Musik auf Vinyl
Empfehlenswerte LP-Neuerscheinungen des Jahres 2011 - Teil 1
Ob Edelpressung, Archiv-Ausgrabung oder Parallel-Ausgabe zur aktuellen CD: Die Vinyl-Szene ist lebendiger denn je. AUDIO zeigt auf einen Blick wichtige Neu- und Wiederveröffentlichungen des Jahres 2011 aus Jazz, Rock, Pop und Klassik.

LOUIS ARMSTRONG Meets Oscar Peterson
Am 14. Oktober 1957 trafen sich die beiden Jazz-Giganten in Chicago, um gemeinsam mit einer tighten Rhythmusgruppe Standards aufs Band zu bringen. Satchmo sang und blies eine noch immer strahlende Trompete, Peterson glänzte mit gewohnt virtuos-elegantem Klavierspiel. Das neue Reissue-Label WaxTime ist jetzt dank des Importeurs Inakustik mit einer ganzen Flöte großer Jazz-Alben der 50er auch hierzulande vertreten. Diese Ausgabe hat 12 Tracks im Gegensatz zum teureren Verve-Reissue mit 16 Titeln.
WaxTime / Inakustik

BABY UNIVERSAL Baby Universal
Pur analog (AAA) bannte die Band von Thommy Krawallo diesen raubauzigen Rock'n'Roll-Longplayer aufs Band - leider auf nicht ganz perfekt gepresstes Vinyl. Die Stimme von Sänger Cornelius kommt sehr direkt und präsent - das Teil hätte auch in den frühen 80ern gut gepasst. Fischer-Z-Fans dürfen die Ohren spitzen.
EMI

NIK BÄRTSCHI'S RONIN Llyria
Mal wieder eine waschechte Neuproduktion vom Edel-Label ECM auf Vinyl: Von den eigenartigen Titeln - jeweils "Modul" mit einer zweistelligen Zahl - sollten sich Freunde ruhiger, melodiös-entspannter Instrumentalklänge nicht abschrecken lassen.
Die Do-LP im Klappcover bietet davon reichlich, zuweilen wird es über minimalistischen Ostinati auch mal etwas lebhafter. Bei der sehr guten Pressung und ECM-typisch exzellenten Klangqualität fallen die wenigen Ticks besonders auf.
ECM/Universal

PATRICIA BARBER Mythologies & The Cole Porter Mix
Mythologies
2006 vertonte die studierte Pianistin und Sängerin für Blue Note Mythen aus der griechisch-römischen Sagenwelt. Der gepflegte, nicht allzu kopflastige Jazz spricht freilich auch Pop-Hörer an. Das bei MFSL von Paul Stubblebine gemasterte Doppel-Vinyl schlägt die CD klanglich um Längen.
The Cole Porter Mix
Auf dem Nachfolge-Album kehrte Miss Barber 2007 zu Standards zurück. Zehn Stückchen des großen Cole Porter drückte sie am Fazioli-Flügel ihren Stempel auf und mischte selbstbewusst noch drei Eigenkompositionen dazu. Auch hier zeigt sich die MFSL-Do-LP der Blue-Note-CD überlegen.
je 2 LPs; MFSL/Sieveking

Black Dub
Daniel Lanois' neue Band: Eher die Details, weniger die Songs erinnern an Dub. Trixie Whitley singt schlicht großartig, die Musiker sind Meister. Sehr straight produziert; druckvoller, komprimierter Sound. Die 180-Gramm-Pressung (mit Voucher zum Download) knurspelt in den Leerrillen, dafür darf der HiFi-Fan "Siren" von Seite 3 zum Tiefton-Test nutzen.
2 LPs (3 Seiten bespielt); Sony

JEFF BECK Wired
Ursprünglich hatte mal George Martin das 1976er Werk des Über-Gitarristen produziert, doch dann remixte Keyboard-Wizzard Jan Hammer. Jetzt wurde die harte Jazz-Rock-Scheibe erneut "exklusively remastert". Was immer das heißen mag - genauere Angaben fehlen. Es klingt trotz gelegentlicher Vor-Echos jedenfalls sehr knackig, fast sogar fetziger als über die alte MFSL-Gold-CD. Ausstattung mit Einfach-Cover und Inlay-Blatt; gute Pressung.
Music On Vinyl / Sony / Cargo

