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Firmenporträt

Huawei: Die Vorantreiber

Mit großem Erfolg baut Huawei seine Marktanteile in den Bereichen Mobilfunkinfrastruktur und Handys aus. Hängt das Unternehmen aus China bald die etablierten Anbieter ab?

Autor: Bernd Theiss • 22.5.2013 • ca. 4:55 Min

Huawei-Headquarter
Huawei-Headquarter
© Huawei

Huawei - die Fakten Mitarbeiter: 150 000 / ca. 1600 in Deutschland / ca. 68 000 Research & Development (R&D) Firmensitz: Shenzhen, China Umsatz / Gewinn 2012: 35,4 / 2,5 Milliarden US-Dollar (ca. 27 / 1,9 Milliarden Euro) Wachstum 2012: + 8 % beim Umsatz / + 33 % beim Gewinn gegen...

Huawei - die Fakten

  • Mitarbeiter: 150 000 / ca. 1600 in Deutschland / ca. 68 000 Research & Development (R&D)
  • Firmensitz: Shenzhen, China
  • Umsatz / Gewinn 2012: 35,4 / 2,5 Milliarden US-Dollar (ca. 27 / 1,9 Milliarden Euro)
  • Wachstum 2012: + 8 % beim Umsatz / + 33 % beim Gewinn gegenüber 2011

So sieht ein Durchmarsch aus: Im Bereich der Mobilfunknetzwerke lieferte sich Huawei im Jahr 2012 nach Aussage der Marktforscher von ABI Research ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Ericsson. Branchengrößen wie Nokia Siemens Networks und Alcatel Lucent mussten bei den sogenannten RANs (Radio Access Networks) mit Platz 3 und Platz 4 vorlieb nehmen.

Und auch den lukrativen Markt mit Smartphones hat Huawei fest im Blick, sein Anteil am weltweiten Gesamtgeschäft soll im Jahr 2013 von 22 auf 25 Prozent steigen, wie das Handelsblatt anlässlich der Vorstellung des Jahresberichtes 2012 meldete. Doch wer ist eigentlich diese Firma, die in Europa immer noch vornehmlich Insidern bekannt ist, das Geschehen im Mobilfunkmarkt aber aktiv mitgestaltet?

Geschichte eines Aufstiegs

Gegründet wurde Huawei 1987/88 in Shenzhen, China, von Ren Zhengfei als Handelsvertretung für in Hongkong hergestellte Telefonvermittlungsanlagen. Ab 1990 begann Huawei mit der Eigenentwicklung solcher Anlagen für Hotels und kleine Firmen. Von da an nahm das Geschäft stetig an Fahrt auf. 1997 trat Huawei in den Markt mit GSM-Mobilfunkzellen ein. 1999 eröffnete das Unternehmen im indischen Bangalore das erste Forschungs- und Entwicklungszentrum außerhalb Chinas.

Huawei-Callcenter
Callcenter: Der eigene IT-Betrieb wird aus der Firmenzentrale in Shenzhen rund um die Uhr betreut.
© Huawei

Im Jahr 2000 kam das erste europäische Entwicklungszentrum in Stockholm, Schweden, dazu. Zudem konnte Huawei erstmals 100 Millionen US-Dollar Umsatz außerhalb Chinas erzielen. Ein Jahr später war der chinesische Senkrechtstarter Mitglied der ITU, einer Sektion der UN, die sich um die Weiterentwicklung, Standardisierung und die Spektrumsaufteilung der Telekommunikation kümmert.

2001 entstanden auch vier Entwicklungszentren in den USA. Im Jahr 2002 erwirtschaftete Huawei schon über eine halbe Milliarden US-Dollar Umsatz außerhalb Chinas.

Der Sprung nach Europa

Nur zwei Jahre später war der erste bedeutsame Vertrag mit einem europäischen Netzbetreiber unter Dach und Fach. Die Telfort B.V. in den Niederlanden schloss einen Vertrag über 25 Millionen US-Dollar mit den Chinesen ab.

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2005 begann dann die Partnerschaft mit der Vodafone Group. Besonders in Sachen UMTS-Datensticks konnte sich Huawei in Folge einen Namen machen, auch bei anderen Netzbetreibern ging bald nichts mehr ohne die preiswerten, aber immer den technischen State of the Art markierenden Produkte aus China.

Das durch die globale Ausbreitung erzielte Wachstum half Huawei, das Portfolio mit innovativen Produkten weiter auszubauen. So setzte das Unternehmen früh auf eine sogenannte All-IP-Fixed-Mobile-Convergence-Strategie.

Damit bestand die Möglichkeit, sämtliche Kommunikation inklusive der normalerweise leitungsgebundenen Sprache innerhalb eines Netzwerkes über das universelle IP-Protokoll abzuwickeln - und dieses Netzwerk sowohl für Mobilfunk- als auch für Festnetzkommunikation einzusetzen.

Huawei-Wachstumsdiagramm
Steiles Wachstum: Die weltweiten Betriebserträge und Gewinne in Milliarden US-Dollar.
© Huawei

Solche Reduzierungen der Komplexität erlauben es Netzbetreibern, bei Anschaffung und Betrieb der Infrastruktur Kosten zu sparen und auch den Energieverbrauch zu senken. Fachleute sprechen von einer Reduktion der TCO (Total Cost of Ownership).

