So funktionieren Boxen - Grundlagen
So entsteht Klang: Lautsprechertechnik erklärt
Wie kommt eigentlich der Klang aus den Lautsprechern? stereoplay gibt einen Überblick über die heute noch relevanten Antriebe und Funktionsweisen von Boxen.

Um aus einem elektrischen Signal Schall zu erzeugen, wurden viele Konstruktionen erdacht – und fast ebenso viele wieder verworfen. Wie funktionieren also heutige Boxen? Fast alle am Markt befindlichen Konstruktionen waren in der Frühzeit der kommerziellen Lautsprecher mit einem dynamischen Antrieb ausgestattet. Sie beruhten auf dem Prinzip, dass sich ein permanentes und ein wechselndes Magnetfeld wechselnd anziehen und abstoßen und so eine Bewegung erzeugen, die dem Musiksignal mehr oder minder exakt folgt.
An der Übermacht dieses Wirkprinzips hat sich bis heute nichts geändert: Geschätzte 95 Prozent aller HiFi- Lautsprecher funktionieren so. Aufbau, Dimensionierung und Abstimmung der jeweiligen Treiber sind dagegen so vielfältig, dass eine Betrachtung und Diskussion darüber ganze Bücher füllen könnte.
In den frühen Jahrzehnten dominierten noch die elektrodynamischen Treiber: Das permanente Magnetfeld wurde hier ebenfalls durch einen Elektromagneten erzeugt, was die Konstruktionen entsprechend schwer machte und überall eine Spannungsquelle voraussetzte. Erst mit der Entwicklung preiswerter und starker Permanentmagnete setzte sich dieses Antriebsprinzip durch.
Lautsprecher: Viele Teile, ein Prinzip
Der bewegliche Teil des Treibers ist dabei fast immer eine Schwingspule: ein mehrfach gewickelter Leiter, der vom Musiksignal durchflossen wird und ein entsprechend starkes magnetisches Wechselfeld erzeugt. Damit dieses zu starken Bewegungen führt, wird das permanente Magnetfeld so nahe wie möglich an die Schwingspule herangeführt und im Schwingspulenspalt konzentriert.

Die Schwingspule ist mechanisch mit der eigentlichen Membran verbunden und treibt diese an, wobei es bei der Vielfalt der Formen, Materialien und Verbindungen keine Grenzen gibt. Die Gestaltung hängt auch stark vom Einsatzzweck ab, denn Hochtöner benötigen entsprechend kleine, leichte Membranen, die sich sehr schnell bewegen lassen, während Basstreiber große Flächen zur Bewegung größerer Luftmassen brauchen. Deshalb haben sich für ersteren Zweck Kalotten durchgesetzt, für letzteren sogenannte Konustöner, deren Form aber nicht auf den klassischen Konus beschränkt ist, sondern als Flachmembran, Kegel oder sogar kalottenähnlich ausgeführt sein kann.
Ein schon früh in der Geschichte verwendetes Derivat ist das Horn. Hier gibt ein Töner (zumeist eine Kalotte) nicht direkt den Schall nach außen ab, sondern spielt auf eine Druckkammer, die akustisch über einen sich öffnenden Trichter besonders effektiv an die Außenluft angekoppelt wird. Im Zeitalter schwacher Verstärker, also vor 1950, quasi ein Muss.
Magnetostat, Bändchen und AMT
Auch Magnetostaten beruhen auf einem magnetischen Antrieb, also der Anziehung und Abstoßung zwischen einem permanenten und einem in der Form des Musiksignals wechselnden Magnetfeld. Im Gegensatz zu dynamischen Lautsprechern, bei denen Antrieb (Schwingspule) und Membran getrennt voneinander ausgeführt sind, sind sie beim Magnetostaten ganzflächig kombiniert. Das ist meist eine sehr dünne Membranfolie, auf der Leiterbahnen aufgeklebt sind. Diese werden vom Strom des Musiksignals durchflossen und treiben die Folie in einem permanenten Magnetfeld an. Dieses muss sehr stark sein, weil der Abstand zwischen beiden zwangsläufig groß ist und die Leiter nicht viele Windungen zur Verstärkung des Magnetfeldes haben. Meist verwendet man hier Neodymmagneten, oft vor und hinter der Membran.

