display-Rand angezeigt. Dann wischen Sie von oben nach unten über das Display, um die Übersicht zu öffnen.
Nach unserem Eindruck lassen sich mehr Infos auf die Watch transportieren als auf Android Wear, denn für das Apple-Gerät gibt es mehr Apps. Aber die Qualität der Aktionen ist häufig unbefriedigend, allzu oft braucht man zum Reagieren das Smartphone. Das gilt zum Beispiel für Google-Hangouts-Antworten, während Sie auf SMS und iMessages direkt über die Uhr antworten können.
Dafür können Sie mit der Apple Watch vom Handgelenk aus telefonieren. Die Uhr kommt dabei als Freisprecheinrichtung zum Einsatz. Je nach Umgebung geht das mal mehr, mal weniger in Ordnung.

Digitaler Assistent: Android Wear
Googles digitaler Assistent namens "Google Now" ist weitgehend auf Android Wear angekommen. Das gilt nicht nur hinsichtlich der hervorragenden Sprachsteuerung, sondern auch bezüglich der Anzeige von kontextabhängigen Situationen. Wenn rechtzeitig für den Weg zum nächsten Termin die Verkehrssituation und das Wetter vor Ort angezeigt werden, wenn auf dem Weg zum Flugzeug der QR-Code für den Check-In erscheint, dann ist das einfach klasse. Diese Funktionen setzen aber auch voraus, dass Sie Google in Ihr Leben lassen. Nur wenn Google Ihre Mails, Ihren Kalender und Ihre Suchanfragen kennt, ist Google Now so richtig nützlich.

Digitaler Assistent: Apple Watch
Was Android Wear sein Google Now, das sind die Checks für die Apple Watch. Die kleinen Infotafeln enthalten essenzielles (Akkustand, Nicht-stören-Knopf etc.) und können auch auf Apps zugreifen. So zeigt der Check "Remote" an, welches Lied läuft, steuert die Lautstärke und die Wiedergabe. Für die Auswahl eines anderen Songs öffnet er die Remote-App auf der Uhr. Der Wetter-Check zeigt das Wetter am aktuellen Standort - antippen öffnet die Wetter-App auf der Uhr. Auch zahlreiche App-Entwickler liefern bereits Checks mit aus.
So richtig nützlich sind Checks erst, wenn man etwas Zeit investiert, um Inhalt und Anordnung an persönliche Bedürfnisse anzupassen. Da ist Google Now noch komfortabler. Mit dem bevorstehenden großen Siri-Update, das Apple mit iOS 9 und watchOS 2 im Herbst 2015 ausliefert, könnte sich das aber massiv verändern.

Fitness: Android Wear
Alle uns bekannten Android-Wear-Uhren verfügen über einen Schrittzähler und eignen sich dadurch grundsätzlich als einfacher Fitness-Tracker. Den technisch aufwändigeren, optischen Pulsmesser haben deutlich weniger Modelle eingebaut. GPS-Empfänger, dank denen die Uhr zum Beispiel die zurückgelegte Strecke auch ohne Smartphone präzise bestimmen kann, sind die absolute Ausnahme. Als Sleeptracker eignet sich Android Wear ebenso wie die Apple Watch aufgrund der begrenzten Akkulaufzeiten nur äußerst eingeschränkt, nutzen die meisten Anwender die Nachtstunden doch zum Aufladen der Uhr.
In der Regel liefern die Anbieter ihre Geräte mit einer eigenen Fitness-App. Seit dem Frühjahr 2015 gibt es zusätzlich Google Fit, das die Aktivitäten, Kalorienverbrauch usw. auf Googles Servern speichert. Vorteil: Sie können zum Beispiel auch per Web-Browser darauf zugreifen.

