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Testverfahren von Headsets

Headset-Tests vom Spezialisten: So testen wir

Kopfhörer sind Geschichte, Headsets lösen sie ab. Diese erfordern zur Qualitätsbestimmung spezialisierte Messtechnik. Wir zeigen, was wichtig ist.

Autor: Bernd Theiss • 12.2.2025 • ca. 3:30 Min

Headset auf Kunstkopf im schalltoten Raum
Kunstkopf mit Headset im schalltoten Raum.
© HEAD acoustics

Früher bestimmten drei Kriterien die Qualität eines Kopfhörers: Als erstes der Amplituden-Frequenzgang, der Verständlichkeit wegen oft einfach Frequenzgang genannt. Er zeigt, wie gleichmäßig der Kopfhörer Signale in Schalldruck unterschiedlicher Tonhöhe umwandelt, und ist ein Maß für die W...

Früher bestimmten drei Kriterien die Qualität eines Kopfhörers: Als erstes der Amplituden-Frequenzgang, der Verständlichkeit wegen oft einfach Frequenzgang genannt. Er zeigt, wie gleichmäßig der Kopfhörer Signale in Schalldruck unterschiedlicher Tonhöhe umwandelt, und ist ein Maß für die Wiedergabeneutralität. Ein weiteres Qualitätsmerkmal sind geringe Verzerrungen. Verzerrungen bemessen, welche Signale ein Kopfhörer dem Eingangssignal hinzufügt. Ab einem bestimmten Niveau nimmt man sie als unangenehm wahr – dann ist Kriterium drei, der Maximalschalldruck, erreicht.

Frequenzgang und Verzerrungen eines Headsets bei Meidienwiedergabe.
Frequenzgang (oben) und Verzerrungen eines Headsets bei Medienwiedergabe. Der Frequenzgang bei Konversation verläuft anders und wird separat gemessen.
© HEAD acoustics

Diese und viele andere Merkmale misst unser verlagseigenes Messlabor Testlab seit langem. Um für die neuesten Gaming-Headsets die Grenzen des messtechnisch Erfassbaren auszuloten, wandte sich das Testlab an den international renommierten Audio-Messtechnik-Spezialisten HEAD acoustics. Im schallarmen Raum von HEAD acoustics mussten die Headsets ihre Qualitäten an dem modernsten Messequipment unter Beweis stellen.

Messaufbau

Zentraler Bestandteil des Aufbaus ist das Kunstkopf-Messsystem HMS II.3 LN HEC von HEAD acoustics. Es misst mit seinem künstlichen Mund und anatomisch geformten Ohren die Sprachqualität in Sende- und Empfangsrichtung. Die Ohren decken den Frequenzbereich von 3 Hertz bis 20 kHz und den Dynamikbereich von 16 bis zu 148 dBSPL ab.

Hardware-Plattform des Messsystems ist das labCORE von HEAD acoustics. Seine analogen Ein- und Ausgänge bieten über 100 dB Verzerrungs- (THD+N) und bis zu 112 dB Rauschabstand. Daneben unterstützt das modular aufgebaute Gerät bei Bedarf zahlreiche Interfaces von Bluetooth und Bluetooth LE über USB, ADAT, GPIO und mehr. Damit lassen Tests von Headsets und Freisprecheinrichtungen und praktisch alle Arten von Audiomessungen durchführen. Ein Ethernet-Interface stellt zudem den Kontakt zu Communication-Testern her, um die Sprachqualität von Smartphones via Mobilfunk zu testen.

Eine Klasse für sich ist die Expertise von HEAD acoustics, die in der Mess- und Analyse-Software ACQUA (Advanced Communication Quality Analysis) steckt. Diese bietet neben den etablierten Messungen auch eine große Anzahl an Tests zur gehörrichtigen objektiven Erfassung der Sprachqualität. Diese Messungen erfolgen sowohl nach internationalen Standards als auch nach von HEAD acoustics selbstentwickelten Qualitätsstandards.

Messanordnung vo,m Spezialisten HEAD acoustics
Das Mess-Setup hat den Wert einer perfekt ausgestatteten Oberklasse-Limousine.
© HEAD acoustics

POLQA, EQUEST und 3QUEST

Über erfolgreiche Team-Kommunikation beim Gaming entscheidet maßgeblich die Sprachqualität des Headsets. Sie ist mit dem ITU-Standard P.863 messbar, der auch POLQA (Perceptual Objective Listening Quality Assessment) genannt wird. Der Standard nutzt reale weibliche und männliche Sprecher als Clean Speech (ohne Hintergrundgeräusche und Echo) und vergleicht die Übertragung mit dem Originalsignal. Die Bewertung erfolgt nach dem Mean Opinion Score (MOS) auf einer Skala von 1 (schlecht) bis 5 (ausgezeichnet).

