Plattenspieler
VPI Scout II im Test
Die meisten Analog-Fans dürften VPI aus New Jersey wegen seiner exzellenten Platten-Waschmaschinen kennen. Was der neue Plattenspieler Scout II kann, zeigt der Test.

Langjährigen AUDIO-Lesern dürfte VPI vielleicht auch noch bei Laufwerken ein Begriff sein. "Noch", denn das letzte Mal als ein Plattenspieler dieser Firma auf den Redaktions-Prüfstand landete, ist genau 15 Jahre her (TNT MK4, 29.100 Mark).
Das konnte so nicht bleiben, zumal die Laufwerke "Made in USA" unter vinyl-affinen HiFi-Fetischisten einen exzellenten Ruf genießen. Bei VPI ist man stolz darauf, noch als traditionelles, familiengeführtes "Old-School"-Unternehmen zu bestehen, das - wie es sich gehört - die lokale Industrie unterstützt und jegliche Laufwerks-Teile (bis auf den Arm-Lift) in den USA fertigt.
Manch einem dürfte unser Testgerät Scout II jedoch irgendwie bekannt vorkommen. Aus gutem Grund: Optisch gleicht er seinem Vorgänger, dem Scout, bis auf wenige Unterschiede wie ein Ei dem anderen.
Nach drei Jahrzehnten Plattenspielerbau ist Firmenchef Harry Weisfeld zur Erkenntnis gekommen, das Rad nicht neu erfinden zu müssen, sondern viel mehr bestehende Konstruktionen im Detail weiter zu pflegen und zu verbessern. So spendierten die VPI-Entwickler dem Nachfolger des Scout einen neuen Plattenteller, einen überarbeiteten Antrieb und einen neuen Tonarm. Doch der Reihe nach...
Born in the USA
Der VPI Scout II ist ein riemengetriebenes Masselaufwerk. Das Gewicht bringt vor allem der wuchtige Teller mit sich, der im Vergleich zum Kunststoff-betellerten Ur-Scout das auffälligste Update darstellt. Der 4,8 cm hohe Teller besteht bei unserem Probanden aus massivem Aluminium, wobei eine dicke, bäuchlings eingearbeitete Stahlplatte potenzielle, klangschädigende Eigen-Resonanzen unterdrücken und nebenbei auch gleich das Gewicht erhöhen soll.
Der Teller dreht sich VPI-typisch auf einem invertierten Lager mit Messingbuchse und einem Edelstahl-Dorn samt Keramik-Kugel. Der Taktgeber ist eine schwere Motordose, die zwecks mechanischer wie auch elektrischer Entkopplung separat in eine Aussparung an das Chassis geschoben wird.
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Die Zarge ist eine Sandwich-Konstruktion aus MDF und Stahl. Oben liegt die Faserplatte, nach Kundenwunsch hochglänzend oder matt, stets jedoch schwarz lackiert, darunter versteckt sich die Stahleinlage - im Klopftest verhält sich der Doppeldecker inert wie ein Felsblock.
Der Tonarm (JMW-9 T) misst neun Zoll und beeindruckt mit seiner hochpräzisen Fertigungsqualität. Als klassischer Einpunktler balanciert er lediglich auf einer gehärteten Metallspitze und erfordert daher etwas Fingerspitzengefühl in der Justage - das Gegengewicht beeinflusst Auflagedruck und Azimuth zugleich.
Das Tonarmrohr ist in seinem Inneren mit einer speziellen Bedämpfungsmasse beschichtet, die es von Eigenresonanzen befreien soll. Die aus dem Tonarm geführten Signalkabel finden via Lemo-Stecker Anschluss am Cinch-Terminalblock - das Arm-Oberteil lässt sich somit in wenigen Handgriffen austauschen.
Hörtest
Die AUDIO-Tester wählten zunächst den wunderhübsch verarbeiteten, exzellent klingenden MC-Abtaster "Yosegi" von EAT und den Creek Wyndsor in der Rolle des Phono-Amps. Als allererstes landete "Moanin'" von Art Blakey & The Jazz Messengers auf dem Teller. Und was der Scout II aus diesem live eingespielten Jazz-Klassiker schuf, war schmackhafteste audiophile Feinkost.
Wie auf einem Silbertablett voller harmonisch angeordneter Hors d'oeuvres stellte er etwa den Raum mit einer herrlich blumig-lieblichen Luftigkeit im Mittelhochton dar, die einem das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. Der Hauch Extra-Wärme im Oberbass ging auf die Kappe des Yosegi. Denn mit einem Ortofon Jubilee tönte der Bass etwa in Tok Tok Toks Version von "Come Together" nun stramm und aufgeräumt - ohne engbrüstig zu wirken.
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Wärmer ging es mit dem Yosegi auch im Hochton zu: Ohne Detailreichtum einbüßen zu müssen, zeichnete der Scout ein noch seidiger schimmerndes Firmament - genau der Klang-Himmel, unter dem Vinyl-Fans am liebsten träumen.