Spezialformen sind etwa Bändchen: Hier besteht die Folie aus einem leitenden Metall und wird als Ganzes vom Strom durchflossen. Die zweite bekannte Form ist der AMT (Air-Motion-Transformer), der mit einem gefalteten Magnetostaten arbeitet und so die Wirkleistung je Fläche deutlich erhöht. Magnetostaten sind im Hoch- und teilweise auch im Mitteltonbereich eine verbreitete Alternative zu Kalotten, aber in Handhabung und Abstimmung anspruchsvoll. Einige Hersteller produzieren auch große Vollbereichs-Magnetostaten.
Elektrostat
Der Elektrostat ist ähnlich wie das Bändchen ein Folientöner, bei dem die ganze Membran zugleich der Antrieb ist. Die Kraft entsteht jedoch nicht durch Magnetfelder, sondern durch Anziehung und Abstoßung innerhalb eines sehr starken (mehrere Kilovolt) elektrischen Feldes zwischen zwei äußeren Gittern (Statoren) und der Membran. Das Musiksignal wird hochgespannt und invertiert auf die beiden Statoren angelegt; schon bewegt sich die Membran in Richtung des einen oder des anderen Gitters. Gleichartige Ladungen stoßen sich dabei ab, gegensätzliche ziehen sich an. Für die Vorspannung braucht der Elektrostat immer eine zusätzliche Spannungsquelle, ebenso muss das Signal entzerrt und hochgespannt werden.
Weil nur geringe Hübe möglich sind, sind Elektrostaten entweder auf den Mittelhochtonbereich beschränkt oder benötigen eine sehr große Membranfläche bei eingeschränktem Maximalpegel. Oft sind die Folien gebogen oder segmentiert zugunsten homogenerer Abstrahlung.
Elektrostaten gelten als klanglich transparent und hochauflösend und haben deshalb einen konstanten Anhängerkreis, besonders bei Hybrid-Flächenlautsprechern und bei hochwertigen Kopfhörern.
Plasma-/Ionentöner
Hersteller von Ionentönern verweisen mit Stolz darauf, dass diese die Luft quasi ohne bewegte Masse antreiben. Zwischen einer Innen- und einer Außenelektrode wird mithilfe von Hochspannung ein Lichtbogen, also eine Art konstanter Blitz, gezündet, der die Luft im Inneren extrem erhitzt. Wird nun die Hochspannung proportional von einem Musiksignal moduliert, wird die Lichtbogenflamme größer oder kleiner und dehnt die umliegende Luft aus oder zieht sie zusammen. Ein Katalysator sorgt dafür, dass keine unerwünschten Gase wie Ozon austreten, die im vom Lichtbogen erzeugten Plasma entstehen.
Das Wirkprinzip ist sehr anspruchsvoll und aufwendig. Es sind nur geringe Hübe möglich, weshalb die wenigen heute am Markt befindlichen Lautsprecher mit Ionenwandlern diese fast ausschließlich im Hochtonbereich einsetzen und zugunsten größeren Wirkungsgrades oft mit einem Horn kombinieren. Viele historische Plasmatöner gelten aber unter HiFi-Fans als legendär.
Gehäuse- und Bassprinzipien
Offene Schallwand (Open Baffle, Dipol)
Praktisch alle Treiber wurden in der Frühzeit des Lautsprecherbaus in offener Schallwand betrieben. Das war für die Treiberentwicklung selbst einfach, weil sich das Chassis immer gleich verhält. Da allerdings der nach vorne und der nach hinten abgestrahlte Schall eine zueinander invertierte Phasenlage besitzen, kommt nach vorne eine Druckwelle; erfolgt zeitgleich nach hinten eine Unterdruckwelle, löschen sich Teile des Musiksignals, besonders im Bass, immer aus.

Man kann den Effekt etwas verringern, indem man die offene Schallwand größer baut oder um die Ecke faltet wie bei typischen Radios der 1920er-und 30er-Jahre oder auch heutigen Gitarrenverstärkern, womit der Auslöschungsbereich stärker in den tiefen Bass verschoben wird. Als Faustformel gilt hierbei: Alle Frequenzen, deren Wellenlänge (= 340 / Frequenz) mehr als viermal größer ist als die Laufwegdifferenz zwischen vorderem und hinterem Membranteil zum Hörer, sind von einer Auslöschung betroffen; je tiefer die Frequenz, desto stärker.
Bei einem offenen Radio mit 60 cm Gehäusebreite und 30 cm Tiefe wäre das also eine Differenz von 60 cm und eine untere Grenzfrequenz von 125 Hz. Für echte Fullrange-HiFi-Anwendungen waren die offenen Schallwände also zunächst nicht geeignet; erst als extrem leistungsfähige Treiber und eine elektronische Entzerrung zur Verfügung standen, feierte das Prinzip als Dipol-Subwoofer ein Revival.
Ähnlich funktionieren auch große Fullrange-Flächenstrahler. Die Dipol-Abstrahlung, bei der der Schall zu den Seiten fast ausgelöscht wird, hat raumakustisch sogar durchaus Vorteile.
Geschlossenes Gehäuse / Closed Box
Die tendenzielle Bassschwäche der offenen Schallwand vermeidet die geschlossene Box, indem der rückwärtige Schall des Treibers nicht nach außen dringt, sondern innerhalb eines geschlossenen Volumens quasi wirkungslos vernichtet wird. Dadurch wird der akustische Kurzschluss verhindert, und der Tiefgang der Box ist nur noch durch das Chassis selbst limitiert.

