Interview mit Michael Martin - CEO 1&1 Mobilfunk
- 5G-Netzausbau bei 1&1
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- Weitere Infos: OpenRAN und Netzarchitektur
„Der Hochlauf startet jetzt durch. Bis Ende 2023 planen wir, über circa 1200 Antennenstandorte zu verfügen. Bis 2025 wollen wir mit über 7000 Standorten rund 25 Prozent der deutschen Haushalte abdecken.“...

„Der Hochlauf startet jetzt durch. Bis Ende 2023 planen wir, über circa 1200 Antennenstandorte zu verfügen. Bis 2025 wollen wir mit über 7000 Standorten rund 25 Prozent der deutschen Haushalte abdecken.“
Herr Martin, wo steht 1&1 aktuell beim Ausbau seines Mobilfunknetzes?
Bei unserem Kernnetz, das die Antennen steuert und versorgt, sind wir gut unterwegs. Neben zwei Core-Rechenzentren gibt es bereits 20 dezentrale Edge-Rechenzentren und 70 regionale Far-Edge-Rechenzentren. Bei den Antennenstandorten sieht es bekanntlich nicht so gut aus. Ende April hatten wir 20 davon in Betrieb, weitere rund 80 befinden sich in Betriebnahme. Im Juni sollen es bereits 160 sein. Bis Ende 2023 planen wir, über circa 1200 Standorte zu verfügen – der Hochlauf startet jetzt also durch. In der Folgezeit wollen wir dann jährlich rund 3000 dazunehmen, sodass wir bis 2025 mit über 7000 Standorten rechnen. Damit würden wir über 25 Prozent der Haushalte in Deutschland abdecken.
Dennoch ist das ja eine massive Verzögerung gegenüber den ursprünglichen Plänen. Die mit der Frequenzauktion verbundenen Auflagen hätten 1000 Standorte bereits im letzten Jahr gefordert – da waren es dem Vernehmen nach zum Jahresende fünf. Was ging schief?
Wie öffentlich bekannt ist, haben unsere Ausbaupartner nicht die vertraglich vereinbarten Standorte geliefert. Mit unserem weitaus wichtigsten Partner, Vantage Towers, und dessen kontrollierendem Gesellschafter Vodafone befinden wir uns diesbezüglich in einer Auseinandersetzung. Vantage Towers hat uns 2022 nur eine sehr kleine Zahl von Funkmasten bereitgestellt – während auf der Vantage-Infrastruktur bis Ende 2022 rund 1600 Standorte für Vodafone realisiert wurden. Deshalb haben wir beim Bundeskartellamt Beschwerde eingelegt und eine Prüfung dieses Sachverhalts beantragt. Ich möchte aber betonen, dass die Zusammenarbeit auf Arbeitsebene mittlerweile etwas runder läuft.
Was lässt Sie glauben, dass das 1&1-Mobilfunknetz doch noch eine Erfolgsgeschichte werden kann?
Wir haben gegenüber unseren Mitbewerbern klare Vorteile: Wir müssen uns nicht mit Legacy- Technologien herumschlagen, sondern können einen sogenannten Greenfield-Ansatz verfolgen – also ein nagelneues Netz, sozusagen auf der grünen Wiese, aufbauen. Dazu setzen wir auf die topmoderne und leistungsfähige OpenRAN-Technologie. Sie stellt die Kernnetzfunktionen in klassischen Rechenzentren als Software bereit.
Dass Firmen unserer Unternehmensgruppe bei Cloud-Technologien führend sind, haben wir über Jahrzehnte bewiesen. Dazu kommt eines der größten Glasfasernetze Deutschlands – jenes von 1&1 Versatel. Diese Bausteine bieten uns und unseren Kunden viele Vorteile. Insbesondere können wir von Anfang an im Umfeld jedes Standorts echtes 5G – also 5G auf 3,6 GHz mit Massive MIMO – anbieten. Überall an Glasfaser angebunden und mit den Vorteilen echter Edge-Cloud-Technologie versehen.
Den Unterschied zu den Lösungen unserer Mitbewerber werden 1&1-Kunden schon 2024 feststellen – etwa durch enorm schnelle Antwortzeiten beim Surfen im Internet durch DNS-Auflösung und Webseiten-Caching in den Far-Edge-Rechenzentren. Und während wir unser Netz auf- und ausbauen, haben unsere Kunden per automatischem National Roaming im Telefónica-Netz bundesweite Versorgung.
Sie haben aktuell mehr als elf Millionen Kunden. Wird es nicht noch eine große Herausforderung, sie in Ihr eigenes Mobilfunknetz zu migrieren?
Dafür haben wir vorgesorgt. Schon seit einigen Jahren liefern wir SIM-Karten aus, auf denen zwei Profile hinterlegt sind – eines für unser aktuelles MVNO-Angebot und eines für unser künftiges eigenes Netz. Die Umschaltung wird „over the air“ erfolgen – unsere Kunden werden automatisch migriert und müssen nichts weiter tun. Lediglich besonders langjährige Kunden erhalten eine neue SIM-Karte. Die Migration werden wir in mehreren Wellen organisieren, aber sie wird in relativ kurzer Zeit umgesetzt sein. So werden wir sehr schnell eine große Kundenzahl auf unserem Netz haben.