Testbericht
Vollverstärker Densen B 175
Der teuerste von Densens Vollverstärkern, der B 175 (6500 Euro) protzt weder mit fingerdicker Front noch mit Leistung. Sein Adel erschließt sich erst auf den zweiten Blick - und hoffentlich auch beim Hören!


Zu Anfang hätten die Tester den neuen Densen-Verstärker B 175 fast wieder zurückgeschickt. 6500 Euro für 16 Kilo Elektronik erschien ihnen happig. Und noch schlimmer: der Däne besitzt noch nicht einmal die in der Klasse obligatorischen symmetrischen Eingänge!
Mit dem eifrigen Relaisgeklapper, das bei Betätigung der Lautstärke-Tipper einsetzt, löst der Däne dann aber doch erhöhte Neugierde aus. Zumal er je nach Druckdauer in 200 Einzel- oder schneller in 5er-Schritten rauf- oder runterregeln kann.
Densen bietet beim B175 lebenslange Garantie
Also doch mal das aus Seiten-Kühlprofilen und aus zwei Alu-Winkelblechen (Unter- und Rückseite sowie Front und Deckel) gebildete Gehäuse warm werden lassen und kurz hineinhören: Bei den ersten Titeln verströmte der B 175 zunächst einmal eine erhabene Ruhe. Keinerlei Aufdickung im Bass, keinerlei Zicken in den Mitten, kein unnötiges Höhengeflirre. Da floss, einfach nur auf sich selbst beschränkt, wunderschön klar und sauber nichts als Musik dahin. Also hieß es: Der Densen bleibt da.
Ergo lohnte sich auch ein genauerer Blick auf die Technik: Siehe da, im Dienste der Pegelregelung stehen nicht weniger als acht von einem Mikroprozessor gesteuerte Relais, die wiederum Vishay-Präzisionswiderstände verwalten. Eine Hälfte davon sorgt noch vor der ersten aus Auflöt-Einzeltransistoren komponierten und ohne Gegenkopplung arbeitenden Vorstufe für Abschwächung. Das zweite Netzwerk kommt erst nach erfolgter Verstärkung zum Zuge, um den Rauschabstand so günstig wie möglich zu halten. Und so heisst es schon mal "Hut ab", denn eine ähnlich konsequente Regelung haben die Tester bis dato noch in keinem Vollverstärker gesehen.
Neben weiteren Relais für die Eingangswahl fallen im hinteren Teil des Verstärkers zwei Steckplätze ins Auge. Einer nimmt eine optionale MM- oder MC-Platine (220 Euro), der andere ein 7.1-Surround Board (360 Euro) auf, das zusätzliche Ein- und Ausgänge bietet und die Lautstärke multikanalig regelt.
Als Alternative zu letzterem offeriert Densen darüber hinaus noch eine nach Kundenwunsch abgestimmte Nachrüst-Frequenzweiche für 700 Euro, welche die Bassanteile einer externen Endstufe zuweisen kann. Schließlich findet sich an dem B 175 auch noch eine Multikontakt-Buchse zum Anschluss eines externen Netzteils mit separatem Trafo für die Vorstufen und zusätzlicher Elko-Strompeicherkapazität (DNRG, 650 Euro).

Eigentlich erstaunlich, denn die bereits eingebauten Elkos - acht dickere mit 6800 und sieben dünnere mit 1000 Mikrofarad - bieten im Grunde schon Kapazität genug, um die Eingangskreise und die Endstufensektionen standesgemäß zu ernähren. Von den zwei dicken Sanken-Endtransistoren auf jeder Kanalseite und den Treibern abgesehen, wirken die klitzekleinen SMD-Bauteile der Verstärkerzüge rechts und links auf der Teflon-Glasfaser-Compound-Platine auch nicht sonderlich hungrig.
Aber Vorsicht, wie etwa auch Ayre oder Brinkmann lehnt Densen aus Angst, dass die Lautsprecher ungebührlich auf den Verstärker rückwirken könnten, eine vom Ausgang zu den Eingangsstufen führende Gegenkopplungs-Korrekturschleife ab. Deshalb braucht es schon von Haus aus einen extrem verzerrungsarmen Aufbau und eine überdimensionierte Stromversorgung inklusive Groß-Ringkerntrafo, bei der nichts schwanken und nichts zucken darf. So bietet der B 175 weniger Gegenkopplungs-beschönigte, als vielmehr echte innere Werte. Diese hörten sich die Tester schließlich ausgiebig und mit von Platte zu Platte zunehmendem Vergnügen an.
Der B 175 zeigte mit Freude, welche Schätze allein der Bassbereich bietet - das schaffen nur die allerbesten Verstärker. Nicht nur Druck und dunkle Umrisse, sondern (und das erinnerte sogar an die Ayre-Referenz-Monoblöcke vom Märzheft) eine Substanz und ein Gewicht, das bereits eine Waage zum Ausschlag bringen kann. Und vielerlei warme Farben wie Texturen und eine fesselnde Lebendigkeit, mit deren Beschreibung sich allein schon ein Buch füllen ließe.
Paradiesisch auch die Mitten: In völlig luftigen Räumen durften sie sich plastisch, fruchtig und bunt leuchtend ad libitum entfalten. Und in den Höhen strahlte das Percussions-Metall mit nichts als den natürlichen Elementen, ohne dass der geringste neblige Beschlag oder rauhe Eckchen störten.

So lud der Densen nicht nur zu langen musikalischen Ausflügen ein, er verlieh auch ausgiebig bekannten CDs neuen Glanz. Zum Beispiel Chesky's 20th Anniversary: Toll, wie frisch der Amp das Bläserblech triumphieren ließ. Herrlich, wie gelöst und sämig die Streichersätze des Allegro Energico flossen, aufbrausten, sich wanden. Wunderbar, wie der fröhlich-hüpfende Hot-Jazz-Rythmus von "My Blue Heaven" den Hörer in den Bann zog. "Grandmother" (Chesky Records) ging mit seinen langgezogenen Lauten, mit dem Luftschnappen und Lippenbeben, mit fast greifbar anwesender Rebecca Pidgeon zu Herzen wie selten.
Damit forderte der B 175 ganz klar einen anderen ganz Großen, den Vollverstärker von Brinkmann heraus (5/09, 57 Punkte). Der imponierte zunächst mit noch voluminöseren Bässen und etwas lichteren Höhen, erschien im Vergleich zu dem stoisch ruhigen B 175 jedoch auch nervöser und nicht ganz so vollendet ausgeglichen. So endete der Vergleich zuletzt doch zugunsten des Dänen.
Dem trat nun ein weiterer Däne, der GamuT DI 150 (4/08, 58 Punkte), mit all seiner Präzision und Attacke entgegen, um den Aufstieg des Landsmannes in die Transistor-Königsklasse zu verhindern. Gut, für einen Referenztitel hätte der B 175 noch etwas mehr Schmackes und mehr Allmacht benötigt...
Für 58 Punkte reichte es aber locker, und damit rechtfertigt der Densen auch allemal seinen Preis - da nehmen wir sogar mit Freude die Fernbedienung "Gizmo" für nochmal 220 Euro dazu.