Wie künstliche Intelligenz Ärzte und Forschung unterstützt
Künstliche Intelligenz (KI) leistet in der Medizin schon länger Beachtliches. Die KI erkennt Krebs und Knochenbrüche oder hilft bei der Entwicklung von Medikamenten. Wir zeigen, wie KI schon jetzt und in Zukunft die Medizin revolutioniert.

Der aktuelle Hype um künstliche Intelligenz (KI) bringt auch für Medizinanwendungen einen neuen Schub. In allen Bereichen – von Patientengespräch über Diagnose, Medizingeräte, Medikamentenentwicklung, Therapie bis Nachsorge – gibt es erstaunliche Resultate. Forschungs- und Entwicklungsteams...
Der aktuelle Hype um künstliche Intelligenz (KI) bringt auch für Medizinanwendungen einen neuen Schub. In allen Bereichen – von Patientengespräch über Diagnose, Medizingeräte, Medikamentenentwicklung, Therapie bis Nachsorge – gibt es erstaunliche Resultate. Forschungs- und Entwicklungsteams setzen noch viel mehr Ideen um, wie hier im Artikel beschrieben wird.
Die Medizinforschung ist derzeit richtig spannend. Technologisch kommen die drei Formen der künstlichen Intelligenz zum Einsatz: Deep-Learning, maschinelles Lernen und kreative KI (generische KI) . Gerade die dem menschlichen Sehen überlegene Mustererkennung ist eine große Hilfe.
Mit großen Medizindatenbanken werden die KI-Modelle geschult
Ein weiterer Vorteil der KI: Sie findet sich sehr gut in riesigen Datenbanken zurecht. Damit kann sie bei seltenen Krankheiten ihre Stärken ausspielen. Schätzungen zufolge leben schon allein in Deutschland rund vier Millionen Personen mit einer der über 6000 verschiedenen seltenen Erkrankungen. Da die Krankheitsbilder sehr unterschiedlich und komplex sind, ist die eigentliche Krankheit oft nicht auf den ersten Blick erkennbar. Überdies gibt es für jede dieser Erkrankungen nur wenige Expertinnen und Experten. Hier setzt ein Portal des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering mit dem Projekt SATURN an (www.se-atlas.de): Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz werden im Portal Diagnosevorschläge erstellt. Außerdem ist der Atlas mit einer Datenbank für medizinische Spezialisten und Selbsthilfeorganisationen für seltene Erkrankungen vernetzt.
Damit knüpft das Projekt hoffentlich an einen Fall von 2016 an. Damals hat am Medical Institute der Universität Tokyo das KI-Computerprogramm IBM Watson innerhalb von zehn Minuten die Krankheitsbeschreibung einer Frau semantisch mit 20 Millionen Krebsstudien verglichen. Watson diagnostizierte eine sehr seltene Form der Leukämie, die damals bislang nur 41 Patienten betraf und heilbar ist. KI unterstützt am besten die Mediziner. Studien (bei Darmpolypen) haben gezeigt, dass Experten mit KI-Apps bessere Ergebnisse erzielen als Laien.
KI erkennt Hautkrankheiten
Für chronische Hautkrankheiten wie Schuppenflechte will das Universitätsklinikum Würzburg eine App entwickeln. In Deutschland sind davon 8 Millionen Menschen betroffen. Der chronische Verlauf und die häufigen Rückfälle erfordern eine kontinuierliche und langfristige dermatologische Behandlung.
Mit der auf KI basierten App HybridVITA dokumentieren die Erkrankten die Veränderungen für eine spätere Untersuchung. Die KI wertet die Bilder aus und quantifiziert die Durchblutung und Beschaffenheit der Hautveränderungen. Die Kontaktaufnahme mit der Praxis ist über die App ebenfalls möglich. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte können dann ihre Patienenten sogar online begutachten und beraten.

