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Wie Mensch und KI zusammenarbeiten

Interview mit Dr. Ferri Abolhassan

Mehr zum Thema: Deutsche Telekom

Autor: Josefine Milosevic • 21.5.2021 • ca. 6:25 Min

Inhalt
  1. Telekom-Kundenservice im Wandel
  2. Interview mit Dr. Ferri Abolhassan

„Keine KI kann dem Menschen das Wasser reichen“Sie beschäftigen knapp 100 000 Menschen in Deutschland, davon derzeit 80 Prozent im Homeoffice. In unserem Hotline-Test schnitt Ihr Kundenservice dennoch sehr gut ab. Wird sich Heimarbeit angesichts der Ansteckungsgefahr in Großraumbüros durchset...

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Dr. Ferri Abolhassan, Geschäftsfüher Sales & Service Operations, Telekom Deutschland GmbH
© Telekom

„Keine KI kann dem Menschen das Wasser reichen“

Sie beschäftigen knapp 100 000 Menschen in Deutschland, davon derzeit 80 Prozent im Homeoffice. In unserem Hotline-Test schnitt Ihr Kundenservice dennoch sehr gut ab. Wird sich Heimarbeit angesichts der Ansteckungsgefahr in Großraumbüros durchsetzen?

Zunächst einmal: Bei der Telekom tun wir alles, um unsere Mitarbeitenden bestmöglich zu schützen, ob in den Shops, der Technik oder im Service. In unseren Büros haben wir strikte Abstands- und Meetingregeln, eine Maskenpflicht auf dem Weg zum und vom Arbeitsplatz. Bereits seit Ende März bieten wir allen Beschäftigten, die im Büro arbeiten müssen oder wollen, kostenlose Selbsttests an.

Und unser Hygienekonzept hat sich bislang bewährt: Unsere konzerninterne Inzidenz liegt stets weit unter der des Landes. Dazu hat sicher auch beigetragen, dass wir unserem Innendienst im Service frühzeitig ermöglicht haben, während der Pandemie bis zu 100 Prozent von zu Hause zu arbeiten. Das klappt besser als anfangs gedacht.

Wir bekommen viel Lob von unseren Kunden. Und es macht uns extrem stolz, dass wir den connect-Hotline-Test auch aus 16 000 Homeoffices verteidigt haben. Insofern ist eine gesunde Mischung aus Heimarbeit und Büropräsenz tatsächlich ein Zukunftsmodell für uns. Schon im August haben wir eine Betriebsvereinbarung zum Thema „Mobile Working“ getroffen, sodass alle Kundenberater auch nach Corona bis zu zwei Tage pro Woche von daheim arbeiten dürfen.

Die Servicecenter bleiben für uns jedoch ganz wichtige Begegnungsstätten und identitätsstiftende Orte. Der Small Talk in der Teeküche, der persönliche Austausch, gemeinsame Meetings, Workshops und Coachings, unsere Unternehmenskultur – all diese Dinge kann eine rein virtuelle Zusammenarbeit nicht ersetzen.

Wie zufrieden sind die Mitarbeiter mit der neuen Arbeitssituation?

Trotz der oft zusätzlichen Herausforderung, Job und Kinderbetreuung in den eigenen vier Wänden unter einen Hut zu bringen, ist unser Team mit der Arbeitssituation äußerst zufrieden. Laut unserer jüngsten Mitarbeiterbefragung ist die Zufriedenheit gegenüber 2019 um fast zehn Punkte auf einen Höchststand von 86 Punkten gestiegen.

Auch in meinem wöchentlichen Talkformat „Wie geht’s?“ bestätigen mir die Kolleginnen und Kollegen immer wieder, wie gut sie mit der aktuellen Situation zurechtkommen. Das unterstreicht zum einen die große Leidenschaft und hohe Flexibilität unseres Teams, für die wir extrem dankbar sind!

Zum anderen haben wir als Management aber auch frühzeitig und konsequent auf die Belange unserer Menschen reagiert, um sie bei ihrer Arbeit während der Pandemie bestmöglich zu schützen und zu unterstützen. Viele Teamleiter telefonieren täglich mit ihren Leuten, um zu hören, wo gerade der Schuh drückt.

