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Sicherheitskriterien

"Das Auto der Zukunft erfordert ein Umdenken"

Autor: Bernd Theiss • 20.4.2016 • ca. 3:10 Min

Inhalt
  1. Sicherheit im vernetzten Auto
  2. "Das Auto der Zukunft erfordert ein Umdenken"

Hakan Ekmen, Managing Director P3 communications, im Interview.Ich gehe davon aus, dass Sie ein modernes, vernetztes Auto fahren. Fühlen Sie sich darin eigentlich sicher?Hakan Ekmen: Ganz klare Antwort: ja. Im Moment ist der Zugang noch begrenzt, es sind noch keine sicherheitskritischen Funktio...

Hakan Ekmen
Hakan Ekmen, Managing Director P3 communications.
© WEKA / Connect

Hakan Ekmen, Managing Director P3 communications, im Interview.

Ich gehe davon aus, dass Sie ein modernes, vernetztes Auto fahren. Fühlen Sie sich darin eigentlich sicher?

Hakan Ekmen: Ganz klare Antwort: ja. Im Moment ist der Zugang noch begrenzt, es sind noch keine sicherheitskritischen Funktionen in der Masse vernetzt. Wenn ich ein, zwei Jahre nach vorne blicke, dann sieht das jedoch ganz anders aus. Das stärker vernetzte Auto der Zukunft erfordert ein Umdenken bei Kunden und Herstellern.

Sie haben eine Reihe von Autos in einem Sicherheits-Benchmark verglichen. Wieso ist ein Benchmark geeignet, um die Fahrzeugsicherheit zu untersuchen?

Hakan Ekmen: Wir sind davon überzeugt, dass eine leicht verständliche Darstellung für eine breite Wahrnehmung der Testresultate zwingend erforderlich ist. Ein transparentes Bewertungsverfahren, das alle Ergebnisse in einem Score zusammenfasst, erlaubt dies und ermöglicht Managern einen direkten Vergleich eigener Fahrzeuge mit der Konkurrenz und einen klaren Blick auf zeitliche Trends. Die Möglichkeit, dennoch in Details abzusteigen, um konkrete Probleme zu adressieren ist der andere Kernaspekt, den ein solches Verfahren bedienen muss. Darüberhinaus kann die Sicherheit neben Preis, Kraftstoffverbrauch und dem Komfort ein Differenzierungsmerkmal beim Fahrzeugkauf sein.

Man muss an konkreten Kriterien festmachen, wie der Sicherheitszustand eines Fahrzeugs ist und dabei das gesamte System berücksichtigen. Jedes System ist nur so stark wie das schwächste Teilsystem in der Kette. Mit der Benchmark-Methode berücksichtigen wir die Kategorien Physical Security, Communications Security, Cryptography, Access Control sowie Operations Security und sind in der Lage, das Gesamtsystem zu bewerten. Uns ist das Thema Transparenz sehr wichtig, daher werden wir jedes Jahr im März die Bewertungskriterien für die kommenden zwölf Monate bekanntgeben. So kann unsere Benchmark-Methode bei der Etablierung von Marktstandards helfen.

Und wie gehen Sie bei dem Vergleich vor?

Hakan Ekmen: Wir wählen, nach vorn gerichtet, die neuesten Modelle der Fahrzeughersteller aus. Die Tests finden in unseren Test-Labs in Aachen und Böblingen statt. Wir haben einen Katalog mit circa 250 Tests entwickelt, für den wir pro Kfz eine Woche brauchen. Die Tests sind mittlerweile zu 60 Prozent automatisiert, sodass wir sie auch Remote rund um den Globus anwenden können. Am Ende werden die Ergebnisse der Tests anhand unserer vorher kommunizierten Bewertungstabelle gewichtet und der Gesamt-Score kalkuliert.

Haben Sie gefährliche Sicherheitslücken gefunden?

Hakan Ekmen: Wir haben amerikanische und europäische Fahrzeuge miteinander verglichen und festgestellt, dass Hersteller unterschiedliche Schwerpunkte bei der Sicherheit setzen. Positiv ist die bei allen getesteten Fahrzeugen verschlüsselte Kommunikation, wobei sich die Stärke der unterstützten Verschlüsselungsverfahren unterscheidet. Das ist ein Differenzierungsmerkmal im Benchmark. Die Smartphone-Applikationen verschlüsseln sensitive Daten nicht immer auf dem Gerät. Hier konnten wir Zugangsdaten extrahieren, die für weiterführende Angriffe genutzt werden könnten. Mit unzureichend geschützten Apps bzw. Zugangsdaten, lassen sich Fahrzeuge orten und teilweise entriegeln.

Ein Ziel des Benchmarks ist es, Endkunden die Tragweite derartiger Schwächen aufzuzeigen. Ein weiterer Teil des Benchmarks sind die Wi-Fi-Hotspots in den Fahrzeugen, die bereits für erfolgreiche Angriffe genutzt wurden. Hier unterscheiden sich die Sicherheitseinstellungen erheblich. Wir haben Hersteller identifiziert, deren Hotspots unsichere und unverschlüsselte Verbindungen erlauben. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Komplexität von Passwörtern. Es gibt Hersteller, die unsichere Kennwörter nicht erlauben und jene, die alles akzeptieren, ohne den Nutzer zu warnen.

Welche Entwicklung sehen Sie bei der Sicherheit von vernetzten Autos?

Hakan Ekmen: Das Thema Sicherheit wird ein Dauerbrenner, mit dem sich alle Industrien beschäftigen müssen. Rückholaktionen und kostspielige Umrüstungen dürfen nicht zur Tagesordnung gehören. Wir werden in den kommenden zwei Jahren alle drei Monate verschiedene Hersteller und Fahrzeugmodelle benchmarken und die Ergebnisse den Automobilfirmen zur Verfügung stellen. Europäische, US-amerikanische und asiatische Hersteller werden gleichermaßen berücksichtigt. Wir rechnen in einem Zeitfenster von zwei Jahren mit Fortschritten bei allen Automobilfirmen und damit einhergehend mit einer Verankerung des Themas Sicherheit in den kompletten Fahrzeugentwicklungsprozess