Neuerscheinungen im März
März ist der Monat der richtig dicken Fische: Neben Depeche Mode bringen auch David Bowie, Justin Timberlake und Dido neue Alben heraus.

Stereophonics "Graffiti on the Train"
Dass bei Stereophonics' achtem Studioalbum manches an Filmmusik erinnert, kommt nicht von ungefähr: Die Streicher wurden vom Bond-Komponisten "David Arnold" arrangiert, der den Stücken einiges an Bedeutsamkeit mitgibt. Und auch sonst zeigt sich die walisische Band gewohnt aufwendig und mitunter auch melancholisch. "Graffiti on the Train" zieht in einen unausweichlichen Sog aus Traurigkeit, während "We Share the Same Sun" einen refrainorientierten, soliden Popsong abgibt. Angenehm überraschend packt das Quartett in "Been Caught Cheating" der Blues, während "In a Moment" elektronisch knarzend Kälte versprüht und sich ausschließlich im Refrain verträglich gibt. Mit verspieltem Klavier reichert die Band ihre Pop-Rock-Stücke hier und an und liefert so ein durchweg annehmbares Album ab.
Ignition (Indigo), VÖ: 1. März

Justin Timberlake "The 20/20 Experience"
Sieben Jahre lang waren Justin Timberlake andere Dinge wichtiger. Schauspielerei etwa. Sieben Jahre, in denen die Fans auf das dritte Album des US-Sängers warten mussten. Und selbst jetzt macht es der R&B-Star noch spannend. Alles, was bisher zum neuen Album durchsickerte, sind das Artwork und zwei Songs. Einer davon ist "Suit & Tie", mit dem der 32-Jährige bei der Grammy-Verleihung im Februar immerhin schon mal einen Vorgeschmack auf seine neue Scheibe gab. Vor gedämpften Bläsern lädt Timberlake dort mit 70's-beeinflusstem, souligem Disco-Funk zum Tanz ein. "Mirrors" hingegen ist eine ordentlich pumpende R&B-Ballade mit dominierenden Handclaps, überzeugendem Pop-Refrain und zum Ende hin herrlich warmer Harfe. "The 20/20 Experience" dürfte definitiv spannend werden.
Sony Music, VÖ: 15. März

Hurts "Exile"
Schluss mit Fröhlichkeit. Im Gegensatz zu ihrem Debüt "Happiness" haben Hurts bei "Exile" eine gehörige Schippe draufgelegt und geben ihrer neuen, düsteren Seite reichlich Raum. "The Road" ist nah am Industrial, schwer, melancholisch und drohend, "The Crow" gibt sich sphärisch und "Cupid" mit mäandernden Gitarren im Auftakt nicht weniger düster. Der Rest des Albums jedoch zeigt sich gewohnt chartorientiert und synthie-poppig, setzt auf kitschige Chöre und den verhallten Charme der 80er. Fast ist es schade drum, denn die neue Kantigkeit steht Hurts ausgesprochen gut.
Four Music (Sony Music), VÖ: 8. März

David Bowie "The Next Day"
140 Millionen verkaufte Platten sind offenbar nicht genug. Zu seinem 66. Geburtstag überraschte David Bowie die Musikwelt mit der Ankündigung, nach geschlagenen zehn Jahren wieder ein Album zu veröffentlichen. Die Berlin-bezogene Vorabsingle "Where Are We Now?" zeigte sich indes fragil und etwas kraftlos und führte gekonnt auf die falsche Fährte. "The Next Day" - produziert wie schon die beiden Vorgängeralben von Tony Visconti - mäandert zwischen Rock, Soul und Funk, wobei sich Bowie selbstreferenziell zeigt und aus seinen frühen Schaffensjahren zitiert. Leichte Kost ist dies aufgrund der frei ausgelebten Experimentierfreude nicht, ein Must-Hear aber in jedem Fall.
Sony Music, VÖ: 8. März