DAVE BRUBECK The Cologne Broadcasts: 1960 Essen
Pünktlich nach Ablauf der 50-Jahre-Frist fördert der Westdeutsche Rundfunk Schätze aus seinem Jazz-Archiv. 1960 brachte Brubeck seinen hitträchtigen Intellektuellen-Jazz in die Gruga-Halle. Freilich: Auf "Take Five" muss der Nach-Käufer verzichten. Dafür bekommt er eine geniale Fassung von "Blue Rondo A La Turk", in dem Saxofonist Paul Desmond auch mal kurz J. S. Bachs "Wacht auf, ruft uns die Stimme" zitiert.
Was dem Dichter der liner notes ebenso wenig erwähnenswert schien wie die Tatsache, dass der "Unknown Song" (Track 5) "These Foolish Things" täuschend ähnlich klingt. Der Mono-Mitschnitt, (re-)mastered von Thomas Sehringer beim WDR, bringt zumindest mit Mono-Abtaster ein sehr dynamisches und präsentes Saxofon bei manchmal etwas mittelwelliger Band-Abbildung. Schöne Ausstattung mit Klappcover.
WDR / Delta Music / Cargo

DAVE BRUBECK Time Further Out
In strammer Links-Rechts-Stereofonie wechseln Pianist Dave Brubeck und sein kongenialer Sax-Partner Paul Desmond 1961 die Metren durch: von 3/4 bis 9/8. Die exzellent gefertigte Nachpressung bringt bei etwas engem Klavierton tolle Dynamik wie etwa in dem fetzigen "Charles Matthew Hallelujah". Große Klasse.
Impex / DaCapo

KATE BUSH Hounds Of Love
Auf marmoriertem rosa Vinyl presste Audio Fidelity das von Steve Hoffman gemasterte Album von 1985. Kate hatte es in zwei Suiten eingeteilt, wobei auf Seite 1 die Hits "Cloudbusting" und "Running Up That Hill" für Verkaufsschub sorgten und auf Seite 2 die rätselhafte "Ninth Wave" sogar etwas von Kates Deutsch-Kenntnissen an die Ohren spülte. EMI hat vor Jahren das nahezu im Alleingang produzierte Traum-Werk als Vinyl-Reissue gebracht, trotz einiger Oberflächengeräusche tönt die US-Nachpressung etwas substanzieller.
Audio Fidelity / Sieveking

LEONARD COHEN Songs From The Road
Der kanadische Gentleman verbreitet Ehrfurcht vom ersten Ton an. Die Musiker spielen das introvertierte, balladeske Programm der Greatest Hits absolut souverän - und so tritt selbst die vermeintlich totgespielte "Suzanne" unfassbar intensiv auf. Das erstklassig gepresste Doppel-Vinyl toppt die CD-Ausgabe (AUDIO 11/2010).
2 LPs; Sony

GRATEFUL DEAD The Warner Bros. Studio Albums
Den Dreiklang Drogen, Musik, Tod beherrschten sie wie keine zweite Band. Ihre fünf Alben von 1967 bis 1970 - "The Grateful Dead", "Anthem Of The Sun" (im Original Mix, nicht dem der frühen 70er), "Aoxomoxoa" (dito), "Workingman's Dead" und "American Beauty" - steckte Rhino mit einem 16-Seiten-Großformat-Booklet in einen schicken Schuber.
Die Entwicklung ging vom Rock'n'Roll des Debüts über Psychedelic bis zu cremig-relaxten Songs (auf "American Beauty"). Alle 180-Gramm-Scheiben, übrigens sehr gute europäische Pressungen, wurden von Chris Bellman bei Bernie Grundman Mastering von den Original-Zweispur-Mastern gezogen. Ein Muss für Westcoast-Fans.
5 LPs; Rhino / Warner

JONI MITCHELL Wild Things Run Fast
Klasse Songs, fantastische Musiker, erstklassiges Mastering (Bernie Grundman), Spitzenfertigung (Pallas in Diepholz): Besser geht es nicht. Gegen die geradezu verschwenderisch in vier schnelllaufende Langrillen geritzte Dynamik dieser 1982 bei Geffen erschienenen Super-Scheibe klingt die CD geradezu erbärmlich.
2 LPs; (45 U/min) Original Recording Group / Universal SM / Sieveking

FRANK SINATRA Sinatra At The Sands
Quasi in seinem "Wohnzimmer" in Las Vegas präsentierte Sinatra mit dem fantastischen Count Basie Orchestra, arrangiert und dirigiert von Quincy Jones, eine schmucke Auswahl aus dem American Songbook. Zwar klingt das Klavier merkwürdig klein, doch die gesamte Dynamik reißt schlicht mit.
Die Gags sitzen (auch die auf Kosten der Kumpane Dean Martin und Sammy Davis), sogar das Geschirrklappern des Dinner-Publikums ist zu hören. Bis auf eine unprofessionelle Blende zwischen Seite 2 und 3 ist das beste Unterhaltung von einem der größten Showtalente überhaupt.
2 LPs; MFSL / Sieveking

