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Smartphone-Markt

Nokia im Marken-Check

Mehr zum Thema: Microsoft

Der einstige Marktführer steckt in der Krise. Eine Rückkehr auf den Thron scheint trotz guter Ansätze schwierig.

Autor: Athanassios Kaliudis • 9.7.2013 • ca. 3:45 Min

Nokia Lumia 925
Nokia Lumia 925
© connect

Nokia Gründungsjahr: 1967 Hauptsitz: Espoo, Finnland CEO: Stephen Elop Mitarbeiter: 97800 Jahresumsatz: 30,2 Milliarden Euro  Produkte: Smartphones Verwendete OS: WinPhone, Symbian ...

Nokia

  • Gründungsjahr: 1967
  • Hauptsitz: Espoo, Finnland
  • CEO: Stephen Elop
  • Mitarbeiter: 97800
  • Jahresumsatz: 30,2 Milliarden Euro 
  • Produkte: Smartphones
  • Verwendete OS: WinPhone, Symbian

Nokia kooperiert mit Microsoft und baut ab jetzt Smartphones mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone: Diese Meldung rüttelte die Mobilfunkbranche im Februar 2011 durch. Und zwar aus zwei Gründen. Erstens, weil der einstige Gigant Nokia seine Geräte bis dahin ausschließlich mit seinem eigenen Betriebssystem Symbian ausgestattet hatte. 

Und zweitens, weil Nokia den langjährigen Konkurrenten Microsoft mit an Bord nahm. Beide, Nokia und Microsoft, hatten stark unter dem Erfolg und den Auswirkungen von Apples iPhone gelitten.

Apple hatte der Welt gezeigt, wie einfach und bequem die Bedienung eines Smartphones sein kann und damit alle bis dahin etablierten Hersteller in Zugzwang gebracht. Böse Zungen bezeichneten die Kooperation von Nokia und Microsoft daher sogar als Zusammenschluss der Verlierer.

Den Trend verschlafen

Nokia, von 1998 bis 2012 unangefochtener Marktführer unter den Mobiltelefonherstellern, hatte den Trend zu modernen Touchscreen-Geräten schlichtweg verschlafen, zu lange gezögert, zu lange an Bewährtem festgehalten. Ergebnis: Die Marktanteile brachen weltweit dramatisch ein, das hart erarbeitete Image litt in ungekanntem Ausmaß. 

Das ging so weit, dass die Wachablösung Anfang 2012 schließlich perfekt war: Samsung, nicht zuletzt beflügelt durch den Erfolg des Google-Betriebssystems Android, war neuer Marktführer - und Nokia entthront.

Marktanteile Nokia
Marktanteile Nokia
© connect

Nokias Position hat sich seither massiv verschlechtert. Betrug der Umsatz 2008 fast 51 Milliarden Euro, so waren es 2012 nur noch 30 Milliarden Euro. Im Jahr 2007 lag Nokias Anteil am Smartphone-Absatz weltweit bei über 50 Prozent; Ende 2012 waren es kaum mehr 5 Prozent (Quelle: Gartner, IDC). Entlassungen und Standortschließungen waren die Folgen dieser Krise. 

In Deutschland kommt Nokia auch heute noch auf gut 14 Prozent Marktanteil (Quelle: ComScore), was hauptsächlich an der immer noch relativ hohen Verbreitung des Betriebssystems Symbian liegt. Symbian ist allerdings ein Auslaufmodell und wird ab 2016 nicht mehr unterstützt.

Video: Nokia disst iPhone-Kamera

Somit hat sich Nokia vollständig Windows Phone verschrieben, die Finnen leben oder sterben mit dem Microsoft-Betriebssystem. "Nokia befindet sich gerade im Turnaround", sagt Benjamin Lampe, Leiter der Unternehmenskommunikation, zur Lage. "Wir sind ganz klarer Herausforderer im Smartphone-Markt."

