Schutzbriefe und Zusatzpolicen
Smart-Home-Versicherung: Sinnvoll oder nutzlos?
Die Versicherungswirtschaft hat das Smart Home entdeckt. Spezielle Schutzbriefe und Zusatzpolicen sollen im Notfall das vernetzte Zuhause absichern. Doch wer braucht so etwas überhaupt?
- Smart-Home-Versicherung: Sinnvoll oder nutzlos?
- Interview mit Bianca Boss (Bund der Versicherten)

Neben der intelligenten Haussteuerung, einem erhöhten Wohnkomfort und der multimedialen Vernetzung ist das Thema Sicherheit der Hauptzweck von Smart-Home-Technologien. Mit dem Heimnetz verbundene Sensoren schlagen via Smartphone Alarm, wenn Langfinger ins Haus einsteigen wollen, in der Wohnung Rauch aufsteigt oder ein geplatztes Wasserrohr die Küche flutet.
Doch was passiert eigentlich, wenn der Besitzer nicht erreichbar ist oder in einem Funkloch sitzt? Das hat sich die Versicherungswirtschaft auch gefragt und spezifische Schutzbriefe und Zusatzpolicen fürs Smart Home entwickelt. Bevor wir der Frage nachgehen, ob und für wen sich das lohnt, wollen wir uns zunächst ansehen, worum es bei der „Smart Insurance“ eigentlich geht.
Das Grundprinzip des Schutzbriefs ist die Notfallhilfe – die jeweiligen Ausprägungen unterscheiden sich jedoch deutlich. Das beginnt bereits bei der Auswahl der Komponenten, denn die meisten Versicherer arbeiten mit bestimmten Hardware-Herstellern zusammen.
Starterpaket mit Notfallhilfe
Die Allianz kooperiert beispielsweise mit Panasonic. Im Verbund mit den Japanern hat der Marktführer drei Päckchen geschnürt. Für 199 Euro bekommt man das „Smart Home Starter Kit“, bestehend aus Hub, App sowie Tür-/Fenstersensor und Innensirene, die im Notfall Alarm schlagen.
Für 50 Euro Aufpreis steuert die Allianz Assistance-Leistungen wie die Erstsicherung oder die Kontrolle vor Ort bei. Auch ein kostenfreier Schlüsseldienst gehört dazu. Ebenfalls 50 Euro extra werden fällig, wenn das Warnsystem Glasbruch und austretendes Wasser melden soll. Die Schutzbriefkomponente gilt pauschal für 24 Monate und endet automatisch.
Wer das Starter-Kit von Innogy bevorzugt und keinen Versicherungsschutz braucht, sollte bei Axa bestellen. Zwar bietet das sogenannte „Sicherheitspaket“ der Assekuranz keinerlei Extraleistungen, dafür aber Nachlass beim Hardware-Preis. Immerhin 22 Prozent Rabatt sind für die Kombination aus Zentrale, Zwischenstecker, Bewegungs- und Rauchmelder drin – statt rund 280 Euro bei Innogy zahlt man bei Axa nur 219 Euro.
Exklusiv für Telekom-Kunden hat Ergo den Safe-Home-Schutzbrief entwickelt. Reagiert der Besitzer eines Magenta-Smart-Home-Systems nicht auf ein Warnsignal (Rauch, Wasser oder Einbruch), kommen die Notfallexperten der Versicherung ins Spiel. Ist die angegebene Kontaktperson, etwa ein Nachbar, ebenfalls nicht erreichbar, wird je nach Vorfall ein Sicherheitsdienst, die Feuerwehr, die Polizei oder ein Klempner verständigt.
Vom Schutzbrief abgedeckt ist sowohl der Notfalldienst als auch die Schadensregulierung – allerdings begrenzt auf 3000 Euro. Wer das Paket von Ergo bucht, erhält zudem 50 Euro Nachlass auf weitere Magenta-Smart-Home-Produkte.

