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HMD ohne Nokia

HMD Pulse Pro im Test: Der Nokia-Nachfolger für 170 Euro hat ein Problem

HMD ohne Nokia, wie soll das gehen? Das HMD Pulse Pro setzt besondere Schwerpunkte und schlägt sich für ein Einsteiger-Smartphone erstaunlich gut. Der Hersteller macht dabei allerdings einen großen Fehler.

Autor: Andreas Seeger • 26.6.2024 • ca. 5:25 Min

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Gut
HMDPulse Pro
Smartphones
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HMD Pulse Pro Test Display
Das LCD ist 6,56 Zoll groß und angenehm nahe an der Kante gebaut. Leider überzeugt die Helligkeit nicht.
© connect

Seit 2016 verkauft das Startup HMD Smartphones und Feature Phones unter der weltweit bekannten Marke Nokia, vor allem in den Anfangsjahren mit respektablem Erfolg. Aber dieser Erfolg blieb auf den Einsteigerbereich beschränkt - und der wirft offenbar zu wenig ab, um die hohen Lizensierungskosten fÃ...

119,00 €
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Pro

  • einfach und günstig reparierbar
  • Design und Verarbeitung für den Preis top
  • schneller und zuverlässiger Fingerabdrucksensor
  • Kamerasystem mit vielen Filtern und Einstellungen
  • schlankes Android-System mit "2+3" Updates
  • sehr gute Akkulaufzeit

Contra

  • schwacher Prozessor
  • kein 5G
  • leuchtschwaches LCD

Fazit

Das Pulse Pro ist ein besonderes Smartphone, weil es HMD gelingt, mit der einfachen Reparierbarkeit ein Alleinstellungsmerkmal zu schaffen. Auch der Update-Zeitraum von 3 Jahren sticht positiv heraus. Das Pulse Pro könnte ein gelungener Auftakt von HMD sein, wenn da nicht die fehlende 5G-Verbindung wäre. Ohne den modernen Mobilfunkstandard ist das Phone leider nur halb so gut, wie es sein könnte. Über das etwas blasse Display lässt sich dagegen in der Preisklasse hinwegsehen.

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Seit 2016 verkauft das Startup HMD Smartphones und Feature Phones unter der weltweit bekannten Marke Nokia, vor allem in den Anfangsjahren mit respektablem Erfolg. Aber dieser Erfolg blieb auf den Einsteigerbereich beschränkt - und der wirft offenbar zu wenig ab, um die hohen Lizensierungskosten für die Markenrechte zu tragen. Denn bereits Anfang 2024 hat HMD angekündigt, den 2016 geschlossenen Lizenzvertrag, der eine Laufzeit von 10 Jahren hat, auslaufen zu lassen.

Das Startup beginnt nun, die Post-Nokia-Ära vorzubereiten, und ein wichtiger Baustein ist die Pulse-Serie, die aus drei Modellen besteht (mehr Infos zur Pulse-Serie). Sie macht auch klar, wohin die Reise geht bei HMD: Der Fokus liegt auf Smartphones im unteren Preisbereich, die sich einfach reparieren lassen. Können die Finnen hier einen Unterschied machen? Wir haben uns das Spitzenmodell HMD Pulse Pro genauer angeschaut.

HMD Pulse Pro Test Rückseite
Die Rückseite besteht aus mehrschichtig reflektierendem Kunststoff. Die glänzende Oberfläche sieht gut aus, hat aber einen Nachteil: Fingerabdrücke sind mit der Zeit deutlich sichtbar.
© connect

Was bedeutet einfache Reparierbarkeit?

Bei der Pulse-Serie kann der Nutzer Display, Akku und Ladebuchse selbst austauschen; dafür kooperiert HMD mit dem bekannten Reparaturdienstleister iFixit. Der hat auf seiner Website eine Anlaufstelle für ausgewählte Nokia- und HMD-Smartphones veröffentlicht, den HMD Nokia Repair Hub (hier geht es zur Website). Hier findet man detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitungen und natürlich die Ersatzteile.

Wir haben zwar keine Reparatur am Pulse Pro durchgeführt, möchten aber festhalten, dass der Repair Hub einen sehr guten Eindruck macht. Die Preise sind moderat (45 Euro für Display+Repair Kit) und die Anleitungen außerordentlich detailliert und mit zahlreichen Fotos untermalt.