LUDWIG VAN BEETHOVEN Sinfonien Nr. 1 bis 9
Ludwig van Beethoven
Sinfonien Nr. 1 bis 9
Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Paavo Järvi
Das ist ja wirklich wie in der guten alten Zeit: ein neuer Beethoven-Zyklus komplett auf Schallplatte! Natürlich hat auch Andreas Spreer bei Tacet einige Beethoven-Symphonien auf LP pressen lassen (jede auch einen Tipp wert), doch jetzt gibt's alle Neune in einer hochwertigen Schatulle, die ein starker Plastikschuber zusätzlich schützt. Darin: tadellos bei Pallas auf 180 Gramm gepresstes Vinyl und ein wertiges, großformatiges 32-Seiten-Booklet.
Auch sonst ist alles vom Feinsten: Die ursprünglichen hochauflösenden digitalen Mehrkanal-Aufnahmen und das Editing besorgte das bestens beleumundete Polyhymnia-Team um Jean-Marie Geijsen. Doch für das analoge Master wurde nicht einfach der - übrigens hervorragende - Stereo-SACD-Mix genutzt, sondern Ralf Koschnike vom audiophilen Duisburger Label Acousense mischte die Multitracks auf analoger Ebene erneut ab. Und die Pressmatrizen erstellte kein Geringerer als Hendrik Pauler bei Pauler Acoustics, also in den gleichfalls absolutem Wohlklang verpflichteten Studios seines Vaters Günter.
Der Aufwand hat sich gelohnt. Die vielfach ausgezeichneten Aufnahmen aus den Jahren 2004 bis 2008 klingen umwerfend gut. Nur die besten SACD-Spieler können (wenn überhaupt) ein dermaßen farbstrotzendes, gleichzeitig geschlossen-harmonisch und differenziert-aufgelöstes Klangbild erzeugen. Solch anspringende Dynamik, bestechende Präzision, anrührende Anmut, strahlende Brillanz - hier bekommen selbst Vinyl-Skeptiker feuchte Augen. Dass der estnische Dirigent Paavo Järvi auch ausgebildeter Schlagzeuger ist, kann man bei manchen rasant durchpulsten schnellen Sätzen nur zu gut hören.
Dass er den Sinn für Effekte ohne Hascherei von seinem Vater Neeme geerbt hat, wird bei manchen prickelnden Sforzati und mitreißenden Steigerungen deutlich. Und dass er schließlich zu allem noch eine sensible Ader für zarte Nuancen hat, bringen nicht nur die leisesten Passagen der langsamen Sätze eindrucksvoll zu Gehör. Und mit welch exzellenten 40 Musikern die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen besetzt ist, macht jeder Takt klar. Unterm Strich: sensationell.
Leser sollten flugs bestellen über 0421 / 9588 5109 oder kundenservice@kammerphilharmonie.com, sonst ist die strikt limitierte Edel-Box weg.
9 LPs; Direktvertrieb

PETER TSCHAIKOWSKY Sinfonie Nr. 4
Peter Tschaikowsky
Sinfonie Nr. 4
London SO, Igor Markevitch
Die Referenz bleibt Mrawinsky, doch diese höchst musikantische Produktion aus der guten alten Philips-Zeit 1963 in der Brent Town Hall in London kommt nahe ran. Ob das berühmte Blechbläser-Intro oder das markante Pizzikato-Scherzo - Markevich lässt nichts anbrennen. Leider geriet die Nachpressung mit leichten Rasplern nicht ganz perfekt.
Philips / Speakers Corner

THE B 52'S The B 52's
MFSL hat sein "Silver Label" ins Leben gerufen. Mit folgenden Unterschieden zu den erheblich teureren Super-Scheiben mit dem Goldenen Kopfbalken: 1.) In dem silbernen Pendant steht "Mobile Fidelity Sound Lab" statt "Original Master Recording" - das heißt, es dürfen auch mal Masterkopien, auch digitale, als Ausgangsmaterial dienen. 2.) Es wird auf 140-160 Gramm bei RTI statt auf 180-200 Gramm gepresst. 3.)
Einfach-Cover statt Klappcover und 4.) erweitertes Repertoire bis Synthie-Pop oder Heavy Metal, Disco oder New Wave. Ein gutes Beispiel ist diese Scheibe von 1979: Die B 52's mischten die Miesepeter-Szene mit ihrem überdrehten Gute-Laune-Pop mächtig auf - ihr "Rock Lobster" brachte jede Party in Schwung. Da MFSL bei Mastering und Schnitt keine Kompromisse machte, überträgt sich der Spaß trotz leichter Schlieren auf der Oberfläche direkt in die Nadel.
MFSL Silver Label / Sieveking

