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Der Herr der Kacheln

Portrait: Albert Shum, der Kopf hinter Windows Phone

Woher kommt Windows Phone? Albert Shum ist der Kopf hinter dem Betriebssystem. Der Herr der Kacheln im Portrait.

Autor: Bernd Theiss • 9.1.2012 • ca. 2:20 Min

Portrait: Albert Shum, der Kopf hinter Windows Phone
Portrait: Albert Shum, der Kopf hinter Windows Phone
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Das hatte niemand kommen sehen: Als Microsoft auf dem Mobile World Congress 2009 in Barcelona erste Blicke auf Windows Phone gewährte, rieben sich viele Journalisten ungläubig die Augen. Statt mit Features überladenes Windows-Flair präsentierte CEO Steve Ballmer großflächige Kacheln, hinter d...

Das hatte niemand kommen sehen: Als Microsoft auf dem Mobile World Congress 2009 in Barcelona erste Blicke auf Windows Phone gewährte, rieben sich viele Journalisten ungläubig die Augen. Statt mit Features überladenes Windows-Flair präsentierte CEO Steve Ballmer großflächige Kacheln, hinter denen manche von früheren Microsoft-Smartphone-Betriebssystemen liebgewonnene Funktion verschwunden war.

Multitalent: Albert Shum, Direktor des Windows-Phone-Design-Teams, arbeitete vor seinem Microsoft-Engagement bei Nike daran, Sport und Technik zusammenzubringen.
Multitalent: Albert Shum, Direktor des Windows-Phone-Design-Teams, arbeitete vor seinem Microsoft-Engagement bei Nike daran, Sport und Technik zusammenzubringen.
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Doch für die ungewöhnliche Software gab es einen guten Grund: Albert Shum. Der jugendlich wirkende Manager war erst zweieinhalb Jahre vor besagter Präsentation zu Microsoft gestoßen. Davor hatte er in zwölf Jahren eine steile Karriere hingelegt, wohlgemerkt nicht in einem Software-Haus und auch bei keinem Computerhersteller, sondern beim Sportartikelgiganten Nike.Als Quereinsteiger stellte Shum nicht die Frage nach dem bei einem Smartphone-Betriebssystem technisch Machbaren, sondern danach, "was der Mensch sich wirklich wünscht, damit sein Leben, seine Arbeit, seine sozialen Kontakte und seine Hobbys zu einer Einheit verschmelzen".

Intensive Teamarbeit

Microsoft gab ihm die Möglichkeit, dieser Frage im Zusammenhang mit Smartphones gründlich nachzugehen. Ein Team aus Psychologen, Anthropologen, Technologie- und Marktforschern stand ihm dabei zur Verfügung. So wurden im Rahmen der Entwicklung 50 000 Menschen befragt, 400 Stunden wurden für Design-Tests aufgewendet. 225 Kunden wurden am Arbeitsplatz und zu Hause befragt, um zu verstehen, was für sie wichtig ist.

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Virtuelle Persönlichkeiten: Neben Nutzerbefragungen und Bedienexperimenten gehörten Rollenspiele fiktiver Personen zur Usability-Forschung.
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Auch für die Umsetzung sich abzeichnender Ideen stand ihm eine kompetente Mannschaft aus Interaktions-, Visual-, Motion-, Industrie- und Markendesignern zur Verfügung. Um zu überprüfen, ob die entwickelten Lösungen auch den Wünschen und Bedürfnissen späterer Nutzer entsprechen, kamen Anna und Miles zum Einsatz. Das Ehepaar mit Sohn aus Chicago repräsentiert typische Smartphone-User. Anna arbeitet in Teilzeit im PR-Bereich, ihr Gatte ist selbstständiger Architekt. An dieser Familie mussten frühe Betriebssystem-Varianten ihre Alltagstauglichkeit beweisen, in den immer wieder gleichen Szenarien. Denn Anna und Miles sind fiktive Personen, deren fiktive Informations- und Kommunikationsbedürfnisse in klar umrissenen Rollenspielen mit verschiedenen Versionen des Smartphone-Betriebssystems erforscht wurden.

Eine Bedienoberfläche namens "Metro"Am Ende der umfassenden Forschung stand Metro, wie sich die schnörkellose Oberfläche von Windows Phone nennt. Sie orientiert sich an Leitsystemen von Flughäfen, Bahnhöfen oder eben Metro-Stationen und daran, mit welcher Art technischer Unterstützung Menschen sich am leichtesten zurechtfinden.

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Urban Design: Die neue Oberfläche "Metro" orientiert sich daran, wie sich Menschen orientieren.
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Die "Live Tiles", die lebendigen Kacheln also, wecken Erinnerungen an Piktogramme, aber auch an Hinweistafeln für ankommende oder abgehende Flugzeuge. Wichtige Informationen bieten die Live Tiles im Gegensatz zu anderen statisch wirkenden Benutzeroberflächen stets aktualisiert an. Ein Blick reicht, um zu wissen, wann der nächste Termin ansteht oder ob im Postfach eine neue Nachricht wartet.Praktisch: Während in der richtigen Metro viele Schilder vom eigentlichen Ziel ablenken, kann die Metro-Oberfäche so konfiguriert werden, dass sie nur die für den Nutzer wichtigen Kacheln anzeigt. Viele dahinter liegende Bereiche fasst Windows Phone zudem thematisch geordnet in sogenannten Hubs zusammen. Mit den Hubs orientieren sich die Entwickler an Bedürfnissen von Menschen statt an Fähigkeiten eines Programms, womit der Strategiewechsel in der Smartphone-Software-Entwicklung von Microsoft vollzogen war."Ich hatte die einmalige Chance, neues Ideengut einzubringen und einen neuen Ansatz zu verfolgen", stellt Albert Shum, der Querdenker aus dem Hause Microsoft fest.