Dauertest: Motorola Milestone
Mehr zum Thema: MotorolaBin ja Milestone-Nutzer der ersten Stunde - und meine Begeisterung für das Teil ist seitdem immer nur gewachsen." So wie unser fleißiger Forumsschreiber "bocadillo" äußern sich viele Milestone-User in diversen Internet-Portalen. Aber auch andere Stimmen werden laut: "Ich habe das Teil gestern wieder an Amazon zurückgeschickt" ist beispielsweise ebenfalls zu lesen.

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Exzellente Verarbeitung Streitpunkte haben die Milestone-Nutzer viele: Vom Formfaktor über die Sprachqualität bis hin zur nur allzu gut bekannten Smartphone-Krankheit, der Akkulaufzeit, gibt es viel Stoff für Diskussionen. Bei einer Sache herrscht jedoch Einigkeit: Für die erstklassige Verar...
Exzellente Verarbeitung
Streitpunkte haben die Milestone-Nutzer viele: Vom Formfaktor über die Sprachqualität bis hin zur nur allzu gut bekannten Smartphone-Krankheit, der Akkulaufzeit, gibt es viel Stoff für Diskussionen. Bei einer Sache herrscht jedoch Einigkeit: Für die erstklassige Verarbeitung erntet der Hersteller durch die Bank Lob. Motorola hat sich sichtlich Mühe gegeben und ein durch und durch stabiles sowie kompaktes Gehäuse entwickelt, das zwar nicht designpreisverdächtig ist, aber mit exzellenter Haptik und ergonomisch durchdachter Form einen ausgezeichneten Job verrichtet.
Hart im Nehmen ist es auch, wie Forumsmitglied "naughty" beschreibt, der unfreiwillig die Probe aufs Exempel gemacht hat: "Sehr robust - zwei Stürze aus der Hemdtasche auf den Steinboden ohne sichtbaren Schaden klaglos weggesteckt. Super verarbeitet, nichts wackelt oder knarzt". Allein der etwas leichtgängige Akkudeckel ist zu bemängeln und "macht sich eventuell selbstständig, wenn man das Phone aus der Hosentasche holt", so "naughty" weiter. Allerdings scheint das nur bei Geräten der ersten Produktionscharge ein Problem zu sein, denn in anderen Forumsdiskussionen wird von einem fest verankerten Akkudeckel berichtet - hier hat Motorola wohl zügig nachgebessert.

Erste Gebrauchserscheinungen treten eventuell bei der Kamerataste auf: Hier kann es passieren, dass nach einiger Zeit der Lack abgeht. Kerben und Kratzer konnten wir der gummierten Rückseite selbst im Hosentaschenzweikampf mit dem Schlüsselbund keine zufügen - das ist löblich und spricht für ein hochwertiges Material. Somit bestätigt sich auch nach dem Dauertest, was bereits beim ersten Praxistest auf der Hand lag: In Sachen Stabilität und Verarbeitungsqualität spielt das Milestone in der Smartphone-Königsklasse.
Top: Display und Tastatur
Königlich ist auch sein mit knapp 170 Gramm recht üppiges Gewicht - wie ein echter Meilenstein eben. Wer lieber auf eine ausgeleierte Hemdtasche verzichtet, wird das Smartphone daher vornehmlich in der Hosen- oder Jackentasche transportieren.

Verantwortlich für das leichte Übergewicht ist unter anderem die unter dem Bildschirm platzierte Schreibtastatur. Deren Tasten sind mit einem haptisch angenehmen Kunststoff überzogen, weisen einen deutlich spürbaren Druckpunkt auf und dürften für Vielschreiber ein entscheidendes Kaufkriterium sein. Zwar sind die einzelnen Drücker nicht wirklich sauber voneinander getrennt, die leichte Wölbung in der Mitte der Tasten ist nach kurzer Eingewöhnungszeit jedoch ausreichend für das schnelle und sichere Tippen.
Der Fünf-Wege-Key bleibt als alternatives Bedienelement eher Geschmackssache. Der Autor hat ihn während der gesamten Testphase jedenfalls nicht genutzt, denn der Touchscreen des Milestone reagiert so präzise, dass es keiner weiteren Bedienelemente bedarf. Den Platz hätte Motorola besser für eine noch größere Qwertz-Tastatur nutzen können.
Im connect-Forum bestätigt "schlaubi": "Das Display ist auf jeden Fall das Highlight am Gerät". Das kapazitive, sprich berührungsempfindliche Display ist mit über 16 Millionen Farben und einer Bildschirmdiagonalen von 3,7 Zoll tatsächlich ein Blickfänger. Gestochen scharf präsentieren sich die Multimedia-Inhalte; Webseiten und Postfächer werden sehr übersichtlich dargestellt und die Fingersteuerung klappt vorbildlich - nicht zuletzt wegen der aktuellen Android-Version 2.1.

