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Standbox

Gauder Akustik Arcona 60 im Test

Die Arcona 60 von Gauder Akustik ist eher zierlich gebaut. Wie wirkt sich das auf den Klang der Standbox aus?

Autor: Wolfram Eifert • 22.1.2013 • ca. 3:00 Min

Gauder Akustik Arcona 60
Gauder Akustik Arcona 60
© Hersteller/Archiv

Fast möchte man rufen: Die ist aber süß, wächst die etwa noch? Das tut die Arcona 60 (3.400 Euro) selbstverständlich nicht mehr. Aber darauf hoffen auch nur Leute, die Schallwandler trotz 35 Jahren AUDIO-Expertise nach Größe und Gewicht einstufen. Das klangliche ...

Pro

  • formatbezogen auffallend souveräner und erwachsener Klang mit genauer räumlicher Darstellung und viel Gefühl

Contra

  • mag keine Extrempegel
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Fast möchte man rufen: Die ist aber süß, wächst die etwa noch? Das tut die Arcona 60 (3.400 Euro) selbstverständlich nicht mehr. Aber darauf hoffen auch nur Leute, die Schallwandler trotz 35 Jahren AUDIO-Expertise nach Größe und Gewicht einstufen. Das klangliche Talent zählt, und da hat es die zierliche Säule in der Tat faustdick hinter den Membranen, genauer gesagt: in den Frequenzweichen. Die nämlich sind so leistungsfähig wie wohl bei keiner anderen Passivbox der Welt. Und diese These ist keine Marketing-Lyrik, so gewagt sie erscheinen mag.

Gefühlt über 99 Prozent aller Passivboxen sind ausgerüstet mit Filtern erster bis maximal dritter Ordnung, die Flankensteilheiten zwischen 6 und 18 Dezibel pro Oktave erzeugen. Die vermutlich einzige Ausnahme unter den Passivboxen sind die Produkte von Gauder Akustik in Renningen bei Stuttgart. Die neue Arcona 60 ist mit Filtern sechster Ordnung ausgestattet - und erzielt unter Einbeziehung der Gehäuse und Chassis, die selbst Filtereigenschaften besitzen, Flankensteilheiten von abartigen 50 dB pro Oktave.

Gauder Akustik Arcona 60
Die mattsilbernen Aluminium-Membranen der Tiefmitteltöner werden rückseitig durch einen dunkelgrauen Hilfskonus gestützt und bedämpft. Das Kabelterminal (rechts) ist eine besonders kontaktstarke Ausführung vom Typ WBT Nextgen.
© Hersteller/Archiv

Gauder Akustik Arcona 60: Aufbau

Doch warum dieser Sonderweg? Physiker Dr. Roland Gauder hat starke Argumente parat: Je höher die Flankensteilheit, desto wirksamer werden unerwünschte Anteile aus Nachbarbereichen ausgeblendet. Steilflankige Filter reduzieren die elektrische und mechanische Belastung der Treiber und sorgen für schmalere Überlappungsbereiche. Damit verlieren die gefürchteten Laufzeitdifferenzen ihren Schrecken, die durch unterschiedliche Entfernungen einzelner Chassis zum Ohr entstehen.

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Derart aufwendige Frequenzweichen kamen bislang nur in hochpreisigen Lautsprechern der Marke Isophon zum Einsatz, die ebenfalls aus Gauders exquisiter Werkstatt stammen. Doch der gleichnamige Berliner Chassis-Hersteller schließt zum Jahresende 2012 seine Fertigung, so dass eine Weiterführung des Namens keinen Sinn macht, zumal in Gauders neueren Modellen längst andere Treiber stecken.

Gauder Akustik Arcona 60
Die Bauteile-intensive Frequenzweiche belegt zwei separate Platinen. Die Wertebestimmung ist eine mathematische Herausforderung. Die Filtereigenschaften der Gehäuse und Chassis sind Bestandteil der Berechnungen.
© Hersteller/Archiv

Dennoch besteht kein Grund zur Panik. Die Renninger Fertigungsstätte, in der Gehäuse und Weichen hergestellt werden, bleibt erhalten und firmiert ab Januar 2013 unter "Gauder Akustik". Zeitgleich startet die neue Arcona-Serie, welche die Technologie der hochwirksamen Filter auch weniger finanzkräftigen Käuferschichten zugänglich macht. Die Chassis stammen von einem neuen Lieferanten und wurden maßgeschneidert für die Belange der steilen Filter. Ähnlich wie in den höherwertigen Modellen hat man betont steife Konus-Membranen verbaut, allerdings nicht aus sündhaft teurer Spezialkeramik, sondern aus preiswerterem Aluminium. Als Hochtöner dient ein neuer Air-Motion- Transformer mit mehrfach gefalteter Folienmembran.

Konstruktiv geht der Boxendoktor, wie ihn seine Umgebung respektvoll nennt, einen Schritt weiter als bei den bisherigen Modellen und filtert nicht nur Tief- und Mitteltöner in beide Richtungen, sondern erstmals auch den Hochtöner. Ziel ist neben einem optimalen Frequenzgang eine Reduzierung des Klirr. Tatsächlich verzerrt die Arcona nur wenig und lässt sich Dynamiksprünge entlocken, die man derart lebenspartnerkompatiblen Boxen gewöhnlich nicht zutraut. Die 60 tönt in allen Lebenslagen faszinierend freigiebig und passt sich der Musik an wie ein Chamäleon seiner Umgebung. Sanfte Töne kommen zart und geschmeidig, kernige Attacken hemmungslos direkt.

Gauder Akustik Arcona 60
Raum und Aufstellung: Passend für kleine und mittlere Räume, darf wandnah stehen. Einwinkeln meist nicht nötig. Auch für kurze Hörabstände.
© Hersteller/Archiv

Gauder Akustik Arcona 60: Hörtest

Der Bassfilterzweig hält unsinnig tiefe Frequenzen von den Schwingsystemen fern und vermeidet damit unnötige Membranbewegungen, die keinen akustischen Nutzen haben. Derart umsorgt, können die offensichtlich hochtalentierten Treiber ihr ganzes Talent der Musik widmen. Das gelingt ihnen so überzeugend, dass auch erfahrene Tester den Atem anhielten.

Test: Gauder Akustik Arcona 80

"Hyperballad", die treibende Hymne der isländischen Sängerin Björk, ist ein dynamisch weit ausgreifender, durchaus basslastiger Titel, der nur mit großen Boxen so richtig Spaß macht. Doch auch die zierliche Arcona 60 klingt damit auffallend körperhaft, tieftonsouverän und raumgenau - und macht dickere Boxen in nicht zu großen Räumen entbehrlich.