Nokia Communicator E90 im Dauertest
Er ist bereits der sechste seiner Art, seit Nokia 1996 mit dem Communicator 9000 den Grundstein für die erfolgreiche Modellreihe legte. Doch keiner ging mit derart vielen Vorschusslorbeeren an den Start. Im Dauertest ist zu ermitteln, ob er ihnen im Alltag auch gerecht wird.

- Nokia Communicator E90 im Dauertest
- Interview: "Aktuell keine Wartezeiten"
- Software für den E90
- Zubehör für den E90
- Tipps, Tricks & Tuning
- Fazit: Pro und Contra zum E90
Während die letzten Communicators jeweils mit einem Handicap ins Rennen starteten, bringt das E90 nominell alles mit, was derzeit möglich ist. Dem 9210 fehlte 2001 zum Beispiel GPRS als Datendienst, den Nachfolgern 9500 und 9300(i) wiederum UMTS. Und alle ließen den Vibrationsalarm vermissen....
Während die letzten Communicators jeweils mit einem Handicap ins Rennen starteten, bringt das E90 nominell alles mit, was derzeit möglich ist. Dem 9210 fehlte 2001 zum Beispiel GPRS als Datendienst, den Nachfolgern 9500 und 9300(i) wiederum UMTS. Und alle ließen den Vibrationsalarm vermissen.

Das E90 dagegen, im Frühjahr 2007 auf dem 3GSM-Kongress in Barcelona vorgestellt, lässt keine Wünsche offen. Es beherrscht HSDPA und WLAN für schnelles Internet, ist in allen GSM-Netzen weltweit einsatzbereit, hat einen GPS-Empfänger zur Navigation an Bord und hält mit Musicplayer und 3,2-Megapixel-Kamera auch Multimedia-Funktionen bereit.
Für die eingefleischten Communicator-Fans stellt das E90 dennoch eine gewisse Herausforderung dar. Denn während die Vorgänger ab dem 9210 mit dem Symbian-Betriebssystem, aber einer eigenen, auf den Communicator zugeschnittenen Oberfläche (Serie 80) daherkamen, setzt Nokia beim E90 auf die gängigere Serie-60-Oberfläche (S60).
Der Vorteil: Aufgrund der großen Verbreitung von S60 ist das Software-Angebot sehr umfassend. Wer bereits ein S60-Modell benutzt hat, kann mit dem Communicator also schnell loslegen. Serie-80-Nutzer müssen sich dagegen umstellen und vermissen teilweise hier und da eine Funktion.

Wirklich geschäftstüchtig?
So wurde der Vorwurf laut, wirklich businesstauglich sei das E90 nicht. Und man muss schon zugeben: Wer etwa sein komplettes Outlook mit allen Details auf dem E90 erwartet, wird enttäuscht. So fehlt in Kalender und Adressbuch die Möglichkeit, verschiedene Ordner anzulegen. Adresskategorien aus Outlook gehen bei der Synchronisation aufs E90 verloren. Auch einen Regelassistenten, mit dem sich ankommende Mails auf verschiedene Ordner verteilen lassen, gibt's nicht.
Wer wirklich Outlook eins zu eins dabeihaben will, ist mit einem Windows-Mobile-Gerät sicher besser bedient. Dennoch sind die meisten E90-Besitzer mit dem Funktionsumfang bei den Business-Talenten vollauf zufrieden. Dass der Communicator auch E-Mail-Anhänge darstellt und man einfache Word- und Excel-Dateien bearbeiten kann, wird gelobt. Und wenn eine Funktion wirklich fehlt, lässt sich vieles mit Zusatzsoftware nachrüsten.
Ein echter Computer
Der Communicator ist ein kleiner Computer und bringt entsprechende Eigenheiten mit. Erstens: Mit Abstürzen muss gerechnet werden. Ganz genau feststellen, woran das liegt, lässt sich nicht immer. Während connect-Kollege Wolfgang Boos über regelmäßige Abstürze klagt, läuft mein E90 stabil. Auch aus dem Forum berichten die E90-Benutzer kaum über Abstürze.