Das gilt übrigens auch für unseren Außendienst, der nicht im Homeoffice arbeiten kann und weiterhin tagein, tagaus raus zu unseren Kunden fährt. Auch hier tun wir alles, um unsere Servicetechniker maximal zu unterstützen – durch Schutzausrüstung, Selbsttests, eine flexible Handhabung von Aufträgen und die Aufklärung der Kunden.

Service Apps vom Discounter

Wie sehen Sie die Entwicklung des Kundenservices im digitalen Zeitalter, und welche Rolle spielt der Faktor Mensch dabei?

Für uns ist bester Service – neben bestem Netz und besten Produkten – ein ganz wichtiger Differenzierer im Markt. Und diese Bedeutung nimmt in Zeiten der Digitalisierung weiter zu. Die Menschen sind es heute gewohnt, rund um die Uhr in Onlineshops einkaufen zu können. Also erwarten sie auch rund um die Uhr, dass ihnen bei Problemen geholfen wird – Stichwort „Liquid Expectations“.

Diese Erwartungen können wir ohne digitale Tools längst nicht mehr erfüllen. Wir brauchen Apps, Bots und andere Technologien, um unseren 65 Millionen Kunden jederzeit eine schnelle Lösung für ihr Anliegen anbieten zu können. Trotzdem bleibt der Mensch im Service unverzichtbar. Mit seiner Expertise, Erfahrung und Empathie ist er die Superkraft, die in den entscheidenden Momenten den Unterschied macht.

Keine KI kann dem Menschen das Wasser reichen, wenn es um mitfühlenden Service geht. „Digital denken, empathisch lenken“ lautet daher unsere Devise. Darum investieren wir nicht nur in neue Technologien, sondern auch verstärkt in die Qualifizierung unserer Berater und Techniker. Begeisternde Kundenerlebnisse entstehen nur aus einem Mix aus Menschlichkeit und Fachlichkeit.

Haben Sie bereits Bereiche im Kundenservice auf Künstliche Intelligenz umgestellt?

Ja, wir nutzen Künstliche Intelligenz bereits an verschiedenen Stellen. Prominentestes Beispiel ist „Frag Magenta“, unser KI-basierter Chatbot. Er hilft unseren Kunden 24/7 auf unserer Website, in der MeinMagenta-App und sogar über unseren Smart Speaker „Hallo Magenta“ weiter.

Er beantwortet schnell und unkompliziert alle gängigen Fragen zu Produkten und Tarifen und kann sogar beim Umzug oder bei einer Störung unterstützen: Angebunden an IT-Systeme, misst unser KI-Bot den Anschluss durch und startet ihn – falls nötig – eigenständig neu.

So entlastet er unsere Hotlines, und unsere Berater haben mehr Zeit für anspruchsvolle Anliegen. Und dank Machine Learnings wird unser Chatbot von Tag zu Tag besser. Weiteres Beispiel: Seit Dezember bieten wir als erster TK-Anbieter ein RoboIdent-Verfahren für Mobilfunkneukunden an. Der Kunde benötigt lediglich seinen Ausweis, ein Smartphone und die entsprechende App. Er filmt die Vorder- und Rückseite seines Ausweises, nimmt ein Selfie-Video auf und schickt die Daten ab.

Innerhalb von nur zwei Minuten werden die Daten voll automatisiert ausgewertet – dank Künstlicher Intelligenz. Schneller und einfacher geht’s nicht! Außerdem nutzen wir KI auch für die Analyse von E-Mails und das Routing von Anrufen. Auch hier leistet die Technologie wertvolle Vorarbeit, damit wir unsere Menschen für werthaltige Aufgaben einsetzen können.

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Wie kommt KI beim Kunden an?

Erst im November hat die Computer Bild 1500 Nutzer zu ihren Erfahrungen mit digitalen Assistenten befragen lassen: Ist der Chatbot schnell erreichbar? Versteht er die Anfragen inhaltlich? Kann er weiterhelfen? Unser KI-Bot wurde dabei zum besten digitalen Assistenten der TK-Branche gewählt.

