Heimvernetzung per Telefonanlage
Vernetzte Häuser sind keine Zukunftsvision mehr und auch nicht mehr unbezahlbar. Gerade Telefonanlagen können die Zentrale für die Steuerung und Automation des eigenen Heims werden.

Per Handy auf der Heimfahrt die Heizung hochfahren, übers Internet die Waschmaschine starten - wer viel unterwegs ist, kann solchen Ideen durchaus einiges abgewinnen. Erhältlich sind derartige Lösungen schon seit Jahren. Doch die meisten von ihnen erfordern eine aufwendige Infrastruktur und sind ...
Per Handy auf der Heimfahrt die Heizung hochfahren, übers Internet die Waschmaschine starten - wer viel unterwegs ist, kann solchen Ideen durchaus einiges abgewinnen. Erhältlich sind derartige Lösungen schon seit Jahren. Doch die meisten von ihnen erfordern eine aufwendige Infrastruktur und sind entsprechend teuer. Im Massenmarkt ist das automatisierte und fernsteuerbare Heim noch nicht angekommen.
Doch gerade Telefonanlagen erfüllen die Voraussetzungen, um als Zentrale zur Haussteuerung und -automation zu dienen. Sie sind zentral in Haus oder Wohnung installiert, verfügen über einen Zugang zum Telefonnetz sowie zunehmend auch zum Internet.
Und sie enthalten ohnehin die nötigen Chips und Anschlüsse, mit denen sich Haussteuerungsfunktionen realisieren lassen. Viele Hersteller von Telefonanlagen haben dieses Thema deshalb für sich entdeckt.
Klassiker Apothekerschaltung

Schon fast ein Klassiker in diesem Bereich sind sogenannte Türsprechstellen, also die Sprechanlage der Klingel am Hauseingang oder Gartentor. Wenn hier ein Besucher oder Postzusteller klingelt, lässt sich dieses "Gespräch" wie ein Anruf an einer Nebenstelle der Telefonanlage annehmen und im gegebenen Fall die Tür per Codeeingabe oder über eine Option im Telefonmenü öffnen.
Aus dieser Funktion ging wiederum die sogenannte "Apothekerschaltung" hervor, die ihren Namen vom Nacht- und Notdienst der Pharmazeuten hat: Das Klingeln an der Eingangstür wird per Rufweiterleitung auf das Handy des Besitzers durchgestellt.
Dieser kann den Ruf beantworten, ohne vor Ort zu sein, und seinen Kunden beziehungsweise Gast bitten, an der Tür zu warten, oder nach kurzer Zeit wiederzukommen. Paketboten kann man instruieren, die Sendung beim Nachbarn abzugeben, oder ihnen gegebenenfalls die Eingangstür öffnen, damit sie ihre Lieferung im Hausflur abstellen.
Einfache Anbindung

Die technischen Voraussetzungen für diese Funktion sind relativ gering: Üblicherweise werden Türsprechstellen über eine Kupferdoppelader angeschlossen, also nicht anders als eine analoge Telefonnebenstelle. Einschlägige Hersteller wie Keil, Siedle oder Wantec haben entsprechende Lösungen im Sortiment, und auch einige TK-Anlagen-Hersteller wie Agfeo oder Auerswald führen zu ihren Systemen passende Zubehörteile.
Zu Zeiten, als Gigaset noch eine Marke von Siemens war, bot der Hersteller die speziell auf diese Telefonsysteme ausgelegte Türsprechstelle HC450 an. Nachdem dieses populäre Zusatzgerät einige Zeit nicht mehr lieferbar war, legte Siemens sie vor Kurzem wegen der sehr großen Nachfrage noch einmal auf und bietet sie nun für 349 Euro zum Kauf an.
Neben der beschriebenen Anschlussvariante per Kupferdoppelader (a/b-Schnittstelle) finden sich mittlerweile auch Türsprechstellen, die per DECT-Funk oder IP-Netzwerk angeschlossen werden. Eine gute Anlaufstelle zur Orientierung und zum Kauf ist der Onlineshop der Emmerich Service GmbH .
Vom EIB zum IP-gestützten Heim

