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Smartphone mit Doppelkamera

Huawei P9 im Test

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Huawei kooperiert für sein neuestes Topmodell P9 mit dem deutschen Optik-Spezialisten Leica. Da kann nicht viel schiefgehen, oder? connect hat das Huawei P9 getestet.

Autor: Andreas Seeger • 31.5.2016 • ca. 4:40 Min

Huawei P9
Huawei P9
© Andreas Seeger / connect

Beim P9 stellt Huawei zwar die neu entwickelte Doppel-Kamera in den Vordergrund, aber viel bedeutsamer ist in unseren Augen das kompakte und elegante Design, das in dieser Form nur Huawei hinbekommt. Denn trotz eines relativ großen 5,2-Zoll-Displays ist das Smartphone lediglich 145 x 71 x 7 Millime...

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Pro

  • elegantes, sehr handliches Gehäuse
  • IPS-Display mit hohem Kontrastumfang bei Tageslicht
  • einzigartige Kamera-Ausstattung
  • angepasstes Android-System mit vielen cleveren Extras
  • Fingerabdrucksensor auf der Rückseite mit hoher Erkennungsrate
  • USB-C statt Micro-USB

Contra

  • Equalizer fehlt
  • enttäuschende Akkulaufzeit
  • schlechte Funkeigenschaften im GSM-Netz
  • 4K-Videos werden nicht unterstützt

Fazit

connect-Testurteil: gut (423 von 500 Punkten)

84,6%

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Beim P9 stellt Huawei zwar die neu entwickelte Doppel-Kamera in den Vordergrund, aber viel bedeutsamer ist in unseren Augen das kompakte und elegante Design, das in dieser Form nur Huawei hinbekommt. Denn trotz eines relativ großen 5,2-Zoll-Displays ist das Smartphone lediglich 145 x 71 x 7 Millimeter klein und mit 144 Gramm angenehm leicht. Die meisten anderen Geräte mit dieser Displaygröße sind entweder dicker (Galaxy A5), breiter (Lumia 950) oder schwerer (Xperia Z5).  Dass das P9 in einem geschlossenen Aluminiumkorpus steckt, wird dagegen niemanden vom Hocker reißen, der Huawei schon länger kennt - die Chinesen sind schließlich bekannt dafür, nicht mit Metall zu geizen.

Das P9 ist aber das erste Huawei-Modell, bei dem die Rückseite an den Rändern gerundet ist. Das ist ein Designkniff, mit dem Smartphone-Hersteller bisher immer nur das Displayglas auf der Frontseite veredelt haben - das iPhone 6 ist das prominenteste Beispiel. Beim P9 sind Vorder- und Rückseite sanft gerundet, und das sorgt nicht nur für eine elegante Optik, das P9 liegt damit auch außerordentlich gut in der Hand. Die präzise Verarbeitung genügt allerhöchsten Standards. Mit dem P9 zeigt Huawei ein Oberklasse-Smartphone, das es in puncto Design und Haptik locker mit den Stars von Apple und Samsung aufnehmen kann.

Hoher Kontrastumfang

Die Auflösung von 1920 x 1080 Pixeln reicht auf 5,2 Zoll für eine knackscharfe Darstellung. Die Leuchtkraft liegt für ein LCD zwar nur im Mittelfeld, ein besonders niedriger Schwarzwert sorgt allerdings für hervorragende Kontraste vor allem in einer hellen Umgebung - das Display lässt sich an einem schönen Sommertag also besser ablesen als die meisten anderen. Das connect-Kontrastdiagramm zeigte allerdings auch, dass es nicht besonders blickwinkelstabil ist, die Ablesbarkeit bei einer Schrägperspektive also überdurchschnittlich leidet. Wie unsere Messungen außerdem zeigen, wird der sRGB-Farbraum erweitert, besonders stark in Richtung des grünen Spektralbereiches.

Ein entsprechender Farbstich ist also möglicherweise sichtbar, aber kein Problem, weil Huawei zu den wenigen Herstellern gehört, die eine Anpassung der Farbtemperatur in den Systemeinstellungen implementieren.

Huawei P9 Rückseite
Edel: Das Aluminium ist an den Rändern gerundet. Gut zu sehen ist auch der USB-C-Anschluss, den Huawei erstmals einbaut.
© Andreas Seeger / connect

Beim Prozessor setzen die Chinesen erstmals auf die neue Kirin-Generation 955, die im 16nm-FinFet-Plus-Verfahren gefertigt wurde, was auf hohe Leistung bei gleichzeitig niedrigem Energieverbrauch schließen lässt. In unserem Test reagierte das System (Android 6.0 mit der neuesten EMUI-Version 4.1) entsprechend flott, Apps starteten sehr schnell. An die Leistungsgrenzen wird man die acht Kerne (angeordnet in einer big.LITTLE-Architektur mit 2,5/1,8 GHz) momentan nur schwer bringen können. Auch grafikintensive Spiele und Benchmarks - die traditionelle Schwachstelle von Kirin- Chipsätzen - zaubert das P9 butterweich auf den Bildschirm.

Der Arbeitsspeicher ist mit 3 GB mehr als ausreichend. In Benchmarks wird der Kirin 955 zwar klar hinter den Top-Chipsätzen von Samsung (Exynos 8890, Galaxy S7) und Qualcomm (Snapdragon 820, HTC 10) positioniert, aber diese Ranglisten spiegeln nicht den Alltagsgebrauch wider und sind eigentlich nur für Nerds interessant.

