In-Ear Kopfhörer
Sennheiser Conversation Clear + im Test
Weniger Kopfhörer als Hörhilfe: Sennheisers Conversation Clear + spielen zwar auch Musik, verbessern aber vor allem die Stimmwidergabe in Gesprächen.

Seitdem im Jahr 2021 der Schweizer Hörgeräte-Hersteller Sonova die Kopfhörer-Sparte von Sennheiser übernahm, haben sich die Ziele der Klangspezialisten aus Niedersachsen merklich verschoben.
Mit dem Hinzugewonnen Know-How der Eidgenossen steht nicht länger die Soundqualität von Musik unangefochten an erster Stelle der Prioritätenliste, die Verständlichkeit von Gesprächen - gerade auch in lauten Umgebungen - ist mittlerweile mindestens genauso wichtig. Für die neusten In-Ear-Kopfhörer Conversation Clear +, die mit einer UVP von 849 Euro alles andere als günstig daherkommen, birgt das Vor- und Nachteile.
Abstriche beim Sound
War der perfekt normgerechte und bemerkenswert ausgewogene Klang viele Jahre lang das Markenzeichen von Sennheiser, lassen sich diese Attribute dem neusten In-Ear-Model leider nicht mehr guten Gewissens zuschreiben.

Im Tiefbassbereich fehlt es den Conversation Clear + an der nötigen Power, während wir den In-Ears bei den Höhen einen frühen Hochtonabfall und eine nicht gerade optimale Auflösung attestieren müssen. Wer auf hochwertige Codecs steht, schaut bei den CC+ leider ebenfalls in die Röhre. Einzig SBC bietet Sennheiser, während man aptX, aptX HD und LDAC vergeblich sucht.
Solide Dämpfung und klare Stimmen
Dem etwas mauen Klang stellt Sennheiser allerdings einen innovativen Transparenzmodus gegenüber, der Stimmen deutlich stärker hervorhebt als dies gewöhnliche In-Ear-Kopfhörer zu leisten im Stande sind.
Besonders gut klappt die Stimmverbesserung dabei in Geräuschsituationen in denen sich eine einzelne Stimme von einem eher einheitlichen Klangteppich abhebt. Tummeln sich dagegen mehrere Stimmen an einem Ort, heben die CC+ nicht nur die Worte des Gesprächspartners hörbar an, sondern alle Stimmen in der näheren Umgebung.
Des Weiteren besitzt die Transparenzfunktion ein wahrnehmbares Eigenrauschen in stiller Umgebung und erweist sich außerdem etwas anfällig bei stärkerem Wind. Beim Telefonieren zeigen sich die Sennheiser In-Ears schließlich aber wieder von ihrer Schokoladenseite. Die Sprachverständlichkeit ist hier durchgehend hervorragend.

Das ANC arbeitet ordentlich und bringt es auf eine mittlere Dämpf von immerhin 19 dB, was einen guten, wenn auch nicht herausragenden Wert in Sachen aktiver Geräuschunterdrückung markiert.
Angenehme Bedienung, durchwachsene App
Die Steuerung der Conversation Clear + klappt, wenn es um die Standard-Funktionen geht, wirklich gut. Nicht nur das Pausieren und Skippen klappt schnell und einfach, auch die Annahme von Telefongesprächen, die Auswahl des Sprachassistenten und die automatische Trageerkennung machten in unserem Test nie Probleme.
Erwartet man von seinen In-Ears jedoch mehr als nur die reibungslose Abwicklung der Basics, stößt man mit den CC+ schnell an Grenzen. In einem Zeitalter in dem die neusten kabellosen Kopfhörer bereits Bluetooth 5.3 zur Verfügung stellen, hängt man bei Sennheiser immer noch bei dem bereits deutlich veralteten 4.2 Standard fest, wodurch man nach Features wie Google-Quick-Pair oder einer Multipoint-Anbindung vergeblich sucht.