RAY CHARLES The Genius Sings The Blues
Das geht mal überraschend los - mit 3/4- statt 6/8-Takt. Wobei: Auch wenn er überwiegend im langsamen Tempo daherkam, war der Blues a la Ray Charles mit seinem typischen E-Piano nur selten ein Fall für die "Woke up this morning"-Fraktion.
1961 wurde bei Atlantic ein rauer, zum Teil etwas verhangener Sound produziert, gewürzt mit einem bärenstarken Saxophon (keine Angabe), und manchmal auch krass übersteuert. Die Aura bewahrte das half speed mastering von Shawn R. Britton im Mobile Fidelity Sound Lab zu Sebastopol, Kalifornien, mit "Gain 2 Ultra Analog System" bei zuweilen tickender Pressung.
MFSL/Sieveking

JOHN COLTRANE The Cologne Broadcast: 1960 Düsseldorf
Dieser Auftritt vor TV-Kameras in Düsseldorf, mono mitgeschnitten vom WDR und nachträglich mit Publikums-Applaus aufgemotzt, war eigentlich einer des Miles Davis Quintetts ohne Miles Davis. Coltrane spielte sich mit Wynton Kelly, Paul Chambers, Jimmy Cobb und den Gästen Stan Getz und Oscar Peterson durch ein typisches Davis-Programm - gewohnt rasant, aber nicht unbedingt sein Leben riskierend.
Wax Time / Inakustik

JOHN COLTRANE & MILT JACKSON Bags & Trane
Der Tenor-Superstar ging mit dem Modern-Jazz-Quartet-Vibraphonisten (plus Trio Hank Jones, Paul Chambers, Connie Kay) am 15. Januar 1959 für Atlantic ins Studio. Gegenüber der Atlantic-LP-Neuausgabe runderer Klang, weniger klirrig.
Wax Time / Inakustik

ELVIS COSTELLO & THE ATTRACTIONS Armed Forces
Für ein frühes Costello-Album ist dieses von 1979 außergewöhnlich melodisch - und außergewöhnlich liebevoll produziert. Und die MFSL-Überspielung tönt dynamischer (aber im Schnitt leiser) als die Remaster-CD.
MFSL/Sieveking

THE MILES DAVIS QUARTET The Musings Of Miles
1955 mono in einem Zug an einem Tag eingespielt. Als Zugabe: das schon 1952 aufgenommene "Yesterdays". Einfachcover mit den Liner Notes der alten "Prestige"-Ausgabe. Nicht weltbewegend.
Wax Time / Inakustik

MILES DAVIS AND THE MODERN JAZZ GIANTS
Am Heiligabend 1954 trafen sich Miles, Milt Jackson, Thelonious Monk, Percy Heath und Kenny Clarke im berühmten Aufnahmestudio in Hakensack, New Jersey. Die jetzt herausgegebene LP hat überlange Spielzeiten, weil je zwei Takes von "The Man I Love" und "Bag's Groove" drauf sind. Das Starensemble spielt hochklassig routiniert, aber nicht übermäßig inspiriert. Vielleicht stand der Schneemann vor der Tür.
Wax Time / Inakustik

STEFAN DETTL Rockstar
LP-Version der in 3/2011 besprochenen CD des bayerischen Mundart-Rockers. Die Klangnote muss etwas nach oben korrigiert werden - via Vinyl tönt's recht forsch.
RCA/Sony

KLAUS DOLDINGER Goes On
Bestickert mit dem Slogan "Schallplatten-Originale - berühmte Alben im Original-LP-Look" legt Universal eine schöne LP-Reihe auf. Es ist inklusive der Liner Notes von Siegfried Schmidt-Joos fast alles tatsächlich original (bis auf den Barcode - den hätte man doch auf die Zellophanierung aufbringen können). Der scheuklappenfreie deutsche Jazz-Saxofonist nahm flott groovend schon ein wenig von dem vorweg, was in den 70ern als Fusion Karriere machte.
Philips/Universal