Vor Ausbruch der Krankheit erkennen KI-Systeme Symptome
„Doktor Google“ ist für die allermeisten der erste Ansprechpartner bei körperlichen Beschwerden. Die Antworten, die man dort findet, sind allerdings sehr häufig unbrauchbar. Die von Medizinern entwickelte Smartphone-App ADA für iOS und Android leistet da bessere Dienste. Eine KI fragt Grundlegendes sowie Symptome ab, bis sie zu möglichen Ursachen für die Beschwerden kommt.
Sogar Fitnessuhren wie die Apple Watch können Hinweise auf Erkrankungen geben. An Herzfrequenz und Puls erkennen sie mit über 80 Prozent Trefferquote das Vorhandensein von Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder Schlafapnoe. Die Analyse führt ein KI durch.
KI erkennt Brüche und Krebserkrankungen
Bei der Diagnose von Brustkrebszellen sowie bösartigen Tumoren in Mast- und Dickdarm haben in Tests bessere KI-Modelle ebenfalls sehr hohe Erkennungsraten erzielt. KI für die medizinische Diagnostik wird heute auch in der Augenheilkunde, Pathologie und der Radiologie eingesetzt. Algorithmen erkennen zum Beispiel Lungenkrebs oder Schlaganfälle anhand von Computertomografie-Scans (CTs). Zudem liefern sie Indikatoren für das Risiko eines plötzlichen Herztods.
Forscher an der Uni Kiel haben eine Software entwickelt, die Wirbelbrüche auf CT- Aufnahmen automatisch erkennt und bewertet. Mittels Röntgenuntersuchung oder CT sind Wirbelfrakturen nachweisbar. Wenn das CT jedoch aus anderen Gründen gemacht wurde, kann ein Wirbelbruch im Alltagsstress in der Klinik übersehen werden. Das Programm verwendet Methoden der künstlichen Intelligenz und kann damit automatisch Hinweise auf Osteoporose und prognostisch ungünstige Wirbelbrüche erkennen.
Die KI wurde an 159 CT-Bildern der Wirbelsäule getestet, die aus sieben Krankenhäusern stammten. Erfahrenen Radiologen begutachteten zuvor die Bilder und fanden 170 Frakturen. 90 Prozent der Fälle mit Frakturen sowie 87 Prozent der Wirbel ohne Frakturen klassifizierte das neuronale Netz korrekt.

Beim Herzen gibt es verschiedene Ansätze für Diagnose und Therapie
Auch am Klang der Stimme kann künstliche Intelligenz Herzerkrankungen erkennen. Eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) zeigt, dass zusätzliche Herzschläge aus den Hauptkammern des Herzens mit ernsten Erkrankungen zusammenhängen können. Dazu verwendeten die Forschenden maschinelles Lernen.
Die Deutsche Röntgengesellschaft zeigt in einer Roadmap den Einsatz künstlicher Intelligenz in der radiologischen Herzbildgebung. Sie legt einen Schwerpunkt auf Herzbildgebung und die Analyse der Bilddaten von Ablagerungen in den menschlichen Herzkranzgefäßen.

KI hilft, Messinstrumente und Medikamente zu entwickeln
Auch die Diagnosegeräte profitieren von KI. So verbessern Forschungs- und Entwicklungsteams im Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf mit Hilfe von künstlicher Intelligenz die hochauflösende Mikroskopie. Bei hochaufgelösten Bildern wird die Beugungsgrenze überwunden, sodass die optischen Eigenschaften des mikroskopischen Systems die maximal mögliche Bildauflösung nicht mehr beschränkt.
Die Forschenden berechneten Bilder mit höherer Auflösung, indem sie sowohl Unschärfe als auch Rauschen aus den aufgenommenen Bildern eliminierten. Mit dem KI-Modell soll die Aussagekraft der Bilder erhöht werden.
An der Ludwig-Maximilians-Universität München und der ETH Zürich entsteht ein KI-Modell, um neue Medikamente zu entwickeln. Pharmazeutische Wirkstoffe bestehen in der Regel aus einem Gerüst, an das funktionelle Gruppen gebunden sind. Um neue oder verbesserte medizinische Wirkungen zu erzielen, werden funktionelle Gruppen an neuen Stellen dieses Gerüsts platziert. Die Methode wurde bereits erfolgreich eingesetzt.

KI entlastet die Praxen bei Bürokratie und Dokumentation
Verwaltung und Dokumentation sind ein weiteres Einsatzgebiet für KI. Das Universitätsklinikum Uppsala hat mit ChatGPT gezeigt, dass die KI administrative medizinische Notizen bis zu zehnmal schneller verfasst als das medizinische Personal, ohne dass die Qualität darunter leidet.
Das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme forscht ebenfalls an dem Thema: Das IAIS plant einen Arztbriefgenerator. Die Anwendung basiert auf einer Kombination aus Algorithmen und künstlicher Intelligenz.
KI in der Intensivmedizin
Eine KI der TU Wien kann Behandlungsschritte bei Blutvergiftungen vorschlagen. Am Center for Artificial Intelligence and Machine Learning wurde auf Basis umfangreicher Daten aus Intensivstationen unterschiedlicher Krankenhäuser eine künstliche Intelligenz entwickelt, die Vorschläge für die Behandlung von Menschen liefert, die aufgrund einer Sepsis intensivmedizinische Betreuung brauchen. Der Computer übertrifft dabei nach Angaben der Forschenden bereits die Menschen. Sie fordern nun eine Diskussion über die rechtlichen Aspekte solcher Methoden.