HMD Pulse Pro Test Unterseite
Auf der Unterseite ist nicht nur die USB-C-Buchse positioniert, man findet hier auch eine Klinkenbuchse für Kopfhörer.
© connect

Preise und Alternativen

Von einem Smartphone, das nur 170 Euro kostet, darf man nicht allzu viel erwarten, das ist schon mal klar. Xiaomi hat in diesem Preissegment gute Angebote, etwa das Redmi Note 13 für 160 Euro. Von Honor gibt es das X8A, ebenfalls für 160 Euro. Von Samsung gibt es das Galaxy A15 5G für 150 Euro - und das hat, wie der Name zeigt, den modernen Mobilfunkstandard 5G mit an Bord. Das ist ein wichtiger Unterschied zu den genannten Phones und zum Pulse Pro, dem ebenfalls 5G fehlt.

Design und Verarbeitung

Das Pulse Pro ist in den drei Farben Black Ocean, Twilight Purple und Glacier Green erhältlich, für den Test stand uns die grüne Variante zur Verfügung. Und die schindet mit ihrer glänzenden grünen Rückseite ordentlich Eindruck. Sie besteht natürlich aus Kunststoff, der das Licht in mehreren Schichten reflektiert, sodass der Spiegeleffekt sehr ausgeprägt ist. Einziger Nachteil: Nach längerer Nutzung sind überall Fingerabdrücke zu sehen.

Der Rahmen besteht wie die Rückseite aus Kunststoff, dabei gibt die Verarbeitung keinen Anlass für Kritik, es gibt keine großen Spaltmaße, der SIM-Halter ist sauber in den Rahmen eingelassen und das Gehäuse knarzt auch bei stärkerem Druck nicht und gibt sich sehr verwindungssteif. Design und Verarbeitung sind sehr gelungen. Das Gehäuse ist sogar nach IP52 zertifiziert, allerdings hat eine so niedrige IP-Zertifizierung keine alltagsrelevanten Vorteile für den Nutzer.

HMD Pulse Pro Test Seitenansicht
Auf der rechten Seite sind der Fingerabdrucksensor, der auch als Powertaste fungiert, und die Lautstärkewippe untergebracht.
© connect

Display und Prozessor

HMD baut ein 6,56 Zoll großes LCD ein, das bewegte Inhalte mit 90 Hertz fließend wiedergibt. Die Auflösung ist mit 1.612 x 720 Pixel kein Highlight. Negativ fällt zudem die niedrige Leuchtkraft auf - im Freien lassen sich die Inhalte nicht immer gut ablesen. Es gibt Phones, die hier wesentlich mehr bieten: Das Galaxy A15 etwa kommt mit einem OLED mit Full-HD-Auflösung. Kurz und knapp: Das Display ist beim HMD Pulse Pro kein Kaufargument.

Das gilt auch für den Prozessor, ein Unisoc T606, dessen Performance selbst für diese Preisklasse schwach ist. HMD hat die Software zwar gut abgestimmt, sodass die Oberfläche schnell reagiert, wenn man das Smartphone über den seitlich integrierten Fingerabdrucksensor entsperrt (was gut funktioniert), anspruchsvollere Aufgaben zeigen jedoch schnell Grenzen auf. Der Start der Kamera-App dauert, mitunter kommt es zu Rucklern und die Installation neuer Apps dauert lange.

HMD Pulse Pro Test Rückseite Kamera
Sieht gut aus: Die Kameraeinheit auf der Rückseite verspricht mehr, als sie halten kann. Bei der zweiten Optik handelt es sich lediglich um einen Tiefensensor für Abstandsmessungen bei Porträtaufnahmen.
© connect

Connectivity: 5G vermisst

Sofort fällt die 3,5-Millimeter-Klinkenbuchse an der Unterseite auf, es lassen sich also beliebige kabelgebundene Kopfhörer anschließen. Wenn man kabellose In-Ears per Bluetooth verbinden möchte, ist das ebenfalls kein kein Problem, es wird eine breite Palette an Codecs unterstützt, neben Standards wie SBC und LDAC auch Qualcomms aptX HD.

Die nächste Überraschung folgt, wenn man den SIM-Halter aus dem Rahmen zieht: Auf einer Länge von knapp 4 Zentimeter sind 3 Steckplätze aneinander gereiht. Nutzer können zwei Nano-SIM-Karten und eine microSD einlegen, um den Speicher zu erweitern. Der ist mit 128 GB preisgerecht.