ECHO AND THE BUNNYMEN Heaven Up Here
Bevor die Liverpooler Truppe um Großmaul Ian McCulloch bei ihrer Selbsteinschätzung etwas die Bodenhaftung verlor, schoss sie tatsächlich 1981 dieses Meisterwerk in den Pop-Himmel. Auch heute noch müssen sich Zuhörer zuckender Gliedmaßen ebenso wenig schämen wie der reichlich verbreiteten Gänsehaut.
MFSL Silver Label / Sieveking

BILL EVANS At Town Hall Volume One
Der introvertierte Pianist und seine Begleiter Chick Israels (b.) und Arnold Wise (dr.) konzertierten am 21. 2. 1966 vor 1500 bemerkenswert ruhigen Zuhörern vier Standards sowie Evans' an Ravel gemahnendes "Solo". Für alle, die intellektuell- impressionistisch eingefärbten Klaviertrio-Jazz mögen: ein Meilenstein, superb nachgepresst dazu. Rockfans droht Langeweile.
Verve / Speakers Corner

FREUR Doot Doot
Die Vorläufer-Band der späteren Techno-Truppe Underworld spielten 1983 diesen ulkigen Vorboten des Techno ein. Der abgespacte Titelsong mit den verhallten Stimmen wurde Kult, den belanglos blubbernden Rest kann man getrost vergessen.
Music On Vinyl / Sony / Cargo

GOV'T MULE Gov't Mule
Beim A-Capella-Intro knackselt es noch vernehmlich. Was sofort vergessen ist, wenn der kapitale Blues "Mother Earth" losgeht. Michael Barbiero produzierte das 1995er-Debüt mit Warren Haynes (voc., g.), Matt Abts (dr.) und Allen Woody (bg.) in einem kraftstrotzenden Wuchtbrummensound. Tonnenschwer und doch behände walzen sich die Songs aus den Membranen. Bärenstark - und via Vinyl hat die Pranke einfach mehr Durchschlagskraft.
2 LPs im Einfachcover; Music On Vinyl / Sony / Cargo

BILLIE HOLIDAY Body And Soul
Die Seele zerstört, der Körper ruiniert - die Ausnahmekünstlerin war 1957 quasi schon zur menschlichen Asche verbrannt, als sie Norman Granz noch einmal ins Studio holte. Und noch einmal ließ Billie Holiday, hautnah mit irrwitziger Dynamik und manchmal etwas übersteuert aufgenommen, den Phönix aufsteigen. Was sie hier in den schwermütigen Balladen zeigt, ist die ganz große Kunst: lebenssatt, sterbensnah.
Verve / Speakers Corner

HELGE LIEN TRIO Hello Troll
Piano-Trio-Jazz der eher lyrischen Art. Audiophil produziert und schön ausgestattet, limitierte Auflage.
Ozella/Inakustik

Frank Sinatra's Sinatra - A Collection Of Frank's Favorites
Frankieboy war nach seinem Wechsel zu Reprise mit dem alten Gewand seiner Lieblingssongs nicht mehr zufrieden und ließ sie sich von Meister-Arrangeur Nelson Riddle neu einkleiden. Nun sind die langsamen Schleicher und das viele Streicher-Lametta definitiv nicht jedermanns Ding, doch dass das hier perfektes Entertainment ist, muss auch der gröbste Klotz zugeben. Auf der objektiven Seite stehen transparenter Sound mit präsenter Stimme und exzellente Pressqualität.
MFSL/Sieveking

TOK TOK TOK Revolution 69
Das Quartett in wechselnder Besetzung mit den Konstanten Tokunbo Akinro (Gesang) und Morten Klein (sax., dr., perc,) gibt Beatles-Songs zum Besten, aufgenommen überwiegend 2009 (plus 1998, 2003, 2007). Ich gebe zu, bei Beatles-Covern besonders empfindlich zu sein und moniere eine zu stark eingebremste "Lady Madonna", ein zu reduziertes "She's Leaving Home" mit doofer Schlussblende und ein abgeschlafftes "Get Back", das sich nach Take 130 anhört. Doch unter dem Strich muss ich zugeben: verdammt gut! Die Phrasierung in "Come Together", der wunderschön abhebende "Blackbird" - das hat wirklich was. Die Stimme steht unbehandelt prachtvoll mitten im Raum, der akustische Bass hat viel Platz in den großzügig geschnittenen Rillen.
BHM/Zyx (lizensiert von Einstein Musik); 2 LPs