Dido "Girl Who Got Away"
Wirklich eilig hatte es Dido mit ihren Alben noch nie. Zwischen den Veröffentlichungen lagen bisher vier, wenn nicht gar fünf Jahre. Nun, ein halbes Jahrzehnt nach "Life For Rent", erscheint "Girl Who Got Away", ein Album das seine Tiefsinnigkeit hinter einer scheinbar unbelasteten Fassade verbirgt. "End Of The Night" ist so ein Stück, das so gutgelaunt daherkommt, dass man nicht vermuten würde, dass es im Text um das böse Ende einer Beziehung geht. Und auch sonst sind es die Gegensätze, die dieses Album ausmachen: Didos warme, stellenweise zum Soul tendierende Stimme, die nicht nur im Titelstück über zwei Minuten lang in den Vordergrund vor aufpoppende Synthies gestellt wird, ist das Gegenstück zu den knarzig-pluckernden Sounds mit flackernden, elektronischen Klängen und einem überraschenden Rap-Part in "Let Us Move On".
Rca Int. (Sony Music), VÖ: 1. März

Depeche Mode "Delta Machine"
Das Album der drei Synthie-Pop-Heroen von Depeche Mode ist heiß erwartet. Die Konzerte der 1980 gegründeten Band um David Gahan, etwa das am 9.6. im Berliner Olympiastadion, waren innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Und rar sind nicht nur die Konzertkarten, sondern auch das, was man bislang von "Delta Machine" zu hören bekam. Ein Rezensionsexemplar wird wohl erst kurz vor dem Veröffentlichungstermin in der audio.de-Redaktion eintreffen. Sobald es uns vorliegt, halten wir Sie auf dem Laufenden.
Sony Music, VÖ: 22. März

Blockflöte des Todes "Ich habe heute Ananas gegessen"
Einen Versuch war es wert: Das Cover des zweiten Albums von Matthias Schrei, wie die Blockflöte des Todes bürgerlich heißt, sollte eigentlich ganz anders aussehen. Quietschgelb und der klassisch-schlichten Aufmachung eines Reklamheftes nachempfunden sollte "Ich habe heute Ananas gegessen" im Laden für sich werben. Rechtliche Gründe führten zur jetzigen Optik, die deutlich weniger originell ist, den Inhalt jedoch nicht schmälert. Schrei steckt voller Ironie und Witz und sorgt zu gern dafür, dass dem Hörer mehr als einmal das Lachen im Halse stecken bleibt. Er spielt mit Erwartungen, macht unerwartete Kehren, überrascht und erstaunt. Dabei spielt der Singer/Songwriter sympathisch fluffigen Akustik-Gitarren-Pop, der hier und da von Bläsern, Handclaps und der Stimme von Diane Weigmann bereichert wird, mitunter ordentlich groovt und besonders durch die überwiegend schwarzhumorigen Texte unterhält.
Heart of Berlin (Universal), VÖ: 1. März

Rover "Rover"
Timothee Regnier ist Franzose, auch wenn man ihm das nicht anhört. Früher spielte er in einer Punkrock-Band, aber auch das hört man nicht. Heute nennt sich der Songwriter "Rover" und legt sein selbstbetiteltes Debüt vor. Mit leicht rauer, beweglicher Stimme zwischen Wärme und Aufruhr haucht er seinen schwärmerischen Stücken Leben ein und ergänzt Gitarre, Klavier, Orgel und Synthies um reichlich Gefühl. Und manchmal, etwa wie in "Wedding Bells", erinnert der Franzose dabei sogar an David Bowie.
Cinq7/Wagram (Indigo), VÖ: 22. März

Bosse "Kraniche"
Seine letzte Tour hatte Bosse müde gemacht. Mit Frau und Kind zog er deshalb erst einmal in die Türkei. Nun meldet sich der gebürtige Braunschweiger mit "Kraniche" zurück und bringt darauf reichlich warme, sonnige Stücke mit. Nicht nur die orientalischen Anklänge in "Istanbul" spiegeln die neue Energie des Wahlberliners wider, auch das Instrumentarium hat sich erweitert: Mit Bläsern, Streichern, Bongos, Saz und Kürbisgeigen schafft Bosse die Bühne, auf der er seine Gedanken über die erste Liebe, Freundschaft, Optimismus und Angst ausbreitet. Textlich ist dies mitunter ausbaubar, musikalisch jedoch durchaus ansprechend.
Vertigo Berlin (Universal), VÖ: 8. März