Testbericht
Lautsprecher Piega CL 120 X
Bändchenspezialist Piega lanciert nach längerer Abstinenz ein neues Flaggschiff, die CL 120 X (25000 Euro das Paar). Prachtvolle neue Basstreiber und ein verfeinerter Koax versprechen Genuss auf allerhöchstem Niveau. Exklusivtest.
- Lautsprecher Piega CL 120 X
- Datenblatt


Top-Produkte von Nobelmarken, klanglich wie haptisch ausgefeilt bis zum Geht-nicht-mehr, stehen auf jeder Messe im Rampenlicht. Doch für die tägliche Nutzung sind viele der oftmals sündhaft teuren Aushängeschilder nicht sonderlich geeignet, sei es wegen ausufernden Platzbedarfs oder kaum beherrschbarer Anforderungen an die Peripherie.
Das Schicksal einer zwar imageträchtigen, letztlich aber schwer verkäuflichen Luftnummer muss die neue CL 120 X der kleinen Schweizer Boxenwerkstatt Piega kaum fürchten: Gemessen an den bisweilen sechsstelligen Summen, die manch exotischer High-Ender für seine Boliden aufruft, ist das optisch ebenso zeitlos wie edel gestylte Tonmöbel mit seinen 25 000 Euro fast ein Schnäppchen.
Bodenhaftung beweist die in Horgen am Zürichsee ansässige Lautsprecherfirma auch in Sachen Gestaltung. Mit einer Kombination aus Techno-Look und moderaten Abmessungen (Höhe nur gut ein Meter) transportiert das neue Topmodell sowohl Bescheidenheit als auch Solidität; für die Verkaufszahlen gewiss kein Nachteil.

Bei aller Zurückhaltung im Äußeren ist das neue Piega-Flaggschiff keinesfalls ein Massenprodukt, wie ein Blick auf die Waage verrät: Satte 77 Kilogramm künden von einem Materialeinsatz, der auch in der anvisierten Boxen-Weltelite keineswegs selbstverständlich ist.
Ein Großteil davon geht auf das Konto des Gehäuses, einer einzigartigen Kombination aus aufwendigst konzipierten, großflächigen Aluminiumteilen und vielen kleineren Elementen aus hochverdichtetem Schichtholz, vorwiegend im Bereich der Schallwand. Die unten abgedruckten Fotos der offenen Schatullen lassen erahnen, wieviel Arbeit dahinter steckt.
Hintergrund der gigantischen Materialschlacht - treue stereoplay-Leser wissen es längst - ist das Streben nach einem akustisch idealen, maximal steifen und stabilen Gehäuse, das die Chassis unnachgiebig abstützt und dem Klang keinen störenden Fremdcharakter überstülpt.

Einen ähnlichen Korpus besaß auch das Vorgängermodell, Piegas legendäre C 40, die den Redakteuren aus dem Test in Heft 10/2001 noch in bester Erinnerung ist. Bei nahezu unveränderten Abmessungen (die CL 120 ist bei gleicher Höhe minimal breiter) konnte Piega-Chefentwickler Kurt Scheuch den Innenaufbau weiter auf die Spitze treiben und so die schon bisher überragende Resonanzarmut nochmals steigern.
Äußerlich kaum verändert zeigt sich das Markenzeichen der Schweizer, das großformatige Koaxial-Bändchensystem, bei dem zwei elektrisch eigenständige Schallquellen sowohl auf einer gemeinsamen Achse als auch in derselben Ebene liegen - so, wie es die Verfechter von Punktschallquellen verlangen. Feinarbeit an den Magnetsystemen (Unmengen feinstes Neodym) wie auch im Umgang mit Folien und Klebstoffen sollen die aktuelle Version nun auf ein nochmals höheres Klangniveau heben.

Gänzlich neu ist die Bassbestückung. Während in der C 40 ein klanglich nicht hundertprozentig homogener Verbund aus zwei verstärkergetriebenen Chassis und drei Passivmembranen zum Einsatz kam, ist der Nachfolger vergleichsweise klassisch bestückt. Zwei extrem dynamikpotente Treiber neuester Machart mit deutlich vergrößertem Durchmesser in Kombination mit einer strömungsoptimierten Bassreflexöffnung gehen nun auf Ohrenfang und versprechen, wie Tüftler Scheuch nicht ohne Hinterlist anmerkt, deutlich mehr Stabilität und Hörfreude bei komplexen Signalen, obwohl schon die nun ausgelaufene C 40 diesbezüglich kein Kind von Traurigkeit war.Messtechnisch gab sich die CL 120 noch einen Tick linearer als der Vorgänger. Die Bändchen-Kombi glänzt mit exorbitanter Bandbreite (bis 30 Kilohertz völlig linear) und rasantem Abklingverhalten im Wasserfalldiagramm.
Galt schon die C 40 klanglich in der Szene als hochkultivierte Musterschülerin, vor deren Sanftmut und Rasse viele Wettbewerber noch heute den Hut ziehen, so gesellten sich nun weitere Superlative hinzu. Dabei hat das Piega-Topmodell an Homogeniät und Geschmeidigkeit keineswegs verloren, sondern eher noch zugelegt.

Mit geradezu traumwandlerischer Sicherheit balancierte die Eidgenössin auf dem schmalen Pfad zwischen überschwänglicher Spielfreude und unaufgeregter Gelassenheit, was vielen anderen Schallwandlern nur in bestimmten Pegelbereichen oder bei ausgesuchten Musikbeispielen gelingt.Den metallenen Schwergewichten schien es hingegen gleichgültig, ob die Tester Kammermusik oder Gitarrenrock abriefen; sie erwiesen sich als steter Ausbund an Neutralität und feinster Geschmeidigkeit bei höchster Klangfarbenfülle. Nur Detailtreue um jeden Preis schien nicht ihr Metier.
Darin unterschied sich die Piega von analytischer aufspielenden Wettbewerbern wie der Reference 207/2 von KEF, die manch feine Verästelung noch etwas deutlicher hervorhob und dabei Aufnahmeschwächen zu Tage förderte, die einem ganzheitlichen Genuss nicht unbedingt zuträglich sind.
Nachdem die Piega alle Pflicht-Klangrunden absolviert hatte, durfte sie endlich zur Kür übergehen und die Tester damit verwöhnen, wofür vornehme Schallwandler gedacht sind: die stressfreie Vermittlung musikalischer Inhalte. Darin macht der CL 120 X keiner was vor.
Piega CL 120 X
Piega CL 120 X | |
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Hersteller | Piega |
Preis | 25000.00 € |
Wertung | 64.0 Punkte |
Testverfahren | 1.0 |