Testbericht

Lautsprecher Avalon Indra

15.8.2007 von Redaktion connect und Holger Biermann

<div>Die Keramik-Membranen von Thiel gelten als die besten, aber schwierigsten des Weltmarkts. Avalon-Chef Neil Patel hat sie bei der neuen Indra (26000 Euro pro Paar) offensichtlich perfekt im Griff.

ca. 3:20 Min
Testbericht
  1. Lautsprecher Avalon Indra
  2. Datenblatt
Avalon Indra
Avalon Indra
© Archiv
Bei Avalon in Boulder/Colorado gehen die Uhren bewusst langsamer als in den sonst eher hektischen USA. Firmenlenker Neil Patel ist nicht nur ein brillanter Lautsprecherentwickler, sondern auch ein belesener Philosoph, der seinen Schopenhauer genauso gut kennt wie Schiller und Goethe. Und Patel weiß, das Hektik einem Produkt wie Avalon schlecht zu Gesicht steht. Auch wenn der Weltmarkt nach mehr giert: Den Output an Boxen hat er auf maximal 20 pro Monat begrenzt.
Chassis
Die auffälligen Schrägen gehören genauso zum akustischen Konzept wie der Bespannrahmen, der beim Hören unbedingt auf der Schallwand sitzen sollte. Das macht das Klangbild ruhiger und räumlicher.
© Julian Bauer

Der Qualitäts-Fanatiker beharrt darauf, dass jene beiden Mitarbeiter, die schon seit 25 Jahren Montage und Endkontrolle ausführen, auch heutigen Modellen den finalen Schliff verpassen. Das limitiert die Stückzahlen, sorgt aber für den selten-innigen Umgang: Eine Avalon wird komplett im Haus aufgebaut. Nur die letzten beiden Lackschichten überlassen die Schreiner den Profis einer Lackiererei. Die Gehäuse der Patel'schen Schallwandler (Ausnahme: die schlanke Symbol, Test 5/04) sind in ihrer Machart alle sehr ähnlich: stattlich und perfekt verarbeitet. Die Abmessungen erfüllen, wo immer es möglich und sinnvoll ist, dem Goldenen Schnitt, und die Wandstärke erreicht an einigen Stellen (Beispiel Schallwand) die 12-Zentimeter-Marke! Dabei geht es nicht nur um höchste Stabilität - die akustisch wichtigen Abschrägungen können die Schreiner einfach aus dem Vollen sägen.

So auch bei der neuen Indra für 26 000 Euro pro Paar. Knapp einen Meter hoch und mit einer Dreiwege-Kombination bestückt, ist sie der familienhierarchisch kleineren Opus für 19 000 Euro sehr ähnlich. Allerdings wiegt die Indra zehn Kilo mehr. Die zusätzlichen Pfunde stecken in der Doppelbassbestückung mit zwei 17-Zentimeter-Treibern (Opus: ein 20er) und in der stattlichen, zweigeteilten Frequenzweiche (Bass/Mittelhochton).

Hoch- und Mitteltöner
Die Mittel- und Hochtöner von Thiel sind längst Erkennungszeichen von Avalon. Die extrem harte Membran verleiht ihnen den einzigartigen Klang. Die Indra arbeitet selbstverständlich mit Sonderanfertigungen.
© Julian Bauer

Auf die beinharten Mittel- und Hochtöner mit Keramik-Membranen vom deutschen Spezialisten Thiel schwört Patel schon seit Jahren, und dass er mit dieser Vorliebe wohl richtig liegt, zeigen andere Superboxen wie die Lumen White Silver Flame oder Isophon Arraba (stereoplay 11/06), bei denen just diese Chassis für überlegenen Klang sorgen. Die "Schnelligkeit" von Keramik-Membranen ist unerreicht, allerdings sind ihre Resonanzen so ausgeprägt, dass man sie bedämpfen sollte. Patel erledigt dies in der Indra so konsequent wie nie zuvor: Jede noch so kleine Frequenzgangdelle bügelt er mit einer ganzen Batterie von Schwingkreisen aus. Man kann es so ausdrücken: Mit der Erfahrung um die Eigenheiten der Keramik-Membranen wuchsen auch die Patel'schen Weichen. Gemeinhin verhindern so aufwendig bestückte Frequenzweichen einen guten Wirkungsgrad.

Das Messlabor ermittelte bei der Indra dennoch über 84 Dezibel (2 Volt / 1 Meter), was guter Durchschnitt ist, den potentiellen Besitzer aber nicht davon entbindet, bitteschön wenigstens 100 exzellente Watt zur Verfügung zu stellen. Der Frequenzgang der Indra weist zwei Besonderheiten auf: die Extraportion Bass um 150 Hertz und die kleine Senke darüber. Letztere kann man elegant mit einem Abstand von nur etwa einem halben Meter zur Rückwand "auffüllen". Der Bass hingegen fordert einen Verstärker mit guter Kontrolle und in jedem Fall den Einsatz der beiliegenden Spikes: Das Reflexrohr strahlt nach unten; erst über die Spikes entsteht der von Patel definierte Abstand zum Boden.

Die Indra braucht vor dem Hörtest wenigstens 100 Stunden Einspielzeit. Kalt aus der Holzkiste klang sie verschnupft und grob - um dann Tag für Tag besser zu werden. Nach einer Woche verblüffte uns die Indra dann mit einer einzigartigen Durchzeichnung. Die Harfe in Friedemanns "Eine kleine Zupfmusik" von der Titel-CD 5/07 stand plastisch und atemberaubend echt im Hörraum. Die einzelnen Töne bekamen eine Feinzeichnung und Klarheit, als wäre plötzlich "scharf" gestellt worden. Auch Stimmen verlieh die Indra so viel Luft und Ausdruck, dass es eine wahre Freude war, die einzelnen Akteure aus dem Chor des Bach'schen Weihnachtsoratoriums (DG) herauszuhören. Im Vergleich zur Silver Flame von Lumen White, immerhin amtierende stereoplay-Referenz, punktete die Indra mit dem gefälligeren, weil besser eingebundenen Bass. Beide Boxen agieren hier nicht wirklich trocken, sondern unterfüttern die Musik mit Wärme - was der Indra noch besser gelingt.

Obwohl mit sehr ähnlichen Chassis bestückt und wie die Indra eher hell timbriert, zeigt die Silver Flame einen gänzlich anderen Charakter: Sie spielt energischer, impulsiver, lebendiger, rauer und baut eine eher große Bühne. Die Avalon ist der besser situierte Schallwandler mit kleinerer, aber genauerer Abbildung und der neutraleren, fast zarten Wiedergabe. Ein "besser" oder "schlechter" ist im Vergleich dieser beiden Super-Lautsprecher kaum auszumachen; es sind Geschmacksfragen. Dass die Lumen letztendlich einen Zähler Vorsprung behielt, lag einzig an ihrer höheren Pegelfreudigkeit. Das sollte niemanden davon abhalten, die Indra intensiv anzuhören. Ihre atemberaubende Transparenz ist derzeit ohne ernsthafte Konkurrenz.

Avalon Indra

Avalon Indra
Hersteller Avalon
Preis 26000.00 €
Wertung 64.0 Punkte
Testverfahren 1.0

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