Nachdem Motorolas Flaggschiff als erster Androide überhaupt mit der Softwareversion 2.0 auflief und so die Exchange-Server-Anbindung von Haus aus unterstützte, steht nach einem kurzen Intermezzo mit der Version 2.0.1, die nur marginale Verbesserungen beim Kamera-Autofokus und den Bluetooth-Funktionen bescherte, seit Anfang April das Update auf die aktuelle 2.1-Version bereit. Das kommt entweder via PC-Download und Datenkabel oder over the air (OTA) über die Mobilfunkverbindung direkt und unkompliziert auf das Milestone.
Eine Revolution hat das Userinterface erwartungsgemäß nicht erfahren. Das hat es auch nicht nötig, denn nicht nur "schlaubi" hatte "noch nie ein so einfach zu bedienendes Smartphone" in der Hand. Der Sprung auf 2.1 wird nur im Detail sichtbar. Erstreckte sich etwa der Homescreen bisher über drei Bildschirme, so kann der Nutzer jetzt bei Bedarf seine Widgets, Verknüpfungen und Ordner auf bis zu neun Startbildschirmen verteilen.
Um sich in dieser Masse nicht zu verlieren, wird nun folgerichtig bei jedem Screenwechsel kurzzeitig ein Orientierungsbalken im oberen Bildschirmbereich eingeblendet. Mit der recht zuver-lässig funktionierenden Sprachwahl lassen sich einfache Befehle wie "Öffne Market" oder "Wähle Hans Müller" ausführen, wenngleich sich diese Neuerung eher als Gimmick denn als Mehrwert versteht.
Durchaus sinnvoll erscheint wiederum das neue Fahrzeugmenü. Dieses soll durch die Anzeige der sechs wichtigsten Autofunktionen, etwa "Karte anzeigen" oder "Bluetooth", die Bedienung während der Fahrt erleichtern - schade nur, dass Motorola diese sechs Funktionen stur festlegt und dem Nutzer keine Individualisierungsmöglichkeiten gibt.
Und natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt. Nach dem Update hat bei einigen Nutzern die Multimedia- Station vorübergehend den Dienst verweigert. "naughty" hat freundlicherweise für alle Betroffenen im Motorola-Forum auf www.connect.de/connect-forum einen entsprechenden Thread mit der Lösung des Problems gepostet.
Lizenzprobleme im Market
Einen nicht unwesentlichen Beitrag zur anhaltenden Erfolgsgeschichte des Android-Betriebssystems leistet der zugehörige Softwareshop Android Market, der die Geduld vieler Milestone-Nutzer allerdings auf die Probe gestellt hat. Wer sich ein freies Modell etwa bei Amazon und nicht direkt bei Vodafone oder O2 gekauft hatte, hatte anfangs nur eingeschränkten Zugriff auf das Software-Angebot. Im Gegensatz zu den Netzbetreiber-Modellen wiesen die freien Geräte andere Build-Nummern und Konfigurationsversionen auf, was dazu führte, dass kopiergeschützte Anwendungen nicht verfügbar waren. Motorola waren hierbei die Hände gebunden, den schwarzen Peter hatte Google.
Nach einigen Wochen hat der große Bruder den Hebel aber schließlich umgelegt und den Market für alle Milestones geöffnet. Bei Android 2.1 wiederholt sich das Spielchen: Auch hier muss Google bei freien Modellen die geschützten Apps erst für die neue Firmwareversion freigeben - was jedoch nicht allzu lange dauern dürfte. Ob der Zugriff auf den Market eingeschränkt ist, lässt sich leicht überprüfen: Beim Suchbegriff "documents" müssten knapp 90 Anwendungen zur Verfügung stehen.
iPhone-Feeling

Der Ärger mit dem Market bei freien Modellen kann das insgesamt sehr positive Bild des Updates jedoch nicht trüben. Mit seinem benutzerfreundlichen Konzept spielt Android mittlerweile auf Augenhöhe mit dem hochgelobten Bedienkomfort des iPhones und braucht sich hinter Apples Kulthandy nicht mehr zu verstecken. Das Surfen durch die Menüebenen gelingt verzögerungsfrei und sehr geschmeidig. Dank Multitouch-Steuerung lassen sich Webseiten und Multimedia-Alben problemlos mit zwei Fingergesten durchstöbern. Eine nette Spielerei sind seit Android 2.1 im Übrigen auch die bewegten Hintergrundanimationen, die allerdings merklich am ohnehin schwächelnden Akku zehren.
Womit wir bei einem weiteren Streitpunkt unter den Milestone-Nutzern wären. Wie lange muss ein Smartphone-Akku durchhalten? Für "schlaubi" sind die Energiereserven "selbst für ein Smartphone etwas mager". Er bezeichnet dieses Manko gar als "großen Knackpunkt des Gerätes", während für "naughty" wiederum die Laufzeit "ganz akzeptabel" ist. Tatsächlich bescheinigt auch unser Messlabor dem Akku eine recht maue Kondition - bei intensiver Nutzung gehen dem Milestone nach rund fünfeinhalb Stunden die Lichter aus, also spätestens am Ende eines arbeitsintensiven Tages. Allerdings kann dies kein K.o.-Kriterium sein, schließlich handelt es sich hierbei um eine Smartphone-Schwäche im Allgemeinen und nicht um ein Milestone-Problem im Speziellen.
Löblich: Bei Testfahrten quer durch das teilweise unterirdische Stuttgarter Straßenbahnnetz konnte unser Milestone Telefongespräche und 3G-Verbindung stets ohne Mühe aufrechterhalten. connect-Forenmitglied "bocadillo" resümmiert: "Ich kann dieses Gerät nur empfehlen und Motorola für diesen Befreiungsschlag beglückwünschen". Auch "meisteremsig" zieht ein positives Fazit: "Sehr gutes Telefon, begeistert jeden Tag".
Nach mehrwöchiger Testphase schließt sich auch der connect-Testredakteur den beiden Statements gerne an, möchte an dieser Stelle jedoch noch mal daran erinnern: Technik begeistert nicht nur, sondern polarisiert auch. Und so muss jeder Smartphone-Nutzer für sich selbst einen Kompromiss auf dem schmalen Grad zwischen Handlichkeit, Usability und Hardware finden. Das Motorola Milestone jedenfalls überzeugt nicht nur im ersten Moment, sondern auch im Dauereinsatz. In ihrer Comeback-Geschichte dürften die US-Amerikaner das Milestone mit Sicherheit als Meilenstein bezeichnen.