Withings U-Scan im Test: Urinanalyse für den Hausgebrauch

"Die Vermessung der Welt" ist ein Bestseller von Daniel Kehlmann. Die Vermessung des eigenen Körpers eine Aufgabe, der sich Gesundheitsbewusste heute auf vielen Ebenen widmen können. Withings, der französische Spezialist für smarte Gesundheits-Gadgets, steuert mit dem U-Scan ein neues Kapitel bei.

Das Prinzip in Kurzform: Der sogenannte Reader wird mit einer Kartusche bestückt in die Toilette gehängt und analysiert mehrmals pro Woche den Urin. Die Ergebnisse werden in der Withings-App aufbereitet. Für die Nutzung ist die Premium-Version Withings+ nötig, die beim Kauf eines U-Scan inklusive ist. Normalerweise kostet Withings+ 9,95 Euro im Monat oder 99,50 Euro im Jahr und bietet vor allem in Kombination mit weiteren Withings-Geräten umfassende Einblicke in die körperliche Verfassung. etwa mit der Körperanalysewaage Body Scan (hier unser Test). Die erstellt unter anderem bei jedem Wiegen ein EKG, mit Withings+ kann man die Aufzeichnungen vierteljährlich kostenlos von Kardiologen auswerten lassen.

Kartuschen für unterschiedliche Zielsetzung

Zurück zum U-Scan. Withings offeriert unterschiedliche Kartuschen bzw. Starter-Sets. Aktuell sind diese Varianten erhältlich:

• Nutrio (mit dem Fokus auf Ernährung bzw. den Stoffwechsel)
• Calci (mit dem Fokus auf Kalzium und der damit verbundenen Gefahr für Nierensteine)

Wir haben den U-Scan mit Nutrio-Kartusche getestet. Das Grundprinzip ist bei allen Varianten identisch: Das System besteht aus dem runden U-Scan Reader, drei unterschiedlich großen Halterungen für die Toilette und der U-Scan Station, die zum Aufladen und zur Tiefenreinigung dient. Zunächst wird der U-Scan mit der Withings+-App gekoppelt. Das funktioniert per Bluetooth, danach kann man ihn in sein WLAN einbinden und die Messdaten fortan darüber empfangen.

Sehr gut: Die App führt einen Schritt für Schritt durch die Inbetriebnahme. Als erstes wird die Kartusche, die in einer luftdichten Verpackung steckt, in den Reader gelegt. Den muss man dazu aufdrehen, was uns mit bloßen Händen nicht gelungen ist. Lesen bildet, speziell beim Thema Bedienungsanleitungen: Mit den mitgelieferten dünnen Gummihandschuhen hat's sofort funktioniert.

Nun wählt man die passende Halterung, hängt den Reader ein und platziert das Ganze vorne am Toilettenrand, so ragt der Reader ausreichend weit in die Schüssel hinein. Im nächsten Schritt wird man nach der Mittagsessenszeit gefragt, anhand derer Withings je nach Paket an zwei oder mehreren Tagen pro Woche das ideale Zeitfenster für die Messungen plant. Die sollten 4 bis 9 Stunden nach dem Mittagessen erfolgen.

Die Messung selbst startet man in der App. Ist das System aktiviert, blinkt eine LED am Reader. Nun hat man 2 Minuten Zeit, um möglichst zielgenau auf den Reader zu pinkeln.

Sobald der Sensor im U‑Scan Urin erkennt, saugt eine kleine Pumpe eine geringe Menge der Flüssigkeit an und transportiert sie in eine interne Analysekammer. Dort sitzt das Mini‑Labor: eine wechselbare Kartusche mit kleinen Teststreifen.​ Die ändern je nach Ausrichtung auf den Biomarker die Farbe, was ein optischer Sensor erfasst und an die App übermittelt. Nach Abschluss des Messvorgangs wird der Rest der Probe über einen Auslass wieder abgeführt, beim nächsten Spülgang wird das System automatisch gespült und gereinigt.

Nach circa 20 Minuten sind die Ergebnisse in der App abrufbar. Die bereitet die Daten optisch ansprechend auf, ordnet die Ergebnisse ein und informiert in knappen Worten, was bei Werten außerhalb des Zielbereichs zu tun ist. Die Nutrio-Kartusche bestimmt folgende Biomarker:

• Keton-Level: zur Überwachung möglicher Stoffwechselveränderungen
• Vitamin-C-Spiegel: wichtig für die Aufnahme von Eisen und als Antioxidants zur Stärkung des Immunsystem
• Bio-Säuregehalt (pH): Bestimmung des pH-Werts – ist der Säure‑Basen‑Haushalt ausgeglichen, sinkt die Belastung für die Nieren
• Hydro-Status: anhand des spezifischen Gewichts des Urins wird der Flüssigkeitshaushalt des Körpers bestimmt

Hohe Folgekosten

Im Proactive-Paket, das in der kleinsten Stufe zwei Messungen pro Woche vorsieht, hält die Kartusche rund 3 Monate. Der Ersatz wird automatisch über den Withings-Account initiiert, pro Lieferung (eine neue Kartusche plus ein Tütchen Reinigungspulver) fallen 99,95 Euro an. Übers Jahr gerechnet kommen also selbst im kleinsten Paket zum Kaufpreis von 350 Euro rund 400 Euro Folgekosten dazu – das ist happig. Wer öfter messen will, muss öfter austauschen und zahlt entsprechend noch mehr.

Kein geringes Invest, zumal der U-Scan kein medizinisch valides Testgerät ist, sondern laut Withings "nur für allgemeine Fitness- und Wellnesszwecke konzipiert". In unserem Fall lagen drei von vier Werten stets im grünen Bereich, nur der pH-Wert war durch die Bank zu niedrig (zu sauer). Knappe Empfehlung der App: Mehr basische Lebensmittel essen. Weitere Auskunft gibt der KI-Link unter jedem Messwert, der in unserem Fall basische Lebensmittel aufführt und auf den Einwand, dass die bereits einen Großteil unserer Ernährung ausmachen, auch Tipps gibt, was zu vermeiden ist. Das hat uns persönlich jetzt nicht wirklich weitergebracht, ist aber im Hinterkopf für den nächsten Arztbesuch gespeichert.

Fazit: Self-Tracking mit Potenzial

Für Menschen, die sich gesund ernähren, dürfte sich der Erkenntnisgewinn aus der U-Scan-Nutrio-Analyse in Grenzen halten. Als Frühwarnsystem taugt der U-Scan aber allemal. Wer ambitioniert Sport treibt, kann die Selbstoptimierung damit einen Tick weiterdrehen, muss aber einiges an Geld investieren. Wer Gefahr läuft, Nierensteine zu entwickeln, behält mit der Calci-Kartusche den Kalziumspiegel im Blick. Dank der Wechselkartuschen hat der U-Scan Potenzial, Withings könnte weitere Einsätze für die Bestimmung von Zucker, Eiweiß, Nitrit, Bilirubin oder roten und weißen Blutkörperchen anbieten.