Testbericht
Vollverstärker Pass INT 150
Bei seinem jüngsten Verstärker INT 150 (7200 Euro) wagte es Pass erstmals, Vor- und Endstufe in ein gemeinsames Gehäuse zu stecken. Kommt da so viel raus wie aus den berühmten separaten Amps?
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Der Verdacht, dass sich der Hersteller so renommierter Produkte wie der Monoblöcke X 600 (7/02) oder der Phono-Vorstufe XOno (10/01, beide 61 Punkte) sich nun mit dem Vollverstärker INT 150 dem Volk andient, kann nur für einen Moment bestehen. Denn beim Preis von 7200 Euro fühlt sich Otto Normalverbraucher immer noch zuverlässig abgeschreckt. Darüber hinaus wird er die zu den Seiten heraus und gefährlich nach schräg oben ragenden Kühlrippen fürchten.
Na ja, vier Hochpegeleingänge und ein Pre-Out, wobei neben den Cinch- auch alternativ einzusetzende symmetrische Buchsen zur Verfügung stehen: Die Ausstattung reißt ihn auch nicht vom Hocker. Ihn beeindrucken höchstens der gigantische, gefühlt und gemessen für über 800 Watt gute Netztrafo und die Seitenwand-Formationen von summa summarum 40 kernigen Endtransistoren.
Den wahren Wert eines Pass-Verstärkers erahnt aber nur der Kenner. Einer, der weiß, dass die im kalifornischen Foresthill ansässige Firma seit ihrer Gründung im Jahre 1991 keine Mühe und keinen Aufwand scheut, um einerseits eine besonders nachdrückliche und andererseits eine super symmetrische wie unumwunden direkte und somit möglichst natürliche Verstärkung zu suchen.

Ganz so minimalistisch konnte es bei einem Vollverstärker allerdings nicht mehr hergehen. Logischer Weise braucht er seine Goldkontakt-Relais für die Eingangswahl sowie zwei ICs (zweikanalige Maxim DS 1802) für die 63-stufige Pegeldämpfung. Danach benötigt er - gegenüber den Endstufen - einen ganzen Schlag mehr an Vorverstärkung: Vier oder gar nur zwei Transistoren reichen nicht mehr. Die Schaltung mit den ingesamt zwölf Halbleitern, die stereoplay wegen neuartiger Geheimniskrämerei der Amerikaner nun eben selber aus Platinenbahnen und Messungen heraus analysierte, zelebriert nach wie vor das Prinzip allerhöchster Symmetrie. Auch bei dieser Anordnung liegt es auf der Hand, dass sie von Zwillingsleitungen aufgefangene Gleichtakt-Störungen restlos eliminiert. Und dass sie Cinch-Einpol-Signale zu zweigleisigen umspannen kann.
Diese eilen dann jeweils links und rechts zu zwei wie Bild und Spiegelbild aufgestellten Endstufen, deren Feldeffekt-Endtransistoren dank vom Stromkanal isolierter Lenkelektroden relativ leicht auszusteuern sind. Und die dann die angeschlossenen Boxen - mit je einer Abteilung für Plus und einer für Minus, also nach dem Brückenprinzip - umso entschlossener an die Kandare nehmen.

Der INT 150 erwies sich - besonders bei symmetrischer Ansteuerung, die zu plastischeren Abbildungen führt - in der Tat als ein geradezu ideales Vehikel, um ausgedehnte musikalische Reisen zu unternehmen. Vor allem auch ins Abgründige: Dort, wo mindere Verstärker nur noch dunkel rumoren, zeigt der Amerikaner immer noch Ordnung, Pracht und Vielfalt. Vom großflächigen Beben über herrlich federnd-satte Fußtrommel-Kicks bis hin zu sensiblem Kontrabass-Singen, für all dies hielt der Pass grenzenlose Gestaltungskraft und eine Palette an warmen Klangfarben bereit.
Ebenso ein reiner Hochgenuss, mit dem Pass Stimmen zu folgen: etwa der pausbäckig-süßen von Vienna Deng oder der südländisch-männlichen von Juan Carlos Caceres (stereoplay-SACD "Ultimate Tunes").
Dickes Lob erntete der INT 150 auch für leuchtende und schwebende Vibraphon-Klänge oder für intensiv sengende Bluesgitarren. Erst ganz oben, quasi schon an dünner Luft, zeigte ihm etwa ein ansonsten untenrum zaghafterer Pathos Logos (12/05, 56 Punkte) seine Grenzen auf: Der Italiener sorgte für noch mehr Licht und feine Aura. Fest steht: Auch der Doppel-Pass besitzt schon das Klangformat der separaten Großen.