Da das Volumen der Box aber in der Praxis nicht beliebig groß sein darf, ändern sich die akustischen Eigenschaften, weil die Membran ja die Luft im Gehäuse komprimieren muss und deren Federwirkungen auf das Verhalten des Chassis rückkoppelt.
So wird ein Teil der möglichen Basserweiterung wieder dadurch zunichte gemacht, dass die Eigenresonanz der Konstruktion durch die Luftfeder steigt, auch die Ein- und Ausschwing-Charakteristik, die sogenannte Güte, ändert sich.
Die Forscher Albert Neville Thiele und Richard H. Small beschrieben die physikalischen Vorgänge erstmals 1951 vollständig und vereinfachten die Berechnung von geschlossenen Gehäusen durch die von ihnen erdachten Thiele-Small-Parameter eines jeden Lautsprecherchassis: Freiluftresonanzfrequenz, Äquivalentvolumen und mechanische wie elektrische Güte.
Geschlossene Gehäuse gelten als das Prinzip mit der besten Impulsverarbeitung und Präzision, benötigen allerdings für guten Tiefgang sehr spezielle und aufwendige Chassis. Einschränkungen gibt es insbesondere beim Maximalpegel im Tiefbass und beim Wirkungsgrad, was aber heute in der Praxis insbesondere bei Subwoofern und Aktivboxen kein Nachteil mehr ist.
Backloaded Horn
Das Prinzip des Hornlautsprechers für den Mittel-/Hochtonbereich war von Anfang der Lautsprechergeschichte an bekannt und beliebt. Seit den 1940er-Jahren wurde es auch genutzt, um die rückwärtig abgestrahlten Schallanteile eines Chassis zu verstärken und im Bassbereich nutzbar zu machen. Das Horn basiert auf dem Prinzip der Strahlungswiderstandsanpassung.
Das Chassis spielt rückseitig auf ein kleines Gehäuse, in dem ein hoher Schalldruck bei wenig Membranauslenkung herrscht. Nach außen hin öffnet sich das Horn langsam, womit die Schallwellen an eine große Fläche mit stärker abnehmendem Schalldruck angekoppelt werden. Da aber die Austrittsöffnung, der Hornmund, so groß ist, wird in den Raum immer noch mehr Leistung abgestrahlt als direkt von der Membran.
Damit das im Bass funktioniert, muss das Horn entsprechend groß und lang sein, HiFi-Hörner werden deshalb meist mehrfach gefaltet. Viele Basshörner nutzen als akustische Verlängerung des Trichters den Fußboden (siehe Abbildung links, nach Blumenhofer) oder die kompletten Wände der Raumecke wie das legendäre Klipschorn. Hörner sind nicht kompakt, bieten aber oft sehr gute Bassqualität und Tiefgang bei wenig Eingangsleistung.
Bassreflex
Anstatt die rückseitig abgestrahlte Energie eines Basstreibers zu vernichten, wird sie beim Bassreflex auf einfachste Weise nutzbar gemacht. Wie beim geschlossenen Gehäuse arbeitet das Chassis rückwärtig auf eine Kammer bzw. die darin eingeschlossene Luft, die eine spezifische Federwirkung entwickelt. Die Feder treibt aber indirekt eine Masse an, im einfachsten Fall die Luftsäule in einem Reflexrohr.

