Xiaomi X20+: Smarte Reinigungsstation zum Kampfpreis

Darf's ein bisschen mehr sein? Getreu diesem Motto wurden aus den einfachen Saugrobotern vergangener Tage peu à peu ultra- komfortable Reinigungsstationen, die ihren Besitzern auch noch den letzten Handgriff abnehmen. Die nicht nur fleißig Saugen und Wischen und beim Überfahren von Teppichen automatisch den Turbo einschalten sowie die Wischmopps anheben, damit der schöne Textilboden nicht nass wird. Sondern auch den Staub absaugen, das Putzwasser nachfüllen und die WIschmopps selbstständig reinigen - samt anschließender Heißlufttrocknung.

Da Hindernisse im Idealfall ebenfalls erkannt und automatisch umfahren werden, beschränkt sich der manuelle Nutzereingriff bei solchen Komplettlösungen nur noch darauf, alle paar Wochen oder Monate den den Frischwasserbehälter aufzufüllen, den Abwasserkübel auszuleeren und den Staubbeutel auszutauschen.

Einziger Haken an der Sache: Solche Mega-Saugroboter sind in der Regel teuer. Unter 800 Euro war so eine Multifunktionsanlage bislang nicht zu bekommen. Doch das stimmt so nicht mehr: Der Robot Vacuum X20+ von Xiaomi verspricht für 400 Euro eine in dieser Preisklasse bislang nicht dagewesene Funktionsvielfalt. Doch kann er dieses Versprechen auch einlösen?

Xiaomi X20+ Saugroboter: Solide Bodenreinigung

Blicken wir zunächst auf den Roboter selbst: Er hat die klassische runde Form mit einem Durchmesser von 35 Zentimetern. Trotz Navigationsturm ist er mit 9,7 Zentimetern nicht allzu hoch und kommt somit auch unter etliche niedrige Möbel. Die Orientierung im Raum erfolgt klassisch per LDS-Lasernavigation. Zusätzlich befindet sich vorne ein Sensor, der Hindernisse erkennen soll, denen der Roboter ausweicht.

Beides - Navigation wie Hindernisumfahrung - funktioniert recht gut, wobei nicht alles, was im Weg liegt, tatsächlich erkannt wird. Aber da tun sich die meisten Saugroboter noch etwas schwer. Auch die Navigation ist ab und zu etwas holprig, was die Reinigungsleistung aber nicht beeinträchtigt.

Bei der ersten Ausfahrt wird die Karte erstellt, der - wie wir noch sehen werden - beim X20+ eine besondere Rolle zukommt. Wie üblich lassen sich Sperrzonen und virtuelle Begrenzungen definieren. Türschwellen bis zu 20 Millimetern überwindet der Roboter problemlos. Wenn nötig, lassen sich in der App auch mehrere Grundrisse speichern.

Zum Einsammeln von trockenem Schmutz kommt eine Seitenbürste und eine 20 Zentimeter breite, schwimmend gelagerte Hauptbürste mit Lamellen und Borsten zum Einsatz, um die sich leider viele Haare herumwickeln, von denen man sie regelmäßig befreien muss. Die Saugkraft beträgt 6.000 Pa, was einen durchschnittlichen, im Alltag aber dennoch ausreichenden Wert darstellt.

Wischsystem mit Hindernissen

Die Nassreinigung übernehmen zwei runde Wischmopps, die sich im Betrieb an den Boden drücken und dabei rotieren, sodass sie im Prinzip auch leicht angetrocknete Flecken ordentlich entfernen. Die Nassreinigung erfolgt allerdings nicht gleichmäßig - schlicht, weil der X20+ keinen eigenen Wassertank hat. Die Mopps kommen, nachdem sie gereinigt werden, nass aus der Station und zehren danach von dem dort aufgenommenen Wasser. Je länger die Putzfahrt dauert, desto trockener werden die Tücher. Entsprechend verschlechtert sich auch die Reinigungsleistung kontinuierlich und es entstehen runde Schlieren auf dem Boden.

Man kann zwar einstellen, ob die Mopps nach 5, 8 oder 10 geputzten Quadratmetern Boden gereinigt und somit neu bewässert werden, und auch die beim Boxenstopp aufgenommene Wassermenge ist regulierbar. Dennoch ist diese Lösung nicht optimal, schon allein weil die Reinigungsdauer entsprechend länger wird.

