Piega Premium 701 im Test
Die 701 führt die neue Premium-Serie von Piega an. Die Standbox kommt mit einem 2,5-Wege-System und neu entwickeltem Hochtonbändchen. Wie schlägt sich die Piega Premium 701 im Test?

So lässt es sich leben. Piega residiert direkt am Westufer des Zürichsees: im beschaulichen Ort namens Horgen. Wir wissen nicht, woher der Chefentwickler Kurt Scheuch seine Inspiration bezieht, aber ein entspannender Spaziergang auf der nahen Promenade muss belebend wirken. Zudem gibt es gleich me...
So lässt es sich leben. Piega residiert direkt am Westufer des Zürichsees: im beschaulichen Ort namens Horgen. Wir wissen nicht, woher der Chefentwickler Kurt Scheuch seine Inspiration bezieht, aber ein entspannender Spaziergang auf der nahen Promenade muss belebend wirken. Zudem gibt es gleich mehrere wunderbare Restaurants in Laufweite. Kurzum: Die Piegas pflegen einen gehobenen Lebensstil. Das merkt man auch ihren Produkten an. Jeder Lautsprecher aus ihrem Hause prangt mit feinster Verarbeitung und innovativen Lösungen. Jetzt ganz frisch auf dem Markt: die neue Premium-Serie mit der Kompaktbox 301, dem schlanken Säulenlautsprecher 501 und on top der Standbox 701.
Zwei Jahre hat die Entwicklungsarbeit gedauert, viele kleine Veränderungen zur Vorgängerserie hat Kurt Scheuch eingebracht. So wurde beispielsweise das Profil der Gehäuse neu erdacht. Früher war die Rundung deutlicher nach einem „U“ geformt, jetzt haben wir ein stumpferes „C“. Natürlich zeichnet für das Design wie gehabt der bekannte Schweizer Designer Stephan Hürlemann verantwortlich. Ebenso natürlich besteht die neue Premium-Serie aus dem vollen, gepressten Aluminium. Aber neue Streben wurden eingepasst. Piega verspricht sich und den Kunden eine höhere Steifigkeit und Dämpfung von plus 30 Prozent. Jedes Gehäuse wird am Firmensitz aufwendig mit Bitumenmatten ausgekleidet. Das dauert, bringt aber viel. Beispielsweise auf die Waage: Wir haben uns für unseren Test das große Modell 701 ausgesucht mit 28 Kilo pro Stück. Doch sie trägt nicht im Wohnumfeld auf: 106 Zentimeter in der Höhe stehen einer schmalen Front von 18 Zentimetern gegenüber.

Mehr Fläche und Know-how
Wer sich in der Firmentradition etwas auskennt, wird von dem neuen Klangwandler fasziniert sein. Ursprünglich sollte die 701 auch das bewährte Hochtonbändchen LDR 2642 MKII tragen. Doch Kurt Scheuch wollte mehr: mehr Fläche und neues Know-how. So ist das LDR 3056 entstanden. Hier gibt es eine neue Aufhängung und eine masselose Bedämpfung. Ebenfalls schön: Die wuchtige Aluminiumfrontplatte wird ohne sichtbare Schrauben eingefügt. Sie ist ideal konstruiert für einen homogenen Übergang zur Schallwand. Außerdem wurde der Wirkungsgrad erhöht – erschaffen durch ein neues Folienlayout und ein stärkeres Magnetsystem. Das Versprechen der Macher: Bis zu stolzen 50 Kilohertz soll es in die Höhe hinaufgehen.
Als klangliche Gefährten baut Piega darunter seine MDS-Konustreiber ein („Maximum Displacement Suspension“) – im Falle der 701 zwei Modelle mit 14 Zentimetern im Durchmesser. Die Gesamtkonstruktion ist nebenbei kein Drei-, sondern ein waschechtes 2,5-Wege-System. Gen Boden verschraubt Piega herrlich wertige Traversen, natürlich auch aus gebürstetem Aluminium mit großformatigen Spikes. Der Aufwand hat seinen Preis: 5300 Euro beträgt der Pärchenpreis der neuen Premium 701. Dafür darf man als Kunde sowie als Tester einiges an klanglichem Gegenwert erwarten.

Hörtest: Außergewöhnlicher Klangwandler
Wir begannen unseren Testlauf mit dem ganz großen Stream – mit der Signature-Box aller Lennon-Solo-Aufnahmen in 24 Bit und 96 Kilohertz. Schon mit dem ersten Track „Mother“ war klar, dass hier ein außergewöhnlicher Klangwandler aufspielte. Da war das feine, vorwärtstreibende Schlagzeug von Ringo Starr, dazu der konturenstarke Bass von Klaus Voormann. Schnell erkannten wir einen der ganz großen Vorzüge der Piega: Die Chassis spielen herrlich zusammen – im Timing sowie in den harmonischen Schattierungen. Beim Oldie „Stand by me“ lieferte die Piega formschön die markante Rhythmus-Gitarre weit vor der Boxenachse, dazu die Singstimme von John Lennon; das löste sich vorbildlich leicht von den Membranen. Faszinierend auch, wie viel Luft und Entspanntheit der Bändchenhochtöner ins Klanggeschehen einbrachte. Dieser Lautsprecher wirkte nie zickig oder gar angriffslustig. Die hohe Geschmeidigkeit macht ihn auch zum idealen Sparringspartner für anspruchsvolle Klassik: etwa die gesammelten Brahms-Sinfonien.
Herbert von Karajan dirigiert die Berliner Philharmoniker. Das Besondere dieser Aufnahme: Sie stammt aus den frühen 60er-Jahren und wurde von der Deutschen Grammophon in 24 Bit und 96 Kilohertz vorgelegt. Das klingt fantastisch, ein Klangtraum. Man spürt, dass die Liebe zwischen Dirigent und Musikern noch frisch ist. Zudem verzichtet Karajan auf viele Scheinwerte, mit denen andere Dirigenten Brahms interpretierten. Hier gibt es kaum Wucht und Schwere, stattdessen