Kurzum: Wenn die KI gut gemacht ist und einen spürbaren Mehrwert bietet, wird sie von den Kunden auch dankbar angenommen. Das gilt auch für unser bereits erwähntes RoboIdent-Verfahren, mit dem sich unsere Kunden den Weg in die nächste Postfiliale sparen, oder für unsere Sprach ID.

Hierbei erkennt eine KI den Anrufer anhand seines einzigartigen Stimmmusters, Kundennummer und Passwort braucht er nicht mehr. Weil diese KI unseren Kunden und Beratern den Kontakt an der Line einfacher macht, wurde sie schon 1,5 Millionen Mal genutzt.

Für uns ist das immer der Maßstab: Bietet die neue Technologie einen Mehrwert – für unsere Kunden oder Mitarbeiter. Wenn nicht, lassen wir es sein. Wir digitalisieren nicht um des Digitalisierens willen. Und wie gesagt: Es gibt noch immer genügend Momente, in denen ein Lächeln locker hundert Computer schlägt.

Die Hotline gilt nach wie vor als meistgenutzter Kundenkanal. Großes Ärgernis ist dabei oft der Sprachcomputer. Wie stehen Sie zu diesem Thema?

Um die Anrufer zum richtigen Experten durchzustellen, brauchen wir eine effektive Vorselektierung. Die Interactive Voice Response ist hier eine etablierte Methode. Und diese IVR-Systeme sind heute deutlich besser als noch vor einigen Jahren. Aber es macht auch mir keinen großen Spaß, mich durch solche Sprachmenüs zu klicken. Da bin ich d’accord!

Darum arbeiten wir hier schon an den nächsten Entwicklungsschritten, und dabei spielt KI eine wichtige Rolle: Der Kunde schildert sein Anliegen ganz natürlich, eine KI erkennt den Grund seines Anrufs und routet ihn direkt zum passenden Berater. Das macht die ganze Sache für den Kunden schon viel angenehmer.

Unsere Wunschvorstellung geht jedoch darüber hinaus: Wir haben bereits fünf Regiocenter aufgebaut, die einen festen Kundenstamm betreuen. Schon bald wollen wir 14 vollkonvergente Regiocenter haben, in denen alle Anliegen – egal, ob Festnetz oder Mobilfunk – betreut werden.

Dann wird der Kunde anhand seiner Rufnummer und Historie automatisch zu seinem festen Beraterteam geroutet, und sein Anliegen wird sofort gelöst. Das ist unser erklärter Anspruch. Da sind wir zwar noch nicht, aber wir arbeiten dran und werden jeden Tag ein bisschen besser

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Sie sagen, Sie arbeiten dran. Welche Themen stehen konkret auf Ihrer Agenda?

Bei uns dreht sich alles um den Re-Invent unseres Services. In den vergangenen Jahren haben wir schon viel erreicht: Wir haben unsere Erstlösungsquote auf 54 Prozent gesteigert, die Techniker-Pünktlichkeit auf 95 Prozent angehoben und die Anzahl der Beschwerden um 75 Prozent gesenkt.

Auch die Siege in den connect-Tests bestätigen unseren Kurs. Leider hinkt die öffentliche Wahrnehmung oft noch hinterher. Darum haben wir gerade eine TV-Kampagne für unseren Kundenservice gestartet. Allerdings geben wir uns damit nicht zufrieden! Jeder Kundenkontakt ist für uns ein Test, den wir gewinnen wollen. Wir läuten jetzt den nächsten Schritt unserer Transformation ein.

Drei Themen stehen dabei im Fokus: Wir wollen fachlich noch fitter werden, um die Anliegen unserer Kunden möglichst gleich im ersten Kontakt zu lösen. Mit weiteren, hybriden Regiocentern möchten wir noch näher an unsere Kunden rücken. Und wir werden die Qualität unserer Arbeitsabläufe überall dort verbessern, wo noch Sand im Getriebe ist. So wollen wir am Ende des Tages einen tadellosen Service für unsere Kunden hinstellen.

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