Smarte Haushaltsversicherung
Noch mehr Rabatt gibt es bei Cosmos direkt – aber nur, wenn man dort auch eine „Comfort“-Hausratversicherung abschließt. Die Versicherung kooperiert gleich mit zwei Geräteherstellern: mit Devolo und dem Google-Ableger Nest. Kunden erhalten wahlweise einen Gutschein, mit dem sie den Rauch- und CO-Melder Nest Protect zum halben Preis kaufen können, oder das kostenlose Starterpaket Devolo Home Control, das aus einem Tür-/Fensterkontakt, einer Schalt- und Mess-Steckdose sowie der Steuerzentrale besteht.
Ebenfalls Bestandteil der Hausrat- oder Gebäudeversicherung sind die Smart-Home-Angebote der Versicherungen Provinzial und Die Bayerische. Sie kombinieren Assistance-Leistungen mit vergünstigten Hardware-Komponenten von Lupus respektive Devolo. Wer die Geräteauswahl nicht dem Versicherungsunternehmen überlassen möchte, dürfte sich eher für das Paket „Technik & Sicherheit“ erwärmen, das die HDI ergänzend zu ihrer Hausratversicherung anbietet.
Mit bis zu 1000 Euro versichert sind dabei die Komponenten selbst sowie Folgeschäden durch falsche Bedienung oder Manipulation von außen. Auf Letztere fokussiert ein ganz spezielles Angebot der Inter-Gruppe: Cyber Guard ist eine Versicherung gegen Online-kriminalität, die explizit auch Angriffe auf das Smart-Home-Equipment abdeckt. Bis zu 15 000 Euro werden dem Kunden im Schadensfall erstattet. Allerdings ist die Police nicht ganz billig: Der jährliche Beitrag beträgt zwischen 99 und 159 Euro.
Sinnvoll oder nutzlos?
Nun zurück zur Ausgangsfrage: Für wen lohnen sich Schutzbriefe, Zusatzpolicen und Paketlösungen fürs vernetzte Zuhause? Wenig bis gar nichts hält man beim Bund der Versicherten von solchen Offerten. Für die Verbraucherschützer sind die Smart-Home-Schutzbriefe schlicht überflüssig (siehe Interview unten).
Ein zentraler Kritikpunkt: Die Leistungen im Schadensfall sind bei allen Anbietern gedeckelt – maximal 3000 Euro werden erstattet. Die Unwägbarkeiten, denen man durch den Abschluss einer Smart-Home-Police entgeht, sind also recht überschaubar – zu den vorrangig abzusichernden essenziellen Risiken des Lebens gehört dieser Bereich sicherlich nicht, zumal es meist ohnehin nur um Assistance-Leistungen geht.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bekrittelt zudem den Versicherungsumfang, der vielfach bereits durch ohnehinn bestehende Gebäude- oder Hausratpolicen abgedeckt sei – man sollte also unbedingt darauf achten, welchen zusätzlichen Nutzen ein ergänzender Smart-Home-Schutz überhaupt mit sich bringt.

Hinzu kommt: Die Kooperation der Versicherungen mit einzelnen Herstellern zwingt die Kunden zur Verwendung bestimmter Komponenten – die Auswahlmöglichkeit in puncto Hardware tendiert deshalb häufig gegen Null. Dennoch können sich echte Win-Win-Situationen ergeben. Von smarter Haustechnik, die Schäden präventiv zu vermeiden hilft, profitieren Versicherer und Versicherte gleichermaßen.
Deshalb sind die Assekuranzen nicht nur daran interessiert, Zusatgeschäft zu generieren, sondern generell die Verbreitung vernetzter Security-Lösungen zu fördern, indem entsprechende Komponenten subventioniert werden. Wer sich ohnehin smarte Sicherheitstechnik ins Haus holen möchte, kann deshalb bei verschiedenen Versicherern auch Rabatte in Anspruch nehmen, ohne zwingend eine zusätzliche Police abschließen zu müssen.
Ist der Preisnachlass jedoch an den Abschluss einer Hausratversicherung oder eines Schutzbriefs gekoppelt, gilt es, sehr genau hinzuschauen und das Kleingedruckte aufmerksam zu studieren. Denn keine Versicherung hat etwas zu verschenken. Vergünstigungen werden häufig durch erhöhte Beiträge oder schlechtere Konditionen erkauft. Bei Produkt-Bundles sollte man zudem darauf achten, dass die Geräte auch nach Vertragsende beim Versicherungsnehmer verbleiben.