Fitness: Apple Watch
Apple Watch ist mit Pedometer und optischem Pulsmesser ausgerüstet, hat aber keinen GPS-Empfänger. Stattdessen muss der des iPhones herhalten. Auf dieser Grundlage kalibriert sich die Uhr in den ersten Tagen und kann anschließend auch ohne iPhone die ungefähre Wegstrecke eines Trainings abschätzen. Über drei Kreissymbole kommuniziert die Watch die Tagesziele für "Stunden, in denen Du wenigstens eine Minute gestanden hast", Trainingsdauer und "Kalorienverbrauch durch Bewegung". Auf Wunsch erinnert die Uhr vor Ende jeder Stunde an das Stehziel.
Alle Daten werden an die Health-App auf dem iPhone übertragen und verbleiben dort. Insgesamt ist Health Google Fit deutlich überlegen, was die Möglichkeiten zur Datenaufzeichnung und die Steuerung des Zugriffs für Apps von Drittanbietern anbetrifft. Wie Fit lässt sie den Nutzer aber alleine wenn es darum geht, Rückschlüsse aus den gesammelten Daten zu ziehen.
Ebenfalls in der Watch verbaut ist ein Sensor, über den sich die Sauerstoffsättigung des Blutes bestimmen lässt. Ihn lässt Apple derzeit noch ungenutzt, wohl aus rechtlichen Gründen.

Apps: Android Wear vs. Apple Watch
Was die Apps angeht, geben und nehmen sich die beiden Smartwatch-Plattformen derzeit wenig. Zum Start der Apple Watch hatten Entwickler rund 3.000 Apps mit Watch-Erweiterung im AppStore veröffentlicht. Auch für das ein Jahr früher gestartete Android Wear finden Sie zahlreiche Apps auf Google Play.
Das Problem: diese Zahlen sagen nichts über die Qualität. Apple-Watch-Apps bedürfen bislang eines Pendants auf dem iPhone, das ihnen Infos liefert. Dadurch sind sie enorm träge. Außerdem können sie weder auf die Sensoren der Uhr, noch auf die Vibrationsfunktion oder den Lautsprecher zugreifen. Eigenständige Uhr-Apps mit diesen Funktionen gibt es erst im Herbst 2015.
Mit Android Wear teilt die Apple Watch das Leid, dass viele Entwickler mit dem kleinen Uhr-Display noch nicht so recht umzugehen wissen. Winzige Schrift und mikroskopisch kleine Tasten zeugen vom Versuch, Smartphone-Apps auf Watch-Größe abzuspecken. Dabei brauchen die schlauen Uhren ganz eigene Konzepte. Erst wenn diese Erkenntnis reift, werden Apps auf Smartwatches abheben. Aus unserer Sicht scheinen die Apps für die Apple-Uhr hier aber schon weiter zu sein.

Force Touch, digitale Krone und Gesten
Mit der digitalen Krone und Force touch hat sich Apple zwei Besonderheiten zur Steuerung der Uhr einfallen lassen.
Richtig gut gefällt uns dabei die digitale Krone, die je nach Situation unterschiedliche Funktionen erfüllt. Mal dient das Drehen daran zum Scrollen, mal zur Regelung der Lautstärke oder zum Einstellen der Laufzeit eines Timers. Beim kurzen Drücken funktioniert sie wie eine Zurück-Taste, die sie Schritt für Schritt zum Zifferblatt bringt. Langes Drücken startet Siri. Der größte Vorteil ist, dass dabei kein Finger das Display verdeckt, Sie also immer genau sehen, was auf der Uhr passiert.
Noch nicht ganz so glücklich sind wir mit Force Touch. Dank dieser Funktion kann das Display zwischen Antippen und festem Drücken unterscheiden. Das eröffnet App-Entwicklern zusätzliche Möglichkeiten zur Steuerung. Was fehlt, ist ein Hinweis, dass Force Touch in der aktuellen Anzeige zu zusätzlichen Funktionen führt. Deshalb hilft oft nur, die Funktion einfach auszuprobieren. Das ist wenig intuitiv, könnte sich mit der Zeit aber als gelerntes Verhalten etablieren.
Android Wear hingegen lässt sich seit dem Frühjahr 2015 auch per Gesten steuern. Über Drehbewegungen des Handgelenks können Sie zwischen Karten wechseln, im Menü scrollen usw. Dadurch steuern Sie die Smartwatch mit nur einer Hand. Das ist nicht jedermanns Sache, aber es dürfte Apple-Watch-Nutzer geben, denen diese Funktion auch gefällt.