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B&W 802 D3 im Test

Die neue B&W 802 D3 ist sofort als Vertreterin der studiobewährten Erfolgsserie zu erkennen. Dabei hat sie bis auf die runden Formen des Mehrkammergehäuses kaum etwas gemeinsam mit der Vorgängerin. Klingt sie auch anders?

Autor: Stefan Schickedanz • 30.11.2016 • ca. 3:50 Min

B&W 802 D3 Standboxen
B&W 802 D3 Standbox
© B&W

Was macht für Sie das Markante an einer B&W 802 aus? Sind es die einzelnen, organisch geformten Kammern für Höhen, Mitten und Bässe? Sind es die auffälligen gelben Kevlar-Membranen für den Mitteltonbereich? Oder ist es der Nautilus-Fortsatz des Diamant-Hochtöners?Auf den ersten Blick ist ...

Pro

  • geniale Auflösung und Präzision
  • kann extrem laut
  • unkritisch für Verstärker

Contra

  • hoher Preis

Fazit

Audio-Klangurteil: 106 Punkte; Preis/Leistung: sehr gut

  Hervorragend

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Was macht für Sie das Markante an einer B&W 802 aus? Sind es die einzelnen, organisch geformten Kammern für Höhen, Mitten und Bässe? Sind es die auffälligen gelben Kevlar-Membranen für den Mitteltonbereich? Oder ist es der Nautilus-Fortsatz des Diamant-Hochtöners?

Auf den ersten Blick ist bis auf die Farbe des 15 cm durchmessenden Mitteltöners alles beim Alten geblieben. Doch schon durch die Oberflächen und die auffallenden Einfassungen der stilprägenden doppelten Tieftöner entsteht ein neuer, futuristischer Look, der gleichzeitig eine Brücke zur Vergangenheit schlägt. Und die Oberflächen sind nicht nur Dekor. Das Geniale am B&W-Design war schon immer das zur Schaustellen der Materialien, aus denen die Box besteht. Das galt bereits für die Kevlar-Membranen oder für die bisher aus Marlan, einem Kunstharz mit Mineralfüllstoff, bestehenden Kammern für die Mittel- und Hochtöner sowie für die am Stück gebogenen Schichtholzgehäuse für die Tieftonsektion.

Der Unterbau der 3-Wege-Bassreflex-Box, an der rein gar nichts wie üblich an eine Holzkiste erinnert, besteht weiter aus einer Matrix-Konstruktion aus besonders festem, in Handarbeit am Firmensitz in Südengland gebogenen Mehrschicht-Birkenholz, das neuerdings an den wesentlichen Spannungspunkten mit Metall verstärkt wird. Speziell in glänzendem Weiß wirkt die stromlinienförmige 802 D3 extrem spacig.

B&W 802 D3 Rückseite
Um den Temperaturdrift der Bauteile zu verringern, gibt es jetzt Kühlrippen, die gleich über die gesamte Rückseite reichen.
© B&W

Ihre beiden 20-cm-Tieftöner werden durch runde „Tube“ genannte Einfassungen aus mattem Aluminium aus der Front hervorgehoben. Die Membranen bestehen jetzt statt aus Rohacell aus einem dreilagigen Karbon-Schaumstoff-Sandwich namens Aerofoil. Die Umstellung soll gerade bei maximaler Auslenkung mehr Steifigkeit bringen.

Auch der Mitteltöner besteht aus einem Gewebe, von dem sich B&W weniger Verfärbungen verspricht. Nach fast zwei Jahrzehnten wenden sich die Briten nach intensiver, CAD-gestützter Materialforschung vom Schusswesten-Werkstoff ab. Kevlar avancierte nämlich nicht nur zu einer Art Markenzeichen, es stand auch in Verdacht, einen Eigenklang zu erzeugen. Mit der ohne Sicke aufgehängten Continuum-Membran sollen Resonanzen schneller abklingen, sie soll in der Bewegung später aufbrechen.

Der Hochtöner besteht weiter aus Kunstdiamant, ruht jetzt aber in einem besonders resonanzarmen Gehäuse aus Aluminium, das hinten über den durchbohrten Polkern in ein bedämpftes Nautilus-Röhrchen mündet, in dem sich die rückseitigen Schallanteile der 2,5-cm-Kalotte totlaufen. Mit dieser Idee erreichte B&W seinerzeit eine deutlich gesteigerte Klarheit im Hochton. Eine mit Gel bedämpfte Lagerung des Hochtöners folgt der Zero-Tolerance-Strategie in Bezug auf störende Resonanzen.