Aber ärgerliche Bugs sind immer drin, "Wolf57" berichtet zum Beispiel: "Probleme habe ich zeitweise beim Freisprechen mit meiner Parrot-3100-Freisprecheinrichtung. Es passiert immer mal wieder, dass die Bluetooth-Verbindung abbricht und sich die Geräte erst durch Ab- und erneutes Einschalten vom E90 koppeln lassen. Das lief vorher mit einem E65 und einem E61 problemlos."
Zweitens: Der Communicator will gepflegt werden - und zwar mit regelmäßigen Software-Updates. Besitzer von ungebrandeten Geräten kommen hier schneller zum Zug, für Modelle mit Netzbetreiber-Software dauert die Veröffentlichung eines Updates meist etwas länger. Um die Software auf den neuesten Stand zu bringen, muss auf dem PC der Nokia Software Updater installiert werden. Den gibt's kostenlos auf der Nokia-Site unter "Service und Software/Software".
Vor dem Download Daten sichern!
Diese Anwendung prüft, welche Version auf dem E90 installiert ist und ob eine neuere Variante zum Download bereitsteht und führt dann den Download und die Installation auf dem Communicator durch. Achtung: Vor dem Update sollten die Daten auf dem E90 am besten auf der Speicherkarte gesichert werden. Dazu klickt man unter "Menü/System/Speicher" auf "Optionen" und wählt "Telefonspeicher sichern".
Mit neuer Software lassen sich auch eventuelle Stabilitätsprobleme oftmals lindern: "Anfangs stürzte es oft ab, aber als ich ein Firmwareupdate gemacht habe, lief es sehr stabil," berichtet etwa Forumsmitglied "navigon7". Zudem ist teilweise ein kleiner Fortschritt beim dritten Problem zu erkennen. Denn wie bei vielen echten Computern fehlt auch dem E90 das letzte Quäntchen Rechenpower.
Zwar hat Nokia die S60-Geräte in letzter Zeit deutlich beschleunigt. Dennoch dauert etwa der Aufruf eines gut gefüllten Adressbuchs knapp zwei Sekunden, die Kamera startet in gut drei Sekunden. Das ist zwar nicht wirklich dramatisch, bremst einen im Alltag aber doch ein wenig aus. Im direkten Vergleich mit dem iPhone zeigt sich der Unterschied ganz deutlich: Selbst über das EDGE-Netz surft das Apple-Handy schneller als ein E90 über WLAN. Das langsamste Glied der Kette scheint hier bereits die Prozessor-Performance im Gerät zu sein.
Flecken auf dem Display
Ausstattung hui, Verarbeitung so lala - das E90 bestätigt, was für viele Nokia-Modelle gilt. Zwar sind die meisten Communicator-Besitzer mittlerweile zufrieden. "Die Verarbeitung ist hochwertig, gutes Material und nach neun Monaten noch keine Verschleißerscheinungen wie Kratzer, ausgeleierte Scharniere oder milchiges Display", lobt beispielsweise "cgbln" im connect-Forum. Und vom Display abgesehen führt uns der Communicator dank seiner matten Oberfläche nicht wie so viele andere aktuelle Handy ständig vor Augen, dass die menschliche Haut doch nicht so trocken und sauber ist, wie wir uns das gerne vorstellen.
Doch anfangs gab es viele Klagen über den teuren Nobelhobel. Die Tastatur innen drückte bei vielen Geräten auf das Display, hinterließ dort Flecken und das ungute Gefühl, ob das nicht doch auf lange Sicht zu Schäden führt. Hier hat Nokia mittlerweile nachgebessert und bei den folgenden Chargen die Tastatur gar verändert.
Außerdem stehen die Geräte nicht immer wackelfrei auf den vier gummierten Füßchen. Damit lässt sich zwar ebenso leben wie mit dem leicht wackelnden Akkudeckel, bei einem derart teuren Gerät sollten solche Sperenzchen trotzdem nicht vorkommen.

Klagen über die Servicequalität
Zu den Problemen bei der Markteinführung gesellte sich laut connect-Lesern noch ein vorsichtig formuliert suboptimaler Service. Forums-Mitglied "hnp" etwa klagt: "Über zwei Monate Wartezeit für ein Austauschgerät, welches ebenfalls fehlerhaft ist: Als Business-Smartphone hat sich das E90 damit für mich disqualifiziert. Ausstattung und Technik des Geräts suchen im positiven Sinne ihresgleichen. Der inkompetente, unflexible und unvollständige Service ebenfalls - im negativen Sinne."
Die meisten sind zufrieden
Nachdem wir jetzt die Finger in die Wunden gelegt haben, mag das Gesamtbild sehr negativ erscheinen. Doch auch wenn Jubelarien anders klingen: Die meisten E90-Besitzer sind zufrieden mit ihrem Communicator. Denn die Kombination aus zwar großem, aber in geschlossenem Zustand noch bequem mit einer Hand bedienbaren Handy und aufklappbarem Mini-Computer, der mit großem Display und vor allem guter Tastatur als mobiles Büro herhalten kann, überzeugt.

Zumal die Ausstattung wirklich mächtig ist: Von "super" bis "sehr zufrieden" reicht das Urteil der meisten Dauernutzer. "Lange überlegte ich vor dem Kauf, bis heute würde ich es wieder kaufen", zieht beispielsweise "famk" im connect-Forum ein positives Fazit aus seiner E90-Ehe.
Aber sicher ist auch: Vom regelmäßigen Software-Update bis zur Nachsicht bei kleineren Bugs - wer mit seinem Communicator glücklich werden will, muss sich auf ihn einlassen.