Auf ähnliche Weise wie analoge Türsprechstellen, also per a/b-Schnittstelle, lassen sich an einigen Telefonanlagen auch andere Sensoren und Aktoren wie etwa Bewegungsmelder oder Lichtfernschalter andocken. Und manche Hersteller wie zum Beispiel Agfeo bieten für ihre Telefonanlagen Zusatzmodule an, die den Kontakt zu professionellen Hausinstallationssystemen wie dem für aufwendige Steuerungslösungen häufig eingesetzten EIB (Elektro-Installations-Bus) herstellen.
Wer sein Haus schon heute für oft mehrere tausend Euro mit Heizungs- und Rollladensteuerungen zum "Smart Home" aufgerüstet hat, setzt dafür in der Regel auf EIB-Verkabelung und kann solche Installationen mit einem EIB-Interface über seine Telefonanlage per Handy oder DECT-Telefon fernbedienen.
Doch diese Lösungen sind teuer und blieben daher ein Nischenangebot.Um die vernetzte Heimautomatisierung endlich im Massenmarkt zu verankern, setzen viele Hersteller deshalb zunehmend auf digitale, IP-gestützte Vernetzung der beteiligten Komponenten.
AVM steigt in Smart-Home-Markt ein
Große Aufmerksamkeit erregte in diesem Zusammenhang die Ankündigung der Firma AVM (der Herstellers der beliebten Fritzboxen) im Frühjahr 2012, mit per Powerline oder dem neuen Standard DECT ULE (Ultra Low Energy) angesteuerten Schaltsteckdosen in den Smart-Home-Markt einzusteigen.
So können der für Herbst 2012 geplante Adapter Fritz Powerline 520E (149 Euro) oder die DECT-ULE-Steckdose Fritz DECT 230 (49 Euro) per Smartphone-App oder über eine Weboberfläche angeschlossene Elektrogeräte wie etwa Lampen ein- und ausschalten und gleichzeitig deren Stromverbrauch messen und erfassen.
Dies nutzt wiederum Software, die in der Fritzbox läuft: So soll künftig etwa ein astronomischer Kalender die Programmierung von Regeln a la "Lampe bei Sonnenuntergang einschalten und bei Sonnenaufgang wieder ausschalten" unterstützen. Auch wenn der Funktionsumfang derzeit noch überschaubar ist - die Preise sind es auch, eine wichtige Voraussetzung für einen breiteren Markterfolg.
Steuerung über Sensoren

Dabei haben die AVM-Entwickler schon weiterreichende Ideen: Mit in den Steckdosen integrierten Sensoren wie Helligkeits-, Temperatur- oder Lautstärkemessern lassen sich individuelle Automatisierungsfunktionen realisieren - etwa das Einschalten eines Ventilators bei steigender Raumtemperatur im Sommer.
Oder das automatische Öffnen der Rollläden im Erdgeschoss, wenn der Helligkeitssensor der in einem oberen Stockwerk installierten Powerline-Steckdose meldet, dass die Sonne aufgegangen ist. Der Fantasie für clevere Anwendungen sind da kaum Grenzen gesetzt.
Die neue Generation von Smart-Home-Zubehör bringt zwei wichtige Voraussetzungen für einen Markterfolg mit: Zum einen ersetzen - wie schon beim Siegeszug der Heimvernetzung im Daten- und Entertainment-Bereich - WLAN, DECT und Powerline die bisher erforderliche teure Spezialverkabelung.
Zum anderen entwickelt sich mit IP-Kommunikation der im Smart-Home-Markt lange Zeit fehlende gemeinsame Standard, der die Kombination von Lösungen unterschiedlicher Hersteller erlauben würde. Auf diesen Zug dürften auch die Hersteller von Telefonanlagen aufspringen - dann wird das per Internet ferngesteuerte Eigenheim nicht mehr lange Utopie bleiben.
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