Testbericht
Lautsprecher Canton Reference 1.2 DC
Mit einem Bündel von Maßnahmen hat Canton sein Topmodell Reference 1.2 DC (20000 Euro) erneuert. Kann das prachtvolle Tonmöbel die hohen Erwartungen erfüllen?
- Lautsprecher Canton Reference 1.2 DC
- Datenblatt

Platz sparende Abmessungen und gefällige Formen sind Tugenden, die bei Produkten des täglichen Gebrauchs immer wichtiger werden. Digitalkameras etwa können vielen gar nicht klein genug sein, selbst wenn damit einige Abstriche bei der Bildqualität und Bedienung verbunden sind. Von diesem Trend ist auch die Lautsprecherszene betroffen, was immer wieder zu Enttäuschungen führt - wenn zum Beispiel Designverliebte feststellen müssen, dass allzu sehr auf Schlankheit getrimmte Spargelböxchen selbst mit Wooferunterstützung vielfach so klingen, wie sie aussehen, nämlich dünn und unscheinbar.
Umso löblicher erscheint es daher, dass Deutschlands bekanntester Boxenbauer der Versuchung widerstanden hat, sein Topmodell beim Wechsel zur zweiten Generation zu verkleinern, nur weil eine gewisse Life-style-Klientel dies als schicker empfinden könnte.Tatsächlich ist die Reference 1.2 DC bei unveränderter Höhe sogar wenige Zentimeter breiter und tiefer geworden. Obwohl die Unterschiede nur im direkten Vergleich ins Auge stechen, stieg das Nettovolumen der Tieftonabteilung um annähernd 40 Prozent, während die übrigen Volumina etwas abnahmen. Bei unverändert 12 Zoll großen Tieftönern ergibt sich daraus eine nochmals tiefere untere Grenzfrequenz: Der Eckwert ist satte 7 Hertz nach unten gerutscht und liegt nunmehr nahe der 20-Hertz-Marke.

Gleichzeitig ist Cantons Flaggschiff im gesamten Übertragungsbereich 1 Dezibel lauter geworden und zählt zu den wattgenügsamsten, linearsten und breitbandigsten Passivboxen (siehe Messwerte) überhaupt. Messtechnisch nennenswert übertroffen (Tiefbass) wird sie aktuell nur von der Focal Grande Utopia EM. Die Boxenreferenz kostet allerdings mehr als das Sechsfache und verlangt erheblich mehr Raum.
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Dass das stattliche Format (Bruttovolumen über 300 Liter) subjektiv erstaunlich sozialverträglich daher kommt, liegt an einer geschickten Formgebung. Die ehemals durchgängig flache Front ist nun im Bereich der Mittel-und Hochtöner schmaler gestaltet. Eine Gehäusetiefe von jetzt knapp 60 Zentimeter stört weniger als eine ungebührliche Höhe oder Breite.
Ansehbar ist die Reference 1.2 auf jeden Fall, dafür sorgt schon der makellose Klavierlack in Schwarz, Silber oder Weiß, dessen Perfektionsgrad den des Vorgängers aus dem Jahre 2006 nochmals deutlich übertrifft. Wahlweise gibt es das 96 Kilogramm schwere, nur von zwei Personen zu bewegende De-Luxe-Tonmöbel auch in handselektiertem Kirschfurnier mit Klarlack, sogar Wunschfarben sind auf Anfrage lieferbar.