Neue Allianz mit Microsoft

Das finnische Unternehmen, über Jahre das Nonplusultra im Handymarkt, hat seine neue Rolle angenommen. Unter den Smartphone-Herstellern gilt Nokia zwar nicht mehr als Topmarke, doch gemeinsam mit Microsoft bilden die Finnen nun eine Allianz, die in dem von Samsung und Apple dominierten Markt Alternativen bietet. 

Auch wenn Windows Phone momentan noch um jedes Prozent Marktanteil kämpfen muss (laut IDC weltweit aktuell 2,6 Prozent), sind die Prognosen vielversprechend - bis zum Jahr 2016 sollen weltweit 11,4 Prozent Marktanteil zu erwarten sein. Nokia-Sprecher Lampe betont: "Für uns geht es darum, unsere Position auszubauen."

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Und das gelingt gegenwärtig durchaus. So hat Nokia im ersten Quartal 2013 fast sechs Millionen Lumia-Smartphones verkauft - das sind 27 Prozent mehr als im Quartal davor. Verglichen mit den iPhone-Verkaufszahlen (rund 50 Millionen Stück im ersten Quartal 2013) reden wir hier allerdings von Peanuts. Aber Nokia zeigt sich optimistisch: "Wir nennen das Lumia 920 selbstbewusst das innovativste Smartphone", so Benjamin Lampe.

connect-Prognose

Wenn Nokia sein Lumia 920 und den Nachfolger Lumia 925 als innovativstes Smartphone bezeichnet, kann man das durchaus gelten lassen: Die Flaggschiffe stecken voller High-End-Technik und bringen eine der besten Kameras mit. Windows Phone wiederum zeichnet sich durch einfache Handhabung und geradlinige Strukturen aus; es bietet clevere Funktionen, die es in der Form bei Android und Apple nicht gibt. 

Nokia Lumia 925
Mit guten Kameras und aufwändigen Foto-Features versucht Nokia zu punkten.
© connect

Nokia packt Features wie eine sprachgeführte Navigation oder kostenloses Musikstreaming obendrauf - und zwar nicht nur beim Topmodell Lumia 920, sondern auch bei den deutlich günstigeren Einsteiger- und Mittelklassemodellen wie dem Lumia 520 oder dem Lumia 620. Nokia integriert also High-End-Funktionen in seine günstigeren Geräte - das Preis-Leistungs-Verhältnis ist top. Wenn jetzt auch noch der App-Store von Windows Phone weiter zulegt, dann verbessern sich die Voraussetzungen sowohl für Nokia als auch für Microsoft weiter.

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Und bei den connect-Lesern hat Nokia schon wieder gute Karten: Bei der Leserwahl 2013 wählten sie zwei Lumia-Modelle in der Basic- und in der Mittelklasse unter die Top 3. Das entspricht auch der subjektiven Wahrnehmung: Windows Phone wird in Werbung, Netzbetreibershops und Elektronikmärkten immer präsenter.

Nokia Lumia 620
Lumia 620: Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
© Nokia

Um den Smartphone-Thron zurückzuerobern, wird das aber kaum reichen. Apple, Samsung und das Betriebssystem Android sind zu weit enteilt, als dass Nokia in absehbarer Zeit wieder an die Spitze gelangen könnte. Was wäre wohl gewesen, wenn Nokia sich nicht für Windows Phone, sondern für Android entschieden hätte? Angesichts der überdeutlichen Dominanz des Google-OS hätte sich hier eine interessante Konstellation ergeben. Jetzt ist dieses Szenario aber praktisch ausgeschlossen.

Übrigens: Nokia und Windows Phone sind in vielerlei Hinsicht eine Option für Businesskunden, die sich bei Google zu unsicher und bei Apple zu eingeschränkt fühlen. Dem derzeit ebenfalls stark strauchelnden Business-Experten Blackberry könnte Nokia daher durchaus einige Marktanteile abluchsen.

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