Ratgeber

CAT-iq 2.0 - Zukunft des Telefons

29.6.2010 von Redaktion connect und Wolfgang Boos

Fast 20 Jahre hat der DECT-Standard, der die Übertragung zwischen Basisstation und Mobilteil bei Schnurlostelefonen definiert, bereits auf dem Buckel. In der Zeit hat sich natürlich die Technologie massiv weiterentwickelt, aber auch wirtschaftliche Gegebenheiten haben sich verändert. Und so wurde 2006 die DECT-Erweiterung CAT-iq (Cordless Advanced Technology - internet and quality) vorgestellt.

ca. 4:00 Min
Ratgeber
  1. CAT-iq 2.0 - Zukunft des Telefons
  2. Interview mit Eric Kamperschroer
CAT-iq 2.0
CAT-iq 2.0
© Archiv

CAT-iq 1.0: Telefonieren in HD

Wichtigste Neuerung in der ersten Stufe von CAT-iq 1.0: die Einführung von HD-Telefonie. Während bei einem bisherigen Telefongespräch nur ein Teil der menschlichen Sprache übertragen und vor allem Höhen und Tiefen abgeschnitten wurden, klingt der Gesprächpartner mit HD-Telefonie viel natürlicher - so, als stünde er direkt neben Ihnen.

Die Krux an der Sache: Sowohl Sie als auch ihr Gesprächspartner brauchen CAT-iq-fähige Telefone und eine IP-fähige Basisstation. Denn HD-Telefonie klappt nur über Internet-Telefonie, da mehr Daten übertragen werden müssen als bei der analogen Telefonie.

Wie unterscheidet sich nun aber CAT-iq 1.0 von DECT?

Zunächst nicht groß: Die DECT-Frequenzen sind reguliert und werden auch für CAT-iq genutzt, auch sonst ändert sich an der Funkübertragung nicht viel. Wichtiger Unterschied: CAT-iq kann mehrere DECT-Funkkanäle bündeln und somit höhere Datenraten, die für HD-Telefonie und künftig auch für Audio-Streaming oder Datendienste benötigt werden, übertragen.

Außerdem kommt mit G722 ein besserer und HD-fähiger Audiocodec zum Einsatz. Ebenfalls neu: Mikrofone und Lautsprecher müssen für HD deutlich besser sein als bei DECT. Und das müssen die Hersteller beweisen. Auf gut Deutsch: Wer das CAT-iq-Siegel tragen möchte, muss seine Geräte vorher messtechnisch genau unter die Lupe nehmen lassen.

Der ganze Aufwand hatte natürlich einen Grund: Gigaset, hervorgegangen aus der Siemens-Telefonsparte und früher einer der Haupttreiber von CAT-iq, fürchtet wie viele Hersteller die Billigkonkurrenz aus Asien. Und ein Standard, der deutlich höhere Anforderungen an die Qualität der Hardware stellt, ist eine legitime Form des Protektionismus.

Weitere Stufen des Standards

Nun steht mit CAT-iq 2.0/2.1 die nächste von mehreren Stufen vor der Einführung. Doch was bringt der neue Standard und wie geht es generell mit CAT-iq weiter? Zunächst einmal bringt CAT-iq 2.0 deutliche Verbesserungen in der Interoperabilität zwischen Herstellern, also wenn Sie ein Mobilteil von Hersteller A an der Basis von Hersteller B betreiben wollen.

Das war bei DECT mit dem rudimentären GAP-Protokoll ein Graus: Gerade mal Wählen und Telefonieren war da geregelt, ob die Übermittlung der Rufnummer geklappt hat, oft fraglich, und scheinbar selbstverständliche Dinge wie die Anruferliste gar unmöglich. Das alles klappte nur, wenn Basis und Mobilteil vom gleichen Anbieter kamen. Der Grund: Die meisten Hersteller setzen eigene Protokoll-Stacks ein, die bis auf die GAP-Mindestanforderungen proprietär sind. Hier verbessert CAT-iq 2.0 einiges, indem es vieles reguliert und vereinheitlicht.