Zusammen mit dem neuen Mitteltöner und dessen ebenfalls aus Aluminium bestehenden Turbine-Head-Gehäuse soll die B&W 802 D3 folglich einen großen Schritt in Richtung Neutralität machen. Mit diesem Ziel vor Augen wurden auch die Lautsprecherkörbe neu entwickelt, die sich jetzt noch weniger in die Musik einmischen sollen als bisher.

B&W 802 D3 von oben
Im bedämpften Nautilus-Fortsatz laufen sich rückseitige Schallanteile der Diamant-Kalotte tot.
© B&W

Die abgefahrenste Tuning-Maßnahme versteckt sich auf der Rückseite – wobei verstecken sich nur auf die gewöhnlich der Wand zugewandte Position bezieht. Sie bewirbt mit ihren aus massivem Aluminium gefrästen Kühlrippen den Fortschritt so deutlich, dass auch der schöne Rücken Entzücken beim Betrachter auslöst. Weil sich die aufwendig aufgebaute Frequenzweiche bei hohen Pegeln erhitzt und sich damit die Werte der elektrischen Filterbauteile verändern, spendierten ihr die Konstrukteure – wir vermuten: in seltener Eintracht mit den Designern – Kühlrippen über die gesamte Rückwand.

Selbst zur Basis der Box lässt sich einiges erzählen. Sie wurde resonanzarm und sehr solide ausgeführt und verfügt über einen ausgeklügelten Rollen-/Spikes-Mechanismus, der die Aufstellung im Hörraum sehr erleichterte. Die fast 100 Kilo schwere B&W verwöhnte dann mit einem schlicht superben Klang. Sie verband perfektes Timing mit äußerster Neutralität und extremem Auflösungsvermögen. Wo die zum Vergleich von der Schwesterzeitschrift stereoplay ausgeliehene Vorgängerin sich kleine Eigenheiten erlaubte, herrschte jetzt die reine Lehre: Sie glänzte mit einem kontrollierteren, strafferen Tiefbass. Das war allerdings eher das Tüpfelchen auf dem i.

Bei der Neuauflage haben die Konstrukteure endlich für Gleichbehandlung von Mitten und Höhen gesorgt. Der neue Mitteltöner geht das Tempo und die Auflösung des überragend präzisen Diamanthochtöners mit. Und auch tonal hat B&W jetzt eine ausgewogene Balance gefunden: Statt flächig abzubilden und Stimmen unterzubelichten, hört man jetzt jedes Detail klar und deutlich. Die 802 D3 überschüttet einen mit Feinheiten – etwa vom Lufholen von Janis Joplin bis zum Vorecho ihrer Stimme im Kult-Song „Mercedes Benz“. Ist das noch ein Lautsprecher?

B&W 802 D3
Ein dreilagiges Karbon-Kevlar-Sandwich namens Aereofoil ersetzt die Rohacell-Bas-Membranen der bisherigen Variante.
© B&W

Da braucht man schon einen hochwertigen Kopfhörer, um das nachzuvollziehen. Doch welcher Kopfhörer bietet eine solche Räumlichkeit und kann Schlagzeug derart authentisch, kraftvoll und verzerrungsfrei wiedergeben? Die B&W schafft eine extrem hohe und breite Bühne, die seitlich sogar über die Lautsprecher hinaussreicht. Q-Sound-Effekte vom Roger- Waters-Album „Amused To Death“ stehen präzise im Raum: Der Ferrari in „Too Much Rope“ rast mitten durch den Raum.

Selbst mit gewöhnlichen Rocksongs erreicht die 802 D3 eine Dynamik und Attacke, die man sonst allenfalls von audiophilen Drum-Solos à la Charly Antolini kennt. Die neue B&W verbindet Analysefähigkeit mit packendem Thrill – eine Box, die man unbedingt haben will.

Fazit

Als der Hörtest im Kasten war, begann das Vergnügen. Ich blieb ewig sitzen und legte eine CD nach der anderen ein, weil ich süchtig war nach dieser Authentizität, Abbildung und dem phänomenalen Punch. Die B&W 802 D3 ist ein absolut neutraler, hochauflösender, dabei emotional packender Ausnahme-Lautsprecher, der in Sachen Abbildungsstabilität, Fokus und Präzision Maßstäbe setzt. Die 802 macht aber auch im Preis ein gewaltigen Satz.

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