Innenansichten einer Firma

Heute gilt Huawei als das größte private Unternehmen Chinas. Dabei werden Kritiker nicht müde, dem Gründer und CEO Ren Zhenfei seine vormalige Tätigkeit als Major der Volksbefreiungsarmee und seine Nähe zur Kommunistischen Partei vorzuwerfen. Diese Nähe hat jüngst auch in den Vereinigten Staaten von Amerika zu Kritik aus Kreisen des Kongresses geführt, allerdings ohne nachprüfbare Fakten für die Vorwürfe zu liefern.

Nach Angaben aus dem vom renommierten Wirtschaftsprüfer KPMG testierten Jahresbericht 2012 hielt Ren Zhenfei Ende des Jahres noch knapp 1,4 Prozent an Huawei, der Rest ist nach einem nicht detailliert beschriebenen Konzept unter rund 74_000 der insgesamt 150_000 Mitarbeiter aufgeteilt. Etwa 45 Prozent der Angestellten arbeiten in Forschung und Entwicklung, was Huawei immer wieder Auszeichnungen eingebracht hat.

So lobte die World Intellectual Property Association Huawei 2008 als das Unternehmen mit den meisten Patentanmeldungen. Der Fokus auf Entwicklung und Innovation macht sich auch in der Aufstellung der Firma bemerkbar: Huawei baut nur in solchen Bereichen auf eigene Fertigung, wo dies einen echten Vorteil gegenüber dem Wettbewerb bringt.

Bei Smartphones im Kommen

Im Bereich Smartphones etwa sind die Chinesen mit der Entwicklung und Fertigung eigener Prozessoren und Hochfrequenzchips beschäftigt, wovon sich Huawei laut dem Executive Vice President Consumer Business Group für Deutschland, Lars-Christian Weisswange, Geschwindigkeitsvorteile von etwa 30 Prozent und Energieersparnisse in ähnlicher Größenordnung verspricht. "Huawei möchte sein, was Volkswagen im Automobilbereich ist", so der Manager anlässlich eines Besuchs von connect-Facebook-Fans in der Redaktion.

Huawei Ascend
Smartphone-Angebot: Vom preiswerten Ascend Y300 bis zum wertigen P2 bietet Huawei ein breites Portfolio.
© Huawei

Die Vorgabe: Die Mobiltelefone müssen hohen Erwartungen gerecht werden, ohne abgehoben zu sein. So soll der Heavy-User mit seinem Huawei-Smartphone ohne nachzuladen durch den Tag kommen, Standardnutzer sollen sogar zwei Tage ohne Netzteil überstehen. Auch mit flüssigen Reaktionen auf Eingaben wollen die Mobiltelefone aus China überzeugen.

Und wenn eine Anwendung nach audiovisueller Finesse verlangt, soll die Darstellung packender Filme und Spiele genauso selbstverständlich sein wie die Unterdrückung störender Geräusche beim Anruf aus lärmender Umgebung. Nicht zuletzt müssen Handlichkeit, Stabilität und Oberflächenqualität stimmen, betont Weisswange - ohne dass die Preise den vernünftigen Rahmen sprengen. Volkswagen eben.    

Um diese Anforderungen zu erfüllen, muss Huawei keine Aufgaben übernehmen, die ein Auftragsfertiger genausogut erledigen kann. Und so beschränkt sich das Unternehmen auf die Fertigung der hochspezialisierten Chips und auf den Bau von Nullserien, anhand derer die Produktionsanweisungen erarbeitet werden können.

Auch Netzwerkbauteile und andere Komponenten fertigt Huawei zum Teil selbst, wenn es dem Ziel dient, spezifisches Know-how nicht aus der Hand zu geben. Davon abgesehen versteht sich Huawei eher als Firma, die die Dinge vorantreibt, wie das Motto "Make it possible" zum Ausdruck bringt.  

Die Zukunft: Schrittmacher und Antreiber

Das unterstreicht auch ein bedeutender Mitarbeiter eines Netzbetreibers, der nicht genannt werden will: "Huawei verschärft den Wettbewerb und treibt den Markt an. Ohne diesen Hersteller würden die drei großen westlichen Infrastrukturanbieter ein ruhigeres Leben führen. Huawei hat dafür gesorgt, dass sich der Mobilfunk deutlich schneller entwickelt hat."

Huawei-Logistic Center
Think Big: Tausende verschiedenster Komponenten und Materialien stellt das Logistic Center von Huawei in Shenzhen bereit.
© Huawei

Doch auch dabei wachsen die Bäume nicht in den Himmel: 170 Netzbetreiber weltweit arbeiten bereits mit der Single-RAN-Technik von Huawei, 139 haben schon oder werden bald LTE auf Basis dieser Netzwerkinfrastruktur ausrollen.

Expandierte Huawei nach der Etablierung auf dem Heimatmarkt erst in den Rest Asiens, dann nach Afrika und Amerika und schließlich nach Europa, so ist die Company mittlerweile auf allen Märkten der Welt und bei fast allen bedeutenden Netzbetreibern präsent.

Entsprechend geht die Geschäftsführung laut Bloomberg davon aus, dass das Netzwerkbusiness mangels Neukundengeschäft von derzeit 73 Prozent bis 2017 auf 60 Prozent des Gesamtumsatzes sinkt. Da wird es spannend, wie Huawei auf anderen Gebieten, namentlich bei Smartphones, die Expansion gelingt, um die Wachstumspläne zu erfüllen.