Das gilt auch für den Umgang mit Teppichen: Wie die meisten hochpreisigen Saugroboter ist der X20+ zwar in der Lage, seine Mopps anzuheben, damit im gemischten Saug-Wisch-Modus Textilböden nicht nass werden und alles in einem Schwung erledigt werden kann. Was dem Xiaomi-Gerät allerdings fehlt, ist die automatische Teppicherkennung. Einen entsprechenden Sensor auf der Unterseite hat der Hersteller bei diesem Modell vermutlich aus Kostengründen schlicht eingespart.

Beim X20+ gibt es deshalb die Möglichkeit, Teppiche in der Reinigungskarte zu positionieren. Die exakten Standorte zu definieren, braucht allerdings meist mehrere Versuche. Zudem sind nur rechteckige Formen hinterlegbar. In den so definierten Bereichen werden die Mopps beim Wischen angehoben und gleichzeitig beim Saugen die Saugkraft verstärkt. Auf Wunsch kann man per App auch einstellen, dass Teppiche bei der Reinigung komplett links liegen gelassen werden.

Reinigungsstation: Automatisierung ist Trumpf

Das Prunkstück des Produkts ist aber zweifellos die Reinigungsstation - in seiner Preisklasse ein absolutes Novum. Wie bei Premiummodellen sorgt sie dafür, dass der Benutzer - vom Entfernen von Haaren aus der Hauptbürste und dem gelegentlichen manuellen Reinigen der Station abgesehen - kaum noch selbst Hand anlegen muss.

Der Staubbeutel, in den der trockene Schmutz nach jeder Putzfahrt entleert wird, fasst 2,5 Liter und muss nur in größeren Abständen ausgetauscht werden. Das Volumen der beiden Wasserbehälter - einer für frisches, der andere für Schmutzwasser- beträgt sogar jeweils 4 Liter. Wobei es sich aus hygienischen Gründen empfiehlt, den Abwasserbehälter nicht erst auszuleeren, wenn er randvoll ist. Das Frischwasser wird wie erwähnt dazu genutzt, in regelmäßigen Abständen die Mopps in der Station auszuwaschen und sie gleichzeitig mit Wischwasser zu versorgen.

Nach Abschluss der Bodenreinigung werden die Wischtücher in der Station trockengefönt - im Gegensatz zu teureren Geräten erfolgt das allerdings nicht mit Heißluft, sondern mit der normalen Raumluft, also in Zimmertemperatur. Das verlängert zwangsläufig die Dauer der Mopptrocknung. Auch das Wasser für die Moppwäsche wird in der Station nicht vorab erwärmt, was nicht ganz so hygienisch ist als es bei der Verwendung von heißem Wasser wäre.

Einrichtung und Bedienung: nicht alles intuitiv

Die Ersteinrichtung des X20+ im WLAN ist recht schnell erledigt, wobei wie bei den meisten Saugrobotern nur Heimnetze mit 2,4-GHz unterstützt werden (also keine 5-GHz-Netze). Dazu muss vorab die Xiaomi Home App installiert werden.

Die App selbst bietet für den Betrieb von Roboter und Station zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten einschließlich etlicher Automatisierungsoptionen. Wobei sie insgesamt etwas unübersichtlich daherkommt. Manche Funktionen sind nicht unbedingt selbsterklärend. Beispielsweise bedeutet "Selbstreinigung der Station", dass der Benutzer die Station selbst reinigt - da muss man erstmal draufkommen.

Die App bietet aber auch pfiffige Funktionen, etwa um den Account mit Mitbewohnern zu teilen oder um "Strategien zur Reinigung" festzulegen. Danit ist gemeint, ob sich der Roboter eher vorsichtig und damit möbelschonend durch die Wohnung bewegen soll oder ob die Reinigungseffizienz im Vordergrund stehen soll, was mit mehr Kollisionen einher geht.

Gefallen hat uns auch, dass für verschiedene Räume verschiedene Reinigungsmodi definiert werden können. Auf Wunsch lässt sich der Fahrweg des Roboters auch manuell über die App steuern. Apropos Steuern: Neben der App-Bedienung lässt sich der X20+ auch auf Zuruf bedienen, wahlweise über Amazons Alexa oder den Google Assistant.

Fazit: Der Preis ist heiß

Wer einen Saug-Wisch-Roboter mit automatischer Absaugstation und selbstständiger Moppreinigung sucht, muss normalerweise tief in die Tasche greifen. Nicht so beim Robot Vacuum X20+. Für 400 Euro bringt Xiaomi ein Gesamtpaket, das seinesgleichen sucht. Über einzelne Funktionseinschränkungen und Automatisierungslücken kann man daher großzügig hinwegsehen.