Testbericht

ProAc Response D 100

10.1.2008 von Redaktion connect und Malte Ruhnke

Der Retro-Schein trügt: Die mannshohe ProAc Response D 100 ist eine durch und durch moderne Box.

ca. 3:15 Min
Testbericht
  1. ProAc Response D 100
  2. Datenblatt
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© Archiv

Auf einigen ProAc-Lautsprechern prangt die provozierende Aufschrift "Proudly made in England" - und der Union Jack. Bei dieser Unternehmenskultur kann es kaum verwundern, dass gerade ein Boxen-Flaggschiff aus dem Mutterland des Spleens ein paar schrullige Besonderheiten auffährt. Die ProAc Response D 100, 25000 Euro teuer, leistet sich manche heute nur noch selten anzutreffende Eigenheit: turmhohe Echtholzgehäuse oder auch zwei der schon fast unter Artenschutz stehenden Mitteltonkalotten. Diese waren einst berühmt für ihre transparente und dynamische Mittenwiedergabe.

Gross und klein

Besonders unverdient ins Abseits gerieten die Mitteltonkalotten, die vom Trend zu Billigboxen, Zweiwege-Konstrukten und Sub/Sat-Sets fast hinweggefegt wurden. Als hätten sich durch den jahrzehntelangen Dornröschenschlaf irgendwo überschüssige Kontingente an Kalotten gebildet, baut der englische Traditionshersteller ProAc gleich zwei der Riesen in sein Spitzenmodell ein. Die akustischen Vorteile: die große Schwingspule, die thermische Probleme kaum kennt. Da die Kalotte außen angetrieben wird, neigt sie auch nicht zu abstrahlungsschädlichen Partialschwingungen. Deshalb kann ihre Membran deutlich weicher ausfallen als bei Konus-Tönern. Dazu kommen noch einige Tricks: Eine hornähnliche Schallführung sorgt schon unterhalb der Eigenbündelung für eine Richtwirkung, zudem spielen beide Mitteltonkalotten parallel. Dies führt zur Schallauslöschung, sobald das Messmikrofon (oder das Ohr) die ideale Ebene zwischen den beiden Tönern verlässt. Grundsätzlich ein positiver Effekt, weil so Schallreflexionen an Boden, Decke und Tischen verringert werden - doch leider geschieht das nicht frequenzneutral.

Auch der Hochtöner verdient Beachtung: Die von ProAc selbst entwickelte und gefertigte Gewebekalotte sieht auf den ersten Blick recht unscheinbar aus, typisch britisches Understatement eben. Die Qualität des Töners steckt im Detail. Seine große Sicke und eine kleine Schallführung drum herum sollen für eine besonders transparente und klirrarme Wiedergabe selbst bei flacherer Trennung sorgen. Den Erfolg der Maßnahmen bestätigte das Messlabor von AUDIO: Erst bei Pegeln über 100 Dezibel gelang es, überhaupt einen minimalen Klirr von 0,3 Prozent in der Spitze nachzuweisen.

oben und unten

Zwei Zehnzöller sind in gebührendem Abstand oben und unten auf der Schallwand verbaut. Obwohl dadurch keine nennenswerten Bündelungseffekte entstehen, macht das raumakustisch Sinn: Durch den großen Abstand werden gerade die vertikalen Resonanzen im Raum weit weniger angeregt als bei einem einzigen, gar noch bodennahen Chassis.  Ein Blick auf die Messungen beweist, dass hier modernste Technik verbaut wurde: Sehr klirrarm und völlig frei von Nachschwingern und Resonanzen spielen die beiden bis 400 Hertz hinauf - die Kalotten verlangen nach hohen Trennfrequenzen.

Wer die imposante Box von weitem anschaut, übersieht womöglich das im Bodensockel eingelassene Reflexrohr und hält sie für eine geschlossene Konstruktion. Den musikalisch wichtigen Anteil des Tiefbasses produzieren die beiden Basschassis direkt. Das kostet zwar in der Theorie Maximalpegel, sorgt aber für eine phasen- und zeitrichtige Basserzeugung und verhindert das gefürchtete "Hinterherhinken" der Tiefsttöne.

Hören und Rücken

Das Spitzenmodell der Engländer erwies sich im AUDIO-Hörraum als aufstellungskritische Box, die beim Probelauf nach dem Motto "Anschließen und im Stehen hören" eine veritable Enttäuschung produzieren kann. Wie gut sie aufspielt, hängt vor allem von der Hörhöhe ab. Erst nach längerem Probieren gelang es, alle Ohren genau auf die Höhe des Hochtöners zu bringen - und voila: Die ProAc riss die Redaktion mit maximalem Detailreichtum und ultimativer Transparenz mit.

In der Aufstellung "parallel zur Wand" verschwand die leichte Höhenbetonung, und bei "Coming Home" mit der Carol Noonan Band ("Ladies' Favorites", ZOUNDS) gelang ihr dabei das Kunststück, selbst feinste Details aus der CD zu kitzeln, ohne den Hörer zu überfordern oder das Klangbild zu sezieren, dabei aber auch dynamisch und anspringend zu klingen. Bei anspruchsvollen Klassikaufnahmen wendete sich jedoch das Blatt: Beim Chor in  Webers "Freischütz" (Kubelik) waren die Akteure über die ProAc zu präsent und nicht ganz standsicher an der Bühnenkante drängelten. Fast hatte man den Eindruck, die Sänger wollten sich gegenseitig in den Orchestergraben schubsen. 

Box und Amp

Schon während des zur Einpunktung obligatorischen Umschaltvergleichs zeigte die Response einen ordentlichen Kennschalldruck (87 dB), zudem hat sie mit 50 eine günstige AK - die Redaktion riskierte deshalb eine Hörrunde mit Röhrenverstärkern.  Als Volltreffer erwies sich dagegen die Reference 110 von Audio Research, die ProAc-Vertriebsmann Werner Barden für einen anderen Vergleich in die Redaktion gebracht hatte: Sie dämpfte die etwas exponierten Höhendetails der Response D 100 und sorgte für eine optimale Balance zwischen Dynamik, Detailreichtum und neutralen Klangfarben.  Das Duo ProAc & Audio Research darf man  getrost als Idealpaarung bezeichnen - die Klangabstimmung der Partner gleicht sich geschickt aus.

 

ProAc Response D-100

ProAc Response D-100
Hersteller ProAc
Preis 24000.00 €
Wertung 101.0 Punkte
Testverfahren 1.0

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