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Testbericht

Rega RP6 im Test

Rega schickt den legendären P5 in die ewigen Jagdgründe und stellt mit dem RP6 einen nahezu preisgleichen Nachfolger vor. Technisch an vielen Stellen verfeinert, könnte er Klang-Gefilde erreichen, die Spielern seiner Preisklasse bislang verwehrt blieben.

Autor: Bernhard Rietschel • 20.4.2012 • ca. 3:20 Min

audio, Rega RP6, Pro-Ject, plattenspieler
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Auch wenn es in diesem Bericht den Anschein hat - Plattenspieler müssen nicht unbedingt rot sein. Dass der Rega RP6 ausgerechnet im gleichen Farbton wie der Pro-Ject erreichte, war reiner Zufall. Bei genauerer Betrachtung wird dann auch schnell klar, dass der Rega einer anderen Preisklasse entst...

Auch wenn es in diesem Bericht den Anschein hat - Plattenspieler müssen nicht unbedingt rot sein. Dass der Rega RP6 ausgerechnet im gleichen Farbton wie der Pro-Ject erreichte, war reiner Zufall.

Bei genauerer Betrachtung wird dann auch schnell klar, dass der Rega einer anderen Preisklasse entstammt. Die 400 Euro, die der Pro-Ject inclusive seines exzellenten Ortofon-Systems kostet, wären beim Rega alleine schon für den hauseigenen Tonabnehmer Exact fällig.

Dass der Rega trotz der Preisdifferenz zwar schicker, aber keineswegs komplexer und massiger wirkt als sein österreichisch-tschechischer Kollege, liegt an der Konstruktions-Philosophie des englischen Unternehmens: Gut wird ein Spieler demnach nicht durch überflüssige Pfunde und unnötig komplizierte Detaillösungen Marke "von hinten durchs Knie", sondern durch ein optimales Verhältnis aus Steifigkeit, Präzision und nur soviel Masse, wie sie zum Erreichen der beiden ersten Eigenschaften absolut notwendig ist.

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Nicht nur für Techno : Der 303 gehört dank seines raffinierten, einem Stück gegossenen Rohrs zu den resonanzärmsten.
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Leicht, steif, spielfrei: Jedes neue Detail am RP6 hat seinen Ursprung in diesem Anforderungs-Dreieck. Am auffälligsten ist sicher die gelochte Alustrebe zwischen Teller- und Tonarmlager. Sie ist, ebenso wie ihr Gegenstück auf der Unterseite, fest verklebt und bildet zusammen mit dem eingeschlossenen Zargen-Segment eine enorm steife Verbindung, ohne die Masse - und damit die unerwünschte Speicherung von Energie - in die Höhe zu treiben.

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Roter Bruder: Rega RP6
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Der Teller, genauer gesagt dessen Rand, ist einer der wenigen Orte, an denen etwas Gewicht sinnvoll ist. Wie alle mittleren Rega-Modelle trägt der RP6 daher einen Rundling aus Glas - auf den kleinen Modellen rotieren stattdessen Holz oder Plastikscheiben, auf den ganz großen Geschirr aus ultradichter Aluminiumoxid-Keramik. Der Teller des RP6 besitzt auf den letzten Zentimetern die doppelte Dicke - er besteht aus zwei unsichtbar miteinander verklebten, anschließend geschliffenen und polierten Lagen Rauchglas.

Der Kunststoff-Innenteller samt eingepresster Lagerwelle entspricht dann wieder exakt dem des P5 oder auch des RP3. Rega setzt ihm hier aber eine präzise gefräste Aluminium- Krone auf. Sie schafft einerseits Bodenfreiheit für den dickeren Teller, begünstigt durch den resultierende Härteverlauf Glas --" Alu --" Kunststoff in Kombination mit den kleineren und genauer definierten Kontaktflächen aber auch Resonanzverhalten und Laufruhe.

Angetrieben wird das Subteller-Sandwich von einem 24V-Synchronmotor mit Metallpulley und Rundriemen - einer klassischen Kombination, der die Engländer beim RP6 durch ein individuell angepasstes externes Oszillatornetzteil ein Maximum an Vibrationsarmut abtrotzen. Dieses TT-PSU gab es für den P5 auch schon, allerdings - anders als beim RP6 - nur gegen Aufpreis.

Auch den Tonarm RB-303 haben wir bereits gesehen - am RP3. Äußerlich dem Klassiker RB-300 sehr ähnlich, verfügt er über einen neuen Wandstärken-Verlauf vom Headshell bis zum Lagerblock und schafft damit etwas, das zuvor als schwierig bis unmöglich galt - nämlich Steifigkeit und Resonanzarmut des klassischen Aluguss-Kunstwerks abermals zu übertreffen.

Geblieben ist die etwas umständliche Höhen-Verstellbarkeit, wenngleich sich der Arm mittlerweile viel problemloser anpassen lässt als bei älteren Regas: Einerseits ist er von oben auf das Zargenbrett gespaxt und lässt sich mühelos per Schraubenzieher - statt wie früher mit einem 30er-Gabelschlüssel - lösen. Und andererseits gibt es praktische Distanzstücke, die man einfach unterschiebt und nicht mehr umständlich von unten übers Anschlusskabel fädeln muss.

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Sandwich: Innenteller und Mitteldorn bestehen aus Plastik, eine Zwischenlage aus Alu trägt den Teller. Auf das Tellerlager gibt Rega zehn Jahre Garantie.
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Wobei sich mit Rega-eigenen Systemen nicht nur jegliche Spacer erübrigen, sondern im Fall des Exact auch die Justage extrem simpel ausfällt: Dank Dreipunkt-Befestigung sitzt die Nadel des bei Rega handgefertigten MM-Systems ohne Schabloneneinsatz in Nullkommanix an der richtigen Stelle. Dann muss man nur noch den Auflagedruck einstellen, das Antiskating grob anpassen - und erstmal ein paar Stunden Platten hören.

Es liegt in der Natur aller Rega-Spieler, dass sie schon ohne neurotische Justage-Exzesse ein Maximum an Spaß aus der Rille holen, und der RP6 bildet da keine Ausnahme: Fast schon erschreckend dynamisch baute er im AUDIO-Hörraum musikalische Spannungsbögen auf, ließ die eigenwillige Rhythmik auf Bill Callahans Meisterwerk "Apocalypse" punktgenau einrasten und stellte die knarzige Stimme des Singer-Songwriters mit exzellenter Sprachverständlichkeit in den Mittelpunkt.

Auch kritische Platten spielte der Rega unerschütterlich stabil und sauber, mit knackigen, singenden Bassläufen. Hier war er nicht nur dem RP3 voraus, sondern auch dem schönen P5, den er nach acht Produktionsjahren ablöst, um ebenso knapp wie verdient in die High-End-Klasse einzuziehen. Für einen 1300-Euro-Spieler ein sensationelles Ergebnis.

Fazit

Neben den Rega-eigenen Systemen, die die rhythmisch-erdige Seite des Klangs betonen, empfehlen sich für Freunde perfekter Abbildung und größtmöglicher Sauberkeit die 2M-Abtaster von Ortofon, insbesondere deren vonehmere Versionen 2M Black und 2M Blue. Sie passen optisch perfekt in die Rega-Headshell und machen den RP6 zu einer hochmusikalischen Herausforderungs-Suchmaschine, der es vor keiner noch so schwierigen Platte graut.