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Technik. Tests. Trends.
Die Neuheiten des Mobile World Congress in Barcelona

Interview mit Thorsten Dirks, E-Plus

Autoren: Redaktion connect, Markus Eckstein, Bernd Theiss, Michael Peuckert und Josefine Milosevic • 4.3.2008 • ca. 2:40 Min

connect: Sie haben sich mit Ihren diversen Marken erfolgreich behauptet. Ist die weitere Segmentierung das Rezept für die Zukunft oder bedarf es neuer Strategien? Dirks: Was die Mobilfunker nie verstanden haben - wir lange Zeit auch nicht -, ist, das Thema Markenloyalität aufzubauen.Man muss den K...

connect: Sie haben sich mit Ihren diversen Marken erfolgreich behauptet. Ist die weitere Segmentierung das Rezept für die Zukunft oder bedarf es neuer Strategien? Dirks: Was die Mobilfunker nie verstanden haben - wir lange Zeit auch nicht -, ist, das Thema Markenloyalität aufzubauen.Man muss den Kunden in Zielgruppen ansprechen, so kann man ihm ein besser auf ihn zugeschnittenes Angebot machen. Was wir mit der Mehrmarkenstrategie erreicht haben, ist, dass die Kunden heute eine größere Verbundenheit zu den Marken zeigen als früher zu den klassischen Mobilfunkmarken. Wir müssen weg von der ganzen Tarifdiskussion. Der Bestandskunde bei Aldi Talk, Simyo oder Blau.de weiß: Wenn es eine Preisreduktion gibt, profitiert er automatisch davon. Das haben wir früher falsch gemacht: Wenn wir günstigere Angebote brachten, musste der Bestandskunde wechseln. Das war für uns ein Aufwand und für den Kunden lästig. Und die Kunden, die nicht gewechselt haben, fühlten sich abgezockt. Das haben wir geändert und dadurch sind die inaktiven Quoten deutlich zurückgegangen. Wir wollen auch nicht nur die großen Segmente bedienen, sondern setzen weiter auf Nischen - ab 1000 Kunden ist ein Markensegment bereits profitabel.

connect: Wird mobiles Web neben Sprache der wichtigste Umsatzbringer sein? Dirks: Ich würde nicht vom mobilen Internet sprechen, sondern von einem kontextsensitiven Internet. Am PC nutze ich das Internet anders als mobil. Zuhause sitze ich vielleicht vor einer Set-Top-Box und einem Plasmaschirm auf dem Sofa. Unterwegs habe ich ganz andere Voraussetzungen. Aber das Web auf dem Handy braucht ebenso eine andere Darstellung wie mobile Formate. Ich werde mir sicher nicht vier Stunden "Vom Winde verweht" auf dem Handy anschauen. Dazu braucht man mobile Formate, wie man sie von YouTube kennt. Eine 30-Minuten-Episode von "Verliebt in Berlin" kann man nicht 1:1 aufs Handy übertragen. Die Kamera- führung beim Fernsehen kann nicht so auf dem Handy dargestellt werden. Deshalb muss die Episode in kurzen Schnitten aufgenommen und die Geschichte in drei Minuten erzählt werden. Damit tun sich TV-Drehbuchautoren und Kameraleute schwer.

connect: YouTube oder Nokia bieten bereits mobile Applikationen...Dirks: Wir müssen die Inhalte für die mobile Darstellung aufbereiten. Das machen tatsächlich YouTube und noch ein paar andere vor, doch höchstens drei bis fünf Prozent der Anwendungen sind für das mobile Format optimiert. Weil nicht jeder ein iPhone hat, müssen die mobilen Formate geräteneutral sein. Daran arbeitet man gerade und überlegt, wie man neue, aber auch vorhandene Inhalte mobil übertragen kann. Der Bedarf ist da - für den Verbraucher ist ein 3-Minuten-Clip, während er auf den Bus wartet, ideales Entertainment. Das muss aber on Demand - also auf Abruf - laufen. Ich muss meine mediale Nutzung selbst steuern können.

connect: Dazu brauchen Sie auch keine speziellen TV-Standards wie DVB-H?Dirks: Nein, da reicht UMTS oder EDGE. Deshalb tue ich mich mit dem Thema Mobile TV auch schwer, weil ich da den Ansatz falsch finde: Statt Fernsehen eignen sich doch Videos im geeigneten Format fürs Handy viel besser. Doch da kommen wir zu einer weiteren entscheidenden Frage: Wie schaffen wir eine effizientere mobile  Breitbandversorgung für die Zukunft? Da gibt's zwei Initiativen: So setzt sich die EU dafür ein, die 900er-Frequenzen für UMTS freizugeben. Damit lassen sich physikalisch die Netze besser aufbauen, mit größerer Flächenabdeckung und besserer Indoor-Versorung in den Städten. Zum anderen werden bei den Rundfunkanstalten durch die Digitalisierung des terrestrischen Fernsehens Frequenzen frei. Die Rundfunkanstalten würden gerne die Frequenzen selbst nutzen, doch wir Mobilfunker fordern eine Zusammenarbeit: Denn die Frequenzen sollen nicht für den klassischen Mobilfunk, sondern für mobile Breitbandlösungen auch auf dem Land genutzt werden, wo es heute kein DSL gibt. Das wollen wir gemeinsam mit den Rundfunkanstalten forcieren.