Ein Schwingsystem aus Feder- und Masse ist ein Helmholtz-Resonator, der im Bereich seiner Resonanzfrequenz – und nur dort – Schallwellen extrem effektiv verstärkt. Bassreflexboxen werden deshalb in der Regel so gebaut, dass der Resonator in dem Bereich schwingt und verstärkt, wo das Treiberchassis aufgrund seiner spezifischen Eigenschaften (wie Einbauresonanzfrequenz etc.) bereits im Pegel deutlich nachgelassen hat. Im Idealfall ergänzen sich die Frequenzgänge von Chassis und Reflexrohr harmonisch, der Tiefgang wird also gegenüber dem geschlossenen Gehäuse um mehr als eine halbe Oktave erweitert.
Doch nicht nur das: Weil das Chassis in diesem Bereich die Luftfeder nur mit wenig Hub antreiben muss, die Luft im Rohr aber recht hohe Schalldrücke daraus erzeugt, ist der Maximalpegel des Gesamtsystems deutlich höher als bei einem baulich vergleichbaren geschlossenen Gehäuse.
Bassreflex ist heute das beherrschende Prinzip bei Boxen. Obwohl Puristen das etwas schlechtere Impulsverhalten und eine höhere Gruppenlaufzeitverzerrung bemängeln, sprechen Tiefgang und Maximalpegel eindeutig für das Reflexrohr.
Passivmembran
Akustisch gesehen, ist eine Box mit Passivradiator ebenfalls ein Bassreflex, und das Wirkprinzip ist identisch: Ein Chassis spielt auf ein geschlossenes Gehäuse und komprimiert/dekomprimiert die darin enthaltene Luft, die wie eine Feder ihre Energie an eine schwingende Masse abgibt, die den Schall nach außen nutzbar macht. Der Unterschied ist bloß, dass diese Masse nicht Luft in einem Rohr ist, sondern eine Membran mit Sicke und Zentrierung.

Der Passivmembranreflex, auch als Compound bezeichnet, ist aber etwas schwieriger zu berechnen als das Reflexrohr, weil die entsprechenden akustischen Eigenschaften wie Masse, Resonanzfrequenz und Güte des Radiators mit einbezogen werden. Dem stehen aber theoretische Vorteile entgegen: Das Bruttovolumen kann geringer gewählt werden, und so ist auch aus kleineren Boxen ein besserer Tiefgang möglich, etwa wenn das dafür notwendige Rohr gar nicht mehr ins Gehäuse gepasst hätte. Vorteile bietet die Compound-Membran auch bei Zwei-Wege-Boxen, bei denen der Tiefmitteltöner die Weite des hörbaren Spektrums wiedergibt, was die Gefahr von parasitären Mitteltonresonanzen im Gehäusevolumen und deren Entweichen durch eine Öffnung (etwa Horn oder Bassreflexrohr) bedeutet. Eine Passivmembran kann entsprechend hart und träge ausgelegt werden und bildet eine wirkungsvolle Sperre für jegliche Frequenzen oberhalb ihres Wirkbereichs.
Passivmembranen gelten als beste Lösung für weiten Tiefgang aus kleinen Gehäusen, haben sich allerdings nur bei kompakten Subwoofern durchgesetzt.
Transmissionline
Eine Line nutzt – wie auch Backloaded Horn und Bassreflex – den rückwärtig vom Basschassis abgestrahlten Schall, um ihn im Tiefbass nutzbar zu machen und das aktive Chassis hier zu entlasten. Dies geschieht allerdings nicht durch eine Resonator-Kombination aus Feder und Masseschwinger wie beim Bassreflex, sondern indem eine Masse – die Luftsäule in der Line – direkt zum Schwingen angeregt wird.

Das Wirkprinzip muss man sich ähnlich vorstellen wie bei einer Orgelpfeife. Und wie bei der Orgel gilt auch bei der Transmissionline: Je tiefer der abgestrahlte Ton sein soll, desto länger muss die Line sein. Als Faustformel gilt hier, dass die Line mindestens ein Viertel der längsten abzustrahlenden Wellenlänge lang sein sollte. Um 40 Hz zu erreichen, muss die Line also 2,12 Meter lang sein.
Bei HiFi-Boxen ist das nur durch eine mehrfach gefaltete Line möglich. Jede Faltung und jeder Teilkanal birgt aber die Gefahr von stehenden Wellen, Verzerrungen und parasitären Resonanzen, ebenso wird die Line bei ungeradzahligen Vielfachen der (gewünschten) Grundfrequenz angeregt. Diese unerwünschten Effekte müssen per Teilbedämpfung eliminiert werden, ohne die Line uneffizient zu machen.
In der Praxis ist die Abstimmung deshalb sehr schwierig und die Gehäuse sind aufwendig; nur wenige Hersteller verwenden daher dieses Prinzip durchgehend. Es gibt aber etliche Fans dieses Prinzips, die der Transmissionline bei gutem Tiefgang und Wirkungsgrad einen tendenziell präziseren und musikalischeren Bass nachsagen.