Smartphone-Kamera: Das bedeuten die Messwerte
- camera quality benchmark: So testen wir Smartphone-Kameras
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Unseren Informationen nach gibt es in Deutschland kein Testverfahren für Smartphone-Kameras, mit dem eine vergleichbare Menge an Daten ausgewertet wird. Doch um welche Daten handelt es sich genau? AuflösungDie Auflösung bestimmen wir im ersten Schritt über einen schwarzweißen Siemensstern, dess...

Unseren Informationen nach gibt es in Deutschland kein Testverfahren für Smartphone-Kameras, mit dem eine vergleichbare Menge an Daten ausgewertet wird. Doch um welche Daten handelt es sich genau?
Auflösung
Die Auflösung bestimmen wir im ersten Schritt über einen schwarzweißen Siemensstern, dessen Kanten nicht scharf, sondern entsprechend einer Sinuskurve weich moduliert sind, damit die Nachschärfung der Smartphones nur moderat zugreift. Die Grenze der Auflösung ist erreicht, wenn der Bildkontrast auf 10 % des Eingangskontrasts sinkt (MTF10).
Jeder Siemensstern wird in acht Segmente geteilt, diese werden getrennt ausgewertet und dann gemittelt. Das Ergebnis ist damit richtungsunabhängig.
Auf unserem Testbild finden Sie sieben Siemenssterne mit hohem Kon trast (1) und drei Siemenssterne mit niedrigem Kontrast (2). Da die Kameras bei der Signalverarbeitung auch kontrastabhängige Berechnungen einsetzen, ist es wichtig, dies im Test abzubilden.

Randabfall
Da die Siemenssterne auf dem Testchart in drei verschiedenen Abständen zur Bildmitte angeordnet sind, können wir den Randabfall der Auflösung bestimmen. Er ist zunächst eine Eigenschaft des Objektivs. Im Normalfall fällt die Auflösung zu den Rändern je nach Objektivqualität mehr oder weniger stark ab.
Doch wiederum spielt die Signalverarbeitung eine Rolle. Denn mit Nachschärfung und Kantenanhebung lässt sich die Auflösung grundsätzlich beeinflussen. Und das führt in den Ecken immer wieder zu höheren Auflösungen als im Bildfeld. Doch wenn ein Hersteller zu aggressiv dabei vorgeht, führt dies zu einem unnatürlichen, zu harten und künstlichen Bildeindruck.

Zentrierung
Gerade bei Smartphones sind nicht immer alle Optiken perfekt vor die Linse justiert. Aber auch der Transport kann zu Dejustierungen führen. Wir vergleichen deswegen bei allen Kameras die Auflösung der vier Siemenssterne in den Bildecken. Bei schlecht zentrierten Optiken messen wir dann Differenzen von mehreren 100 Linienpaaren/Bildhöhe.
Feinzeichnung
Schräg unter dem Dead-Leaves-Feld mit hohem Kontrast (3) steht ein Dead-Leaves-Feld (4) mit niedrigem Kontrast. Auf diesen farbigen Strukturen bestimmen wir ebenfalls die Auflösung sowohl für hoch- wie auch für niedrigkontrastige Strukturen. Schließlich ist die Welt vor der Kamera nicht nur bunt, sondern auch voller unterschiedlicher Kontraste.
Auf den Dead-Leaves-Feldern messen wir die Auflösung der farbigen Strukturen für einen Grenzkontrast von 50 %. Die Grenze der Dead-Leaves-Auflösung ist also erreicht, wenn der Bildkontrast auf 50 % des Eingangskontrasts sinkt (MTF50). Die niedrigkontrastigen Strukturen liefern so beispielsweise einen Messwert für die Erhaltung feiner Strukturen ohne Maximalkontrast im Bild.
Das Dead-Leaves-Muster
Das „Dead-Leaves“-Testfeld (engl. tote Blätter) besteht aus einer zufälligen Anordnung von Kreisen, die wiederum einen zufälligen Radius und eine zufällige Farbe aufweisen. Das resultierende Muster ähnelt in der Verteilung der Ortsfrequenzen einer natürlichen Szene. Ist die Verteilungsfunktion von Position, Radius und Farbe der Kreise bekannt, lässt sich das Leistungsspektrum vorhersagen.
Im ersten Testverfahren wurde das Leistungsspektrum der Vorlage (bekannt) mit dem Leistungsspektrum im Bild (gemessen) verglichen. So kann für jede Ortsfrequenz bestimmt werden, ob und wie gut diese Frequenz übertragen wurde (DL direct).
Kontrastreiche Strukturen (Dead-Leaves-High-Contrast-Feld) können die meisten Kameras gut erhalten, bei kontrastarmen Strukturen (Dead-Leaves-Low-Contrast-Feld) müssen zahlreiche Modelle dagegen passen, sodass in den Fotos Details fehlen.