MOS-Skalen finden oft bei der Bewertung von Bild- und Tonsignalen Anwendung, sind aber nicht darauf beschränkt. Der POLQA-Algorithmus wurde so abgestimmt, dass seine Ergebnisse sehr nah an die Bewertung einer großen Anzahl von Testpersonen in einem Hörversuch herankommen. Die Sprachqualität bestimmen wir beim Sprechen wie beim Hören. Störend auf die Kommunikation wirken sich, wie jedem bekannt, Echos der eigenen Stimme aus. Dabei spielt neben Intensität und Verzögerung auch die Frequenzverteilung des Echos eine Rolle. Der mit Daten aus Hörversuchen trainierte perzeptive Bewertungsalgorithmus EQUEST (ETSI TS 103 802) analysiert Details der Echo-Aufnahmen und beurteilt sie ebenfalls auf einer MOS-Skala.

Kunstkopf und Lautsprecher zur Headset-Messung
Simulation akustisch störenden Umgebung mit vielen Lautsprechern um Kunstkopf.
© HEAD acoustics

Moderne Gaming-Headsets nutzen Multi-Mikrofon-Arrays, die durch Richtwirkung zwischen der Nutzer-Sprache und dem umgebendem Störschall unterscheiden können. Deren Nutzen misst 3QUEST (ETSI TS 103 281). Den Kunstkopf mit Headset beschallen dazu Surround-Lautsprechersystem plus Subwoofer mit definierten Störsignalen. Dabei lassen sich die Auswirkungen auf die Sprachqualität exakt erfassen. Für diesen Test haben wir aufgezeichnete Standardstörgeräusche (Straße/Café nach ETSI TS 103 224) verwendet.

Der GMOS-Wert liegt für alle Headsets und Signale im Bereich von ordentlich bis gut, nur das HyperX scheitert bei Straßengeräuschen an der Grenze zu ordentlich. Bemerkenswert: Vor 20 Jahren waren dürftige MOS-Werte beim Mobiltelefonieren noch normal. Man verstand den Gesprächspartner nur, weil das Gehirn kleine Teile unverstandener Silben ergänzen kann. Normale Headsets schneiden in den 3QUEST-Tests meist deutlich schlechter ab als Gaming-Varianten, ihnen fehlen die mundnahen Bügelmikrofone.

Der Sende-Frequenzgang dieses Headsets bleibt innerhalb der Normempfehlung.
Der Sende-Frequenzgang dieses Headsets bleibt innerhalb der Normempfehlung.
© HEAD acoustics

Active Noise Cancellation

Was in Senderichtung die Störschallunterdrückung, schaffen in Empfangsrichtung die Ohrmuscheln und bei entsprechend ausgestatteten Headsets das ANC (Active Noise Cancelling). Die Stärke der Lärmreduktion, erneut bei den Störsignalen von Straße und Café und in der gehörrichtigen Einheit Phon gemessen, bestimmt den Hörkomfort in lauten Umgebungen. Viele ANC-Headsets haben zudem einen Transparenz-Modus. Er ermöglicht es, die Geräusche aus dem akustischen Umfeld mit aufgesetztem Hörer wahrzunehmen.

ANC-Dämpfung bei den Einstellungen aus (rot), ein (blau) und transparenz (grün).
ANC-Dämpfung bei den Einstellungen aus (rot), ein (blau) und transparenz (grün).
© HEAD acoustics

Fazit

Je nach Einsatzzweck spielen beim täglichen Gebrauch eines Headsets eine ganze Reihe von Eigenschaften eine Rolle. Anspruchsvolle Musikhörer sollten auf einen linearen Frequenzgang und ein niedriges Verzerrungsniveau achten. Für perfekte Kommunikation ist eine hohe Sprachqualität essenziell, wenn es im Gespräch auf Nuancen in Ausdruck und Tonfall ankommt. Wer das Headset auf Gaming-Events nutzen möchte, sollte für perfekte Interaktion mit den Mitspielern auf hohe 3QUEST-Werte achten. In öffentlichen Transportmitteln ist ein leistungsfähiges ANC wichtig – weniger Lärm erhöht den Komfort und mindert den Stress. Gerade wenn auch der Kaufpreis eine Rolle spielt ist es wichtig, die Prioritäten richtig zu setzen.

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