Atoll ST 200 Signature im Test
Er lässt sich bequem von der Wohnzimmercouch aus komplett steuern. Und das ist wohl das schönste Feature neuer Technologie, für die man nicht einmal mehr aufzustehen braucht. Falls also jemand Freizeit pur sucht: Hier ist sie. Lesen Sie unseren Test zur ST 200 Signature von Atoll.

Wer sich noch an die Anfangszeit von Streaming, Rendering, Server & Co. erinnert, der weiß, wie viele Haken und Ösen die neue Audiotechnik einst hatte. Wer als Tester einen Streamer in die Hand gedrückt bekam, reagierte nicht selten mit einem selbstmitleidigen Seufzer und buchte gedanklich schon ...
Wer sich noch an die Anfangszeit von Streaming, Rendering, Server & Co. erinnert, der weiß, wie viele Haken und Ösen die neue Audiotechnik einst hatte. Wer als Tester einen Streamer in die Hand gedrückt bekam, reagierte nicht selten mit einem selbstmitleidigen Seufzer und buchte gedanklich schon mal ein paar Extrastunden und Extratelefonate ab.
Auf Anhieb funktionierte wenig bis gar nichts, selbst dann nicht, wenn das heimische Netz passabel am Internet hing und mutige, sehr leidensfähige User die ersten Internet-TV-Experimente wagten. Doch zum Glück ist die Zeit des Herumschlagens mit IP-Adressen und der Resets vorbei.
Atolls ST 200 Signature, den der in der schönen Normandie angesiedelte französische Hersteller stolz als „High End Netzwerk-Streamer“ bezeichnet, macht da keine Ausnahme und hängt sich mit dem Anschluss des Netzwerkkabels sofort ins Netz, ortet den dort vorhandenen Server und lädt die Listen der Alben im Handumdrehen.
Das klappt bereits mit ein bisschen Knöpfchendrücken auf der Frontplatte und wird spätestens dann zum Fernbedienungs-Kinderspiel, wenn die Bedienungsanleitung den Namen der App verraten hat, die wie immer am besten auf einem Pad aufgehoben ist, der Übersichtlichkeit wegen.
Und wenn Sie wissen wollen, wo dann doch ein kleiner Hemmschuh in der zehnminütigen Installationsarie zu finden ist, dann liegt dieser nicht am ST 200, sondern in der Suchfunktion des App Stores, die mit dem Namen der App nichts anzufangen weiß und das richtige Programm erst dann ausgräbt, wenn man einfach „Atoll Audio“ eingibt.
Weitere Tücken des Objekts existieren aber nicht und die ersten Töne sind vielversprechend: großformatig, druckvoll und präsent vorne in der Lautsprecherebene. Dazu gleich mehr, denn zunächst sprechen wir über eine Abkürzung.

Die betrifft den Signalweg, den man zugunsten des guten Klangs nicht länger machen sollte als unbedingt notwendig. Der ST 200 verfügt über einen Pegelsteller und kann deshalb direkt Aktivlautsprecher oder, wie im Test, eine Endstufe treiben.
Puristen, die rein digitalen Pegelstellern nicht über den Weg trauen, werden beim Atoll angenehm überrascht: Sein Pegelsteller ist analog ausgeführt und wird von einem Widerstandsnetzwerk gebildet, das via Betriebssystem auch über die App angesprochen werden kann.
Hier gibt es also die rare Lösung einer Schnittstelle zwischen dem Streaming Board und dem Analogteil des ST 200, der mit seinem Pegelsteller gut und gerne auch als Vorverstärker arbeiten kann. Zumal es auch, man höre und staune, zwei analoge (Line-)Eingänge gibt, die bei Streamern unheimlich gerne vergessen werden.
Weitere Schwerpunkte auf der Analogseite sind eine kräftige, diskret und symmetrisch aufgebaute Class-A-Ausgangsstufe ohne Gegenkopplung, ein Atoll-eigener Strom-/Spannungswandler nach dem DAC (Burr-Brown PCM 1792) und speziell gekapselte, für Audiozwecke optimierte Netztrafos.
Also kein Wunder, dass Atoll den ST 200 als „UPnP Streamer, Converter und Class A Preamplifier“ anpreist. Ob sich herkömmliche analoge Vorverstärker wohl zum Auslaufmodell entwickeln?