Das Problem: Kameras entfernen bzw. reduzieren nicht nur Details im Bild, sondern fügen durch Rauschen und Artefakte auch Details hinzu. Das optimierte und hier genutzte zweite Testverfahren für Dead-Leaves-Messungen berücksichtigt genau das und bewertet den Kurvenverlauf. Es ist im Gegensatz zum ersten Verfahren nicht mehr von Artefakten beeinflusst.
Beim Vergleich von altem (DL direct) und neuem Verfahren (DL cross) ergibt sich zudem die Möglichkeit, eine Aussage über die Artefakte im Bild zu treffen. Bei der Bildanalyse geht nicht mehr nur der theoretische Frequenzgehalt (Leistungsdichtespektrum) in die Berechnung ein, sondern es wird mit einem theoretisch idealen Bild der Vorlage und dem Kamerabild gerechnet (Kreuzleistungs-Dichtespektrum). Nur die tatsächlich übertragenen Frequenzen werden nun berücksichtigt und Artefakte wie das Rauschen ignoriert (DL cross).
Artefakte und Rauschen
Die Kamera rechnet im Zuge der Bildoptimierung Artefakte als zusätzliche und damit falsche Strukturen ins Bild. Wir vergleichen bei den Dead-Leaves-Feldern (3 und 4) das Kamerabild mit dem Ausgangsbild auf der Testtafel. So erkennt die Software, welche Strukturen im Bild mit welchem Kontrast erhalten bleiben und welche als Artefakte neu hinzugekommen sind.
Unser Testverfahren setzt auf die der visuellen Wahrnehmung angepasste Rauschbewertung VN. Hohe VN-Werte stehen für starkes Rauschen. Neben den Graufeldern (5) betrachten wir auch das Rauschen auf den Farbfeldern (6). Das Rauschen ist zudem helligkeitsabhängig, was wir ebenfalls erfassen und bewerten.

Kantenanhebung
Alle Kameras optimieren die Kantenabbildung, damit das Bild schärfer und detailreicher erscheint. Die Kantenanhebung verbessert die Auflösungs- und Dead-Leaves-Werte, was bei maßvollem Einsatz sinnvoll ist. Ohne Kantenanhebung wirken Fotos konturenlos; übertrieben eingesetzt, wirkt das Bild jedoch beschädigt.
Verstärkt die Kamera eine Kante, wird aus der auf gezeichneten abgeflachten Rechteckkurve nicht die ideale Rechteckkurve der Vorlage, sondern eine verstärkte mit leichten Über- und Unterschwingern. Das ist maßvoll erwünscht, wird aber gern übertrieben. Im Bild begleiten dann feine, aber hässliche Parallellinien die Kanten. Diese können sowohl hell als auch dunkel sein.
Unsere Kanten (7) sind in zwei verschiedenen Abständen zur Bildhöhe angeordnet, immer als hoch- und niedrigkontrastiges Paar und immer horizontal sowie waagerecht ausgerichtet. Eine richtungsabhängige Nachschärfung ist nicht ungewöhnlich und wird von uns so mit zwei Kontrastvorlagen erfasst. Wir nutzen die Kantenwerte für hohen und niedrigen Kontrast, um die Dead-Leaves- und Auflösungsergebnisse zu bewerten.

Farbwiedergabe
Unser Labor ermittelt nicht nur den Farbabstand DeltaE für jedes Farbfeld (6), sondern auch die Differenz in der Farbsättigung, im Farbton und in der Helligkeit. Der abgedruckte Wert nennt die mittlere Abweichung DeltaE.
Wie unsere Beispiele zeigen, sieht die eine Kamera ein grünes Farbfeld, wo die andere ein blaues Feld erfasst. Auch die Helligkeit der Farbfelder zueinander schwankt von Kamera zu Kamera sichtbar. Hinzu kommt, dass nicht jede Kamera alle Farbfelder trennen kann. Bei nachlassendem Licht nimmt die Farberfassung weiter ab.

Verzeichnung
Gekrümmte Linien an den Bildrändern kennt man vor allem von Superweitwinkelaufnahmen. Da kann eine gerade Hauswand schon einmal kurvenartig dargestellt werden. Bei den Weitwinkel- und Teleobjektiven werden diese Fehler per Software aus den Bildern herausgerechnet, was meist gut funktioniert. In den Ecken erscheinen Kreise dennoch manchmal als kleine diagonale Linien.
Bei Superweitwinkelkameras lässt sich die Verzeichnungskorrektur je nach Hersteller an- und abschalten. Die bei diesen Objektiven meist – notwendig – starken Korrekturen können zu Verzerrungen in den Ecken, zu Auflösungsverlusten, Rauschanstieg und Artefakten führen. Die im Bild verbliebene Verzeichnung bestimmt das Testlabor über die Passkreuze.
Auswertung
Mit der Messung eines Highend-Smartphones ist ein Messtechniker unseres Testlabs einen vollen Arbeitstag beschäftigt. Es geht nicht nur um die Datenerfassung, sondern auch um die Auswertung, die mit einer Software der auf Fotomesstechnik spezialisierten Firma Image Engineering erfolgt.
Im letzten Schritt werden die Daten in die verlagseigene Datenbank übertragen und die Fotoqualität der einzelnen Brennweiten sowie der qb Score errechnet.