Piega Classic 7.0 im Test
Piega, eigentlich bekannt für Nobellautsprecher, liefert mit den Classic-Boxen eine preisgünstige Einsteiger-Serie. Wie zeigen sich Klang und Verarbeitung der Piega Classic 7.0 im Test?

Der Piega-Firmensitz in Horgen direkt am Zürichsee ist sicher einer der schönsten Arbeitsplätze der Welt. Aber alles hat seinen Preis: Edelste Erzeugnisse der Schweizer Manufaktur Piega wie die wundervollen Koaxial-Bändchen C 1 und C 2 oder auch den für feinste Höhen verantwortlichen Magnetost...
Der Piega-Firmensitz in Horgen direkt am Zürichsee ist sicher einer der schönsten Arbeitsplätze der Welt. Aber alles hat seinen Preis: Edelste Erzeugnisse der Schweizer Manufaktur Piega wie die wundervollen Koaxial-Bändchen C 1 und C 2 oder auch den für feinste Höhen verantwortlichen Magnetostaten LDR 2642 MKII fertigen Schweizer Hände - für teures Geld. Auch die Aluminium-Gehäuse, für die Piega in aller HiFi-Welt bestens bekannt ist, treiben die Kalkulation nach oben.
Als die Firmenchefs und Gründer Leo Greiner und Kurt Scheuch sich entschlossen, die "Classic"-Serie zu lancieren, steckten sie diese in Holzgehäuse. Übrigens eine Art Rückkehr, denn angefangen hat Piega in Holz, "Heavy Metal" kam später. Als dann mit den kleineren Modellen 3.0 (1000 Euro), 5.0 (2000 Euro) und die hier anstehende 7.0 (3000 Euro Paarpreis) der HiFi-Gemeinde der Einstieg in die Piega-Welt leichter gemacht werden sollte, musste auch der LDR (Linear Drive Ribbon) dran glauben.
Luft in Bewegung
Doch so ganz wollten die hauptamtlichen Piega-Entwickler Kurt Scheuch und Daniel "Düsentrieb" Raymann nicht auf die besonders feine Note im Hochtonbereich verzichten. Und kaufen deshalb für die "kleinen" Classicer so genannte Air Motion Transformer AMT-1 für den Bereich ab 3000 Hertz ein. So erklärt sich die Preispolitik aus der heutzutage üblichen Arbeitsteilung in der globalisierten Welt: Erdacht, konzipiert und abgestimmt in Zentraleuropa, gefertigt in Fernost.
Der AMT-1 strahlt seinen Frequenzbereich nach dem von Oskar Heil ersonnenen Prinzip ab. Eine Membran mit mäanderförmig aufgedruckten Leiterbahnen wird in einem steten Magnetfeld ziehharmonikaförmig gefaltet. Liegt nun Signalspannung in Form von Musik an, öffnen und schließen sich die Membranfalten in deren Takt - Luft wird angesaugt und ausgestoßen, Töne erzeugt. Höheren Wirkungsgrad und leichtere Ansteuerbarkeit führen Fachleute für diese Art von Folientöner ins Feld.

Um Mitten und Bässe kümmern sich zwei 18-Zentimeter-Konusse, von denen der eine allerdings erst unterhalb etwa 400 Hertz mit ins Spiel kommt. Eine klassische Zweieinhalb-Wege-Bassreflex-Konstruktion. Die Polypropylen-Membranen sind über Sicke und Zentrierung so aufgehängt, dass sie laut Piega sehr weit auslenken können ohne zu komprimieren oder zu verzerren: Maximum Displacement Suspension, MDS. Eingepasst sind alle Töner vorbildlich in die Schallwand eines ebenso vorbildlich gefertigten Gehäuses.
Apropos Gehäuse: Zum AUDIO-Test kam die hochglanzweiß lackierte Variante, die einen wirklich edlen Eindruck machte. Die schwarze Abdeckung nimmt man da gerne ab. Aus früheren Tests kennt der Autor auch die für die 7.0 optionale "Makassar"-Ausführung. Dieser marmorierte, dunkle Holzton kann sich in entsprechender Umgebung besonders fein machen.
Hörtest
Schon nach kurzer Einspielzeit konnte die Lady in White jenen ruhigen, unaufgeregten Fluss in ihre Darbietung bringen, mit der sanfte Klanganmut wie auf der neuen SACD von Carrie Newcomer für sich einnehmen kann. Die Piega kann Musik mit jener ganz eigenen Mischung aus Homogenität und Offenheit wiedergeben, wie sie nur erfahrene Lautsprecherbauer hinbekommen.
Denn weder erkaufte sich die 7.0 ihre volltönende, sonore Stimmwiedergabe mit einer übergebührlichen Betonung der unteren Mitten, was dann schnell auf Kosten differenzierter Grundtonwiedergabe gehen kann. Noch schummelt sie mit unverschämter Brillanzbetonung Höhen herbei, die auf den ersten Höreindruck erfrischend, auf Dauer aber nur noch nervend wirken.

Nein, die große der kleinen Piega-Lautsprecher hat eine weiße Weste, was die Frequenzbereiche angeht, denn auch im Bass mogelt sie nicht: Den von vielen Mitbewerbern gewohnten, Tiefbass nur vortäuschenden, Kick bei 60 Hertz erspart sie den Hörern. Man hat sogar insbesondere bei sehr freier Aufstellung im Raum den Eindruck sehr zurückhaltender Bass-Wiedergabe. Die Brustkörbe großer Bassisten wie Martti Talvela im Verdi-Requiem unter Georg Solti (Decca/Universal) schnurrten da ein wenig zusammen, dem Kontraoktav-Fundament spätromantischer Sinfonieorchester (Bruckner 8 unter Jaap van Zweden, Challenge Classics) ging etwas Autorität abhanden.
Jeden Cent wert
Doch das vermeintliche Manko ließ sich vergleichsweise einfach beheben. Im relativ stark bedämpften und recht großen AUDIO-Hörraum suchte die zurückhaltende Schweizerin offenbar doch Nähe. Nähe zur Rückwand beispielsweise. Im Gegensatz zu vielen ihrer Klassen-Kameradinnen gewann sie durch Abstände diesseits von 50 Zentimetern an Bass-Masse, ohne aufzuschwemmen. Wandnah und eingewinkelt auf die Hörposition spielte sie weiterhin eine weitere ihrer großen Stärken aus: die punktgenaue Fokussierung. Der Autor ist ein großer Fan von Aretha Franklin. In ihrer "Atlantic Album Collection" findet sich der Mono-Mix ihres großen Hits "Respect".
Das Piega-Pärchen stellte die respektable Stimme der Amerikanerin punktgenau in ihre Mitte, und zwar auch vor die Band und die Background-Sängerinnen. Im Stereo-Mix offenbarte sie dann auch noch präzise, dass die Produzenten die Stimme da ein bisschen "breiter" abgemischt und Band wie Background relativ strikt auf die zwei Kanäle verteilt hatten. Die Piega Classic 7.0 ist ein wahrhaft feiner Lautsprecher, der jeden Rappen, pardon: jeden Cent wert ist.
Fazit
Mit der Classic-Serie steigt Piega mit Glanz und Gloria ins mittlere Preissegment ein. Billige Lautsprecher werden aus Horgen wohl nie kommen, doch mit der Classic 7.0 für 3000 Euro pro Paar beweisen die Schweizer auch in dieser Preisklasse ihre Sonderklasse. Dieser Standlautsprecher im edlen Hochglanz-Look erlaubt sich keinerlei für preiswerte Boxen typische Tricksereien. Piega steht mit blütenweißer Weste da.