Für die vergangenen In-Ear-Modelle hatte Sennheiser seine Smart-Control-App in den zurückliegenden Jahren stetig verbessert und die einstige Schwäche mit großem Aufwand ausgemerzt, ja man zeigte sich sogar auf einem guten Weg sie in eine echte Stärke umzumünzen.
Als Nutzer der Conversation Clear + darf man sich vor diesem Hintergrund durchaus etwas wundern, dass die neuen In-Ears nicht mehr mit der Smart-Control-App kompatibel sind, sondern mit der Conversation-Clear-App eine gänzlich neue Applikation an die Seite gestellt bekommen.

Während die neue Sennheiser-App das wichtigste Feature, die Sprachverständlichkeit, sinnvoll in den Vordergrund rückt und hierbei eine sehr genaue Justierung der Stimmwidergabe ermöglicht, lässt sie jedoch viele der Features vermissen, an die man sich zuletzt bei Sennheiser bereits gewöhnt hatte.
So fehlen der App etwa ein Equalizer, vordefinierte Klangprofile, die Möglichkeit die Trageerkennung auszuschalten, eine Multi-Point-Anbindung, Google-Quick-Pair, für eine schnelle Verbindung und noch eine Handvoll weiterer Features. Dass man sich für die Nutzung der App zudem erst per Mail und Passwort anmelden muss, macht die Nutzung nicht eben einfacher oder angenehmer.
Langer Atem und guter Sitz
Keinerlei Beschwerden lassen sich schließlich im Bezug auf die Ausdauer der neuen Sennheiser In-Ears vorbringen. Geht den meisten kleinen Sound-Stöpseln nach etwa 5-6 Stunden die Puste aus, schaffen es die Conversation Clear + auf einen hervorragenden Ausdauerwert von 543 Minuten und liefern somit über 9 Stunden ununterbrochene Musikwidergabe. Ein echter Top-Wert!

In Sachen Halt und Tragekomfort macht Sennheiser mit den Conversation Clear + im Vergleich zu früheren Modellen einen deutlichen Schritt nach vorne. Mit 12 Gramm zählen die Sennheiser In-Ears zwar immer noch nicht zu den leichtesten Vertretern auf dem Markt, sind jedoch deutlich schlanker als ihre Vorgänger.
Ein weiterer Pluspunkt: Die Ohrstücke ragen nicht mehr so weit aus dem Ohr, wie es etwa noch bei den Sennheiser Momentum TWS 3 der Fall war. Der zentralere Schwerpunkt und das geringere Gewicht der CC+ sorgen somit für einen deutlich höheren Tragekomfort.
Der angenehme Sitz entsteht dabei wesentlich auch durch den verbesserten Halt. Neben den obligatorischen drei Wechsel-Aufsätzen für die Ohrstücke, liefern die Conversation Clear + auch noch drei abnehmbare Wingtip-Aufsätze, die den Halt in der Ohrmuschel zusätzlich verbessern.

Während die Ohrstücke selbst vergleichsweise klein und leicht geraten sind, lässt sich dasselbe leider nicht über das klobige Case der CC+ sagen. Mit 6,5 x 6,5 x 2,7 cm ist die Ladebox in etwa doppelt so groß wie ein herkömmliches In-Ear-Case.
Fazit
Sennheisers Conversation Clear Plus mit klassischen Kopfhörern zu vergleichen stellt von vornherein einen etwas problematischen Ansatz dar. Die Musikwidergabe, die für herkömmliche In-Ears das A und O ist, erscheint bei den CC+ eher wie ein Zusatz-Feature. Herzstück der neuen Sennheiser In-Ears ist die Stimmverbesserung durch den ausgeklügelten Transparenzmodus.
Die sehr gute Sprachverständlichkeit sowohl in belebten Räumen als auch beim Telefonieren auf der einen, sowie das Fehlen zahlreicher Features und Schwächen im Bereich der Musikwidergabe auf der anderen Seite, machen die CC+ letzten Endes zu einem Spezialisten, der eher nicht für die breite Masse, sondern für eine spitze Zielgruppe gedacht ist, die ihre In-Ears auch als Hörhilfe nutzen möchte.