Praxistest
Raumakustik-Prozessor von McIntosh
McIntosh bietet einen audiophilen Raumakustik-Prozessor an. Der MEN 220 (5850 Euro) ist obendrein leicht zu handhaben.


Praktisch niemand dürfte in seinem Zuhause über einen Raum und eine Komponenten-Kette verfügen, die perfekt und fehlerfrei funktionieren. Was liegt also näher, als die auftretenden Probleme am Hörplatz zu analysieren und mittels Signal-Processing gegenzusteuern? In Surround-Verstärkern ist das selbst in kleinen Preisklassen längst üblich, im High-End-HiFi-Sektor leider exotisch, obwohl er etwa in Tonstudios schon immer üblich war - der letzte Schliff per Equalizer.
Mit dem MEN 220 bietet McIntosh eine Lösung, die klanglich ausgewogene Ergebnisse erzielt - und die selbst weniger Technik-affine Laien problemlos handhaben sollten. Das Raumkorrektur-System ist als typischer Einschleifprozessor gedacht und kann entweder in eine echte Prozessorschleife - Tape-Monitor geht auch - oder zwischen Vor- und Endstufe sowie zwischen Vorverstärker und Aktivboxen geschaltet werden, wahlweise per Cinch oder XLR.

Dafür bietet der 220er Stereo-Eingänge und doppelte Stereo-Ausgänge. Letztere verraten die integrierte Aktivweiche, mit der man zum Beispiel auf höchstem Niveau einen Subwoofer ansteuern kann. Hierbei lassen sich für die Hauptboxen, die dann zu Satelliten werden, und den Bass-Erzeuger getrennt die Filtercharakteristik, die Einsatzfrequenz und die Laufzeitdifferenzen in Zentimetern angeben.
Da der Name McIntosh für höchstes High-End-Niveau steht, gehört zum Lieferumfang ein professionelles Messmikrofon mit einem ausgewachsenen Galgen-Ständer. Wie schon beim Test des Surround-Vorverstärkers MX 150 (10/2010) befinden sich im Innern als Hirn der Raumkorrektur feine OEM-Platinen des dänischen Digitalspezialisten Peter Lyngdorf . RoomPerfect nennt dieser sein bewährtes Korrektursystem, das die Tester bereits im SurroundPreamp überzeugte.

Digital kann man heute auf vieles Einfluss nehmen, die größte Kunst besteht daher darin, genau zu analysieren, an welchen Parameter man wie viel oder - fast noch wichtiger - besser weniger schraubt. Entsprechend liegt das Geniale weniger in der Korrektur selbst als in der Analyse der Akustik. Und genau das scheint Peter Lyngdorf ausgezeichnet im Griff zu haben.
Zunächst positioniert man das Mikro exakt am wichtigsten Hörplatz. Nach einer Reihe von Messtönen, die an ein Orgelgewitter erinnern, fordert das System auf, weitere Positionen im Raum zu dessen Analyse zu messen. Dabei sollte man das Mikro in allen drei Dimensionen vom Hörplatz entfernen, um nach und nach sämtliche Raummoden zu erfassen. Das funktioniert Schritt für Schritt sowie mit kurzen, klaren Anweisungen in dem (englischsprachigen) Display.

Heraus kommen zwei Grund-Hörmodi, optimiert auf den Hörplatz (Focus) oder, softer korrigiert, für den größten Teil des Raums (Global). Mehrere Focus-Prositionen lassen sich ausmessen. Darüber gestülpt werden Zielfrequenzgänge, "Voicing" genannt. Sieben Voicings von Neutral (linear) bis Loudness (Bass und Höhen betont) sind programmiert. Per Computerprogramm lassen sich auch eigene Voicings definieren und über die serielle Schnittstelle einspielen.
Was bei den praktischen Tests dabei herauskam, klang so gar nicht nach digital korrigiert. Mit aktivem RoomPerfect wirkte das Klangbild irgendwie vollständiger, die leichte Grundtonschwäche im Hörraum verschwand, ohne dass man das Gefühl bekam, hier habe eine Aufdickung stattgefunden. Der Dynamikverlust, häufig ein Problem einfacherer Equalizer, war kaum merklich. Hier fehlte nur bei direktem Umschalten ein Hauch, den aber die Ausgewogenheit und Unaufdringlichkeit des korrigierten Klangbilds leicht überkompensierten.
Harsche Korrekturen mag der McIntosh MEN 220 nicht, es gibt kein Glattbügeln um jeden Preis. Grobe Raumprobleme sollten also vorher akustisch gelöst sein. Wenn es dann aber gilt, eine fehlende Balance sowie klangliche Tendenzen des Raums und der Kette zu tunen, fühlt sich der Mac in seinem Element. Immer wieder verblüffte, wie unauffällig und unaufdringlich der Prozessor agierte. Erst beim Zurückschalten auf Bypass nach längerem Hören merkte man, wie gut der McIntosh MEN 220 eigentlich tut.