Huawei P9 und iPhone 6s Plus Kamera

Ebenfalls erwähnenswert: der USB-C-Anschluss und der rückseitige Fingerabdrucksensor, der tadellos funktioniert und in EMUI 4.1 auch wieder wie ein Touchpad genutzt werden kann. Damit kann man die Statusleiste nach unten ziehen und in der Bildergalerie zum nächsten Foto wischen. Weitere clevere Bedientricks findet man in den Systemeinstellungen unter dem Eintrag "Intelligente Unterstützung". Besonders gut gefallen hat uns die Möglichkeit, das Smartphone zu einem festgelegten Zeitpunkt ausund wieder einzuschalten, so kann man das Gerät etwa jede Nacht für ein paar Stunden komplett ausschalten. Es handelt sich hier im Prinzip um eine banale Software-Erweiterung - die allerdings von den wenigsten Unternehmen implementiert wird.

Huawei P9 Kamera
Huawei spart nicht mit Details zur Kamera: Triple Hybrid Autofokus, asphärische Linsen, neu entwickelter ISP mit speziellen Algorithmen. Damit will der Hersteller nichts weniger als „die Smartphone-Fotografie neu definieren“.
© Huawei

Hält nicht lange durch

Anerkennung verdient die Tatsache, dass Huawei es trotz der kompakten Bauweise geschafft hat, einen großen 3000-mAh-Akku einzusetzen, das ist deutlich mehr als beim Vorgänger P8 (2600 mAh) und auch herstellerübergreifend über Durchschnitt. Leider schaffen es die Chinesen nicht, diese Kapazität in eine gute Ausdauerleistung umzumünzen: In unserem genormten Nutzungsmix erreicht das P9 eine Laufzeit von lediglich 6:04 Stunden, was klar unter dem Durchnitt liegt, der zwischen sieben und acht Stunden pendelt. Unsere Detailmessungen zeigen, dass der Stromverbrauch unter Last überdurchschnittlich hoch ist, was darauf hindeutet, dass Huawei das Energiemanagement der neuen Prozessorgeneration noch nicht hundertprozentig im Griff hat.

Menü Schnellzugriff und Fingerabdrucksensor
Eine weiteres praktisches Tool von Huawei: ein halbkreisförmiges Menü mit fünf Schnellzugriffen (links). Endlich: Der Fingerabdrucksensor kann wieder wie ein Mini-Touchpad genutzt werden (rechts).
© Screenshot WEKA / connect

Aber das sind nur Spekulationen. Fakt ist, dass man mit der aktuellen Software nur knapp über den Tag kommt, nahezu alle anderen Smartphones in dieser Preisklasse halten länger durch. Kleiner Trost: Weil das mitgelieferte Netzteil eine hohe Ausgangsleistung von 2 Ampere hat, ist das P9 nach etwa anderthalb Stunden wieder komplett vollgetankt.

Die Funkeigenschaften überzeugen nicht auf ganzer Linie. Während sich das P9 im LTE-Netz die Note Sehr gut sichert, reicht es im UMTS-Netz nur zu einem Gut und im GSM-Netz zu einem Befriedigend. Die Akustik ist im positiven Sinne unauffällig.

Huawei P9 in schwarz oder weiß
Im Profi-Modus der Kamera erkennt man die Handschrift von Leica – von der Zusammenarbeit kann man in Zukunft noch einiges erwarten.
© Huawei

Doppelt gute Kamera?

Beim P9 knipsen beide Linsen mit 12 Megapixeln, f2.2-Blende und einer Brennweite von 27 Millimetern. Der Unterschied: Ein Sensor nimmt die Bilder normal in Farbe auf, der andere ausschließlich in Schwarz-Weiß. Der Trick dahinter: Weil sich der Schwarz-Weiß-Sensor nicht um Farbinformationen kümmern muss, kann er mehr Licht einfangen. Wenn man nun ein Farbfoto macht, werden die Bildinformationen beider Sensoren zusammengerechnet, was zum einen besonders realistische Farben ermöglichen soll, zum anderen eine besonders hohe Lichtempfindlichkeit. Huawei erklärt, dass das P9 bis zu 70 Prozent mehr Licht einfängt als ein Galaxy S7.

Die Doppellinse ermöglicht zudem das nachträgliche Verschieben des Schärfebereiches, man kann im Nachhinein entscheiden, ob die Blume im Vordergrund oder der Baum im Hintergrund fokussiert wird. Zusätzlich lässt sich die Tiefenschärfe manipulieren (Bokeh), indem per Software eine Blendenöffnung zwischen f0.95 und f16 simuliert wird.

Trotz dieser Innovationen läutet das P9 keine neue Ära der Smartphone-Fotografie ein. Die Bildqualität ist zwar sehr gut, die Kamera-Flaggschiffe Galaxy S7 und iPhone 6s Plus werden aber nicht überflügelt, auch nicht bei Lowlight-Aufnahmen. Zumal mit dem P9 keine 4K-Videoaufnahmen möglich sind.

Es hätte besser werden können

Das P9 ist seit Mitte April für 569 Euro erhältlich. Ein fairer Preis in Anbetracht des Gebotenen, es gibt schließlich nicht viele Smartphones, die so gut in der Hand liegen und gleichzeitig eine sehr gute Kamera mitbringen. Dass das erste Modell mit Leica-Technologie trotzdem kein Überflieger geworden ist, liegt an der unterdurchschnittlichen Akkulaufzeit und an den durchwachsenen Funkeigenschaften. Das P9 ist ein gutes Smartphone, das aber noch viel besser hätte werden können. Hier hat Huawei leider Potenzial verschenkt.

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