Dank IP-Telefonie wird es künftig zudem auch für Nicht-ISDN-Kunden möglich sein, zwei Leitungen zu nutzen. Die Standardisierung geht sogar bis zum Anrufbeantworter: Künftig soll man vom Mobilteil des Herstellers A auch den Anrufbeantworter in der Basis des Hersteller B bedienen können.

Allerdings mahlen die CAT-iq-Mühlen für heutige Verhältnisse sehr langsam: Jede neue Version muss erst langwierige Prozesse beim DECT-Forum, in dem die meisten namhaften Hersteller vertreten sind, durchlaufen. So wird schon heute mit dem 2012 anvisierten Start von CAT-iq 3.0 experimentiert, der Software-Updates über die Luftschnittstelle möglich machen soll.

In noch weiterer Zukunft kommt dann die Streaming-Fähigkeit, also beispielsweise das Hören von Webradiostationen, über das Mobilteil. Beides Funktionen, die AVM in seinen CAT-iq-Systemen bereits heute schon proprietär anbietet.

Marktverschiebungen

Kein Frage: CAT-iq 2.0 bringt den DECT-Standard nach vorn und macht ihn fit für die IP-Zukunft. Zwar konnte sich HD-Telefonie bis dato nicht durchsetzen - zu hoch sind bislang die oben beschriebenen Hürden für den Kunden. Doch nun kommen verstärkt VoIP-fähige DSL-Telefonanlagen mit eingebauter CAT-iq-Basisstation wie die AVM Fritzbox 7270 oder der Telekom Speedport W 920V in den Markt, an denen sich ohne weiteres ein HD-fähiges Telefon betreiben lässt.

Gerade in diesem Segment liegt viel Potenzial - spätestens wenn die Telekom demnächst sukzessive das Analog- und das ISDN-Netz abschaltet und nur noch VoIP-Telefonate führen lässt, braucht jeder Kunde eine DSL-TK-Anlage - für ambitionierte Nutzung mit eingebauter CAT-iq-Schnittstelle.

Das missfällt aktuell Gigaset, denn die Münchner haben aufs falsche Pferd gesetzt: Da man keine eigenen DSL-TK-Anlagen mehr herstellt und schon lange aus dem exklusiven Lieferanten-Club der Telekom geflogen ist, wollte man sich mit Hybrid-Basisstationen für Festnetz- und Internet-Telefonie als Technologietreiber aufstellen und mit CAT-iq ein neues Geschäftsfeld besetzen. Da die meisten Telefonkunden aber eine Fritzbox oder einen Telekom-Speedport nutzen, geht der Plan so nicht auf - und in München will man von CAT-iq oder HD-Telefonie nicht mehr viel wissen. Keine gute Idee, denn als Lieferant von hochwertigen HD-Mobilteilen hätte der Qualitätshersteller mit Sicherheit gute Chancen auf dem neuen Markt.

Eigeninteressen der Telekom

Andere DECT-Hersteller wie Philips oder Panasonic haben nach eigener Aussage auch noch keine Produkte in der Pipeline und warten erst mal ab. Das Thema forcieren vor allem die Netzbetreiber, allen voran die Telekom. Denn die möchte in der Wahl ihrer Zulieferer flexibel bleiben. So wird teilweise heute schon eine DSL-TK-Anlage von mehreren Herstellern gefertigt - vom Kunden praktisch nicht zu erkennen. Und mit CAT-iq 2.0 ist künftig gewährleistet, dass die Anlage jedes Produzenten mit jedem Mobilteil funktioniert. Die Telekom kann also die Hersteller gegeneinander ausspielen und nach Belieben auswechseln, ohne dass der Kunde Nachteile hat.

Rechtzeitig reagieren

Aktuell ist CAT-iq sicher ein Nischenthema, doch mit der Einführung der VoIP-Netze dürfte sich das massiv ändern. Und wenn der rosa Riese die HD-Telefonie hoffentlich an die große Marketing-Glocke hängt, nimmt das Thema sicher mächtig an Fahrt auf, zumal die Vorteile für den Kunden auf der Hand liegen. Da tun die Telefonhersteller gut daran, rechtzeitig aus der Schmollecke zu kommen und ihre Handset-Entwicklung auf den Stand der Technik zu bringen - sonst wird mancher auf der Strecke bleiben.

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