Zum erstklassigen Gesamteindruck trägt das stark verbesserte Anschlussterminal nicht unwesentlich bei. Selbstredend ist es Bi-Wiring-fähig und verfügt neuerdings über eine integrierte Ortsanpassung (kleine Schraub-Pins) zur Feinjustage des Klangcharakters.Die wenigsten Veränderungen gab es an den Basschassis, hier kommen im wesentlichen neue Sicken zum Einsatz und eine geänderte Abstimmung in Bezug auf Gehäuse und Frequenzweichen. Klanglich profitieren Bass wie auch die übrigen Zweige von einem weiter verbesserten Gehäuse, dessen Bauweise (Schichtholzlaminat) auf komplexen Berechnungen basiert.
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Mittel- und Hochtöner sind Neukonstruktionen mit zahlreichen raffinierten Details. Die Metallmembranen der 7-zölligen Mitteltöner verfügen nunmehr über drei Radien und sind dadurch im Bereich des Schwingspulenhalses erheblich steifer. Beim Hochtöner kommt eine Keramikkalotte zum Einsatz, mit deutlich höherer Bandbreite und verbessertem Rundstrahlverhalten.

Auffallend neutral im tonalen Sinne klang schon das Vorgängermodell, dennoch tönte die Weiterentwicklung nochmal eine ganze Ecke selbstverständlicher und treffsicherer. Ketzer könnten der Reference 1.2 vorhalten, ihr Klangcharakter sei eigenschaftslos, ohne zu ahnen, welch gewaltiges Kompliment sie den Entwicklern damit machen.
Tatsächlich traf das schwarzglänzende Luxus-Tonmöbel Klangfarben mit einer Präzision, an der professionelle Tonmeister gewiss ihre helle Freude hätten. Frauen- und Männerstimmen sowie akustische Instrumente, die heikelsten Prüfsteine für den Lautprecherklang weit und breit, timbrierte das Canton-Flaggschiff mit geradezu atemberaubender Natürlichkeit.

Diese Charaktereigenschaft und ihr gutmütiges elektrisches Verhalten - ohne wilde Impedanzschwankungen oder erhöhten Wattbedarf - vereinfachen die Verstärkerwahl ganz erheblich. Mühelos harmonierte das Canton-Flaggschiff mit praktisch allen Verstärker-Bauformen und -Güteklassen. Die Jury brauchte nur die Klangbeschreibungen der Verstärkertests aufzurufen und konnte sicher sein, dass der beschriebene Charakter an der Reference 1.2 DC auch tatsächlich durchschimmert.
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Ob der feinfühlige Supernait von Naim (Test in Ausgabe 9/07) die Canton speisen durfte oder der geschmeidige Vollverstärker von Brinkmann (5/09) - jede Kombination war für sich ein Genuss. Die Klangpunktevergabe erfolgte aber der Vergleichbarkeit wegen wie immer an den ultrasouveränen Thorens-Monoverstärkern TEM 3200, die an 4 Ohm satte 400 Watt bereitstellen. Pegeltalent und Differenzierungsvermögen der Reference 1.2 kamen so nochmals deutlich besser zum Vorschein.

Forsche Musikstücke, deren Machart bereits zum lauten Hören animiert, so etwa das mit Bassläufen und Schlagwerkzeug gespickte "Samb Adagio" der skandinavischen Studioformation Safri Duo, schienen die Boxen völlig kalt zu lassen, erzeugten bei den Hörern dafür umso mehr Begeisterung.
Dieses Dancefloor-taugliche Klangbeispiel, das manchen eigentlich nicht unflotten Lautsprecher der 80er und 90er Jahre heute eher behäbig wirken lässt, konnte die neue Reference mühelos bis in kleinste Detail aufdröseln, ohne angestrengt oder gar klinisch zu agieren, wie es beim Vorgängermodell teilweise noch der Fall war.
Selbst die vermutlich beliebteste Konkurrenzbox der 20_000-Euro-Liga, die 800 D von B&W (Test 1/2006), geriet da ins Hintertreffen. Die Wettbewerberin tönte gewohnt samtig, kraftvoll und homogen, vermittelte aber nicht die Präzision und Standhaftigkeit, die den Umgang mit dem neuen Canton-Topmodell zu einem so besonderen Erlebnis macht.
Canton Reference 1.2 DC
Canton Reference 1.2 DC | |
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Hersteller | Canton |
Preis | 20000.00 € |
Wertung | 64.0 Punkte |
Testverfahren | 1.0 |