Streaming-Updates
Im Gegensatz zu vorherigen Modellen wurde der Streaming- Funktionsumfang des Atoll mittlerweile deutlich erweitert. HD-PCM ist ohnehin enthalten, hinzu kommen jetzt noch DSD64 und DSD128. Je ein frontseitiger und ein rückwärtiger USB-A-Anschluss akzeptieren Speichermedien, insbesondere natürlich Festplatten, die sowohl FAT32- als auch NTFS-formatiert sein dürfen.
Übrigens liefern die USB-Anschlüsse des ST 200 Signature bei Bedarf bis zu einem Ampère Strom, sodass auch große Festplatten sowie USB-3.0-Festplatten kein Problem darstellen.
Über die asynchrone USB-B-Schnittstelle zum Wandlertrakt ist der Anschluss von PCs möglich, wobei die Franzosen hier gerne auf Audirvana verweisen, das sich von einer klangstarken Player-App zu einem Musik-Verwaltungsprogramm weiterentwickelt hat und das für Apple-OS und Windows zur Verfügung steht.
Weitere, natürlich vorhandene Ingredienzen in puncto Streaming sind bekannt und vorinstalliert, also etwa die üblichen Streaming-Musikdienste (Qobuz, Tidal und Deezer) sowie vTuner für Zigtausende von Internet-Radiostationen.
Was die Benutzeroberflächen angeht, bietet der Atoll-Streamer ein Farbdisplay mit 12 Zentimetern Diagonale, das die Bedienung im Teamwork mit einem übersichtlichen Menü leicht macht und praktisch intuitiv funktioniert.
Die mitgelieferte Fernbedienung ist zwar ein Alleskönner, aber auch ziemlich unübersichtlich und dürfte deshalb die meiste Zeit zugunsten der App Atoll HD unbenutzt bleiben. Reaktionszeit und Rückmeldung sind hier vorbildlich schnell, die optimale Fernbedienung für den ST 200 wäre deshalb ein preisgünstiges Android-Tablet.

Starker Treiber
Dass die Ausgangs-Treiberstufe des Atoll ein Muskelprotz ist, stellt sich schon mit den ersten Takten Musik heraus: Es geht autoritär, vorwärtsdrängend und höchst dynamisch zur Sache, geringe Lastimpedanzen sind hier nebenbei bemerkt alles andere als ein Problem.
Ein Schönfärber ist dieser Streamer nicht, er ist ausgewogen, nicht zimperlich bei feinen Details, aber nie scharf oder gar schneidend. Das Klangbild beginnt eher „vorne“, ist also präsent, groß in der Abbildung und im Ton füllig, dreidimensional und kraftvoll. Die lässige Autorität, die hier in der Wiedergabe steckt, lässt den Atoll auch unaufgeregt, entspannt und mühelos „beschleunigend“ klingen.
Das überträgt sich auf den Zuhörer, bei dem weder Hektik noch Unruhe aufkommt. Die detaillierte und plastische Darstellung tut das Übrige, um ein breites Grinsen auf das Gesicht des „Users“ zu zaubern. Das gilt auch und gerade für die Analogeingänge, die enorm breitbandig und geradezu prädestiniert für den Anschluss einer Phonostufe wären.
Womit Sie dann doch raus müssten aus Ihrer bequemen Hör-Couch. Aber das ist eine andere Geschichte, die den Atoll ST 200 dann wirklich zum Alleskönner und zur Vorverstärker-Schaltzentrale machen würde...
Funktionen: Atoll ST 200 Signature
Übersicht
- Streamer
- (Analog-)Vorverstärker
- LAN/WLAN
- Kopfhörerausgang
Formate (Streaming)
- PCM bis 24/192, DSD64, DSD 128
- USB-A: FAT 32, NTFS, EXT2/3/4
- DSF, LPCM, FLAC, ALAC, AIFF, WMA, OGG, WAV, AAC, MP3.
Sonstiges
- Bluetooth
- Digitaleingänge koaxial/optisch
Fazit
Der Streamer von Atoll entpuppt sich nicht nur als äußerst klangstarker digitaler Alleskönner, sondern auch als Vertreter zweier Welten: Eine rein analoger Pegelstel- ler im Teamwork mit zwei Analogeingängen bietet einen puristischen Signalweg, der den ST 200 auch zu einem Analog-Vorver- stärker macht und damit zu einer echten Schaltzentrale in einer gemischten Digital-/ Analog-Installation.