WiFi 5 ist dabei, genauso wie LTE-Funk und NFC für das mobile Bezahlen. Vermisst haben wir allerdings 5G. Der moderne Funkstandard wird immer weiter ausgebaut, und es ist ein großer Vorteil, ihn mit an Bord zu haben. Dass das auch in tiefen Preisregionen möglich ist, zeigen Samsung mit dem Galaxy A15 5G und die Telekom mit den T Phones.

HMD Pulse Pro Test
Beim HMD Pulse Pro spielt die Kamera eine wichtige Rolle, HMD will hier einen Unterschied machen.
© Hersteller

Kamerasystem mit 2 x 50 Megapixel

Das Kamerasystem preist HMD als Highlight an, vor allem die Selfie-Kamera mit 50 Megapixel. Die hohe Auflösung ist in dieser Preisklasse tatsächlich ein Novum, allerdings wirkt sie sich nicht positiv auf die Bildqualität aus, die bestenfalls durchschnittlich ist. Der Schärfegrad ist nicht hoch und es fehlt an Details. Bei wenig Licht werden die Aufnahmen schnell matschig und pixelig. Hinzu kommt, dass man die 50 Megapixel gar nicht ansteuern kann, Fotos werden immer per Pixel Binning mit 12 Megapixel gemacht.

Die Hauptkamera, ein moderates Weitwinkel, macht ebenfalls Fotos mit 50 Megapixel, und im Gegensatz zur Frontkamera kann man diese Auflösung auch auswählen. Der Nutzwert ist aber begrenzt, denn die Aufnahmen verrauschen schnell, wenn das Umgebungslicht nicht stimmt. Generell lässt sich festhalten, dass auch die Kamera kein Highlight des Pulse Pro ist. Auffällig sind aber die vielen Einstellungen und Porträtfilter, die man in dieser Preisklasse nicht häufig antrifft. So kann die Selfie-Kamera auch per Gesten (Peace-Zeichen) ausgelöst werden, was in unserem Test aber nicht immer treffsicher funktioniert hat.

HMD Pulse Pro Screenshots
Als Betriebssystem ist ein Android 14 ohne Schnickschnack installiert, das von HMD nur dezent angepasst wurde. Etwa in Form von monochromen App-Icons. Die sollen zum Digital Detox beitragen.
© connect/Hersteller

Software und Updates

Die Software ist klar ein Highlight und das aus zweierlei Gründen. Erstens verspricht HMD "2+3", also zwei große System-Updates und 3 Jahre lang Sicherheitspatches, was in dieser Preisklasse eine Besonderheit ist. Zweitens setzt HMD auf eine native Android-Version, die nur in wenigen Bereichen geschickt erweitert wurde. So legt man einen Schwerpunkt auf Digital Detox und hat die Icons der vorinstallierten Apps in Schwarzweiß konzipiert. Solche kleinen, aber feinen Details machen einen Unterschied.

Akkulaufzeit sehr gut

Der 5.000 mAh starke Akku schafft lange Laufzeiten. Im Battery Test von PCMark läuft das Phone locker 18 Stunden durch. Das ist ein phänomenal guter Wert - zwei Tage ohne Steckdose sind mit dem HMD Pulse Pro kein Problem. Aufgeladen wird kabelgebunden mit maximal 20 Watt, damit steht der Akku erst nach etwa anderthalb Stunden wieder bei 100 Prozent. Allerdings gehört ein Netzteil nicht zum Lieferumfang.

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Fazit: Mit 5G wäre das Pulse Pro ein starker Einstand

Das Pulse Pro ist ein besonderes Smartphone, weil es HMD gelingt, mit der einfachen Reparierbarkeit ein Alleinstellungsmerkmal zu schaffen. Kein anderes Phone in dieser Preisklasse lässt sich so einfach und günstig reparieren. Auch der Update-Zeitraum von 3 Jahren sticht positiv heraus.

Aus technischer Perspektive werden dagegen keine Besonderheiten geboten - aber das sollte man in dieser Preisklasse generell nicht erwarten. Daher möchten wir das leuchtschwache Display auch nicht überbewerten. Das Pulse Pro könnte ein gelungener Auftakt von HMD sein, wenn da nicht die fehlende 5G-Verbindung wäre. Ohne den modernen Mobilfunkstandard ist das Phone leider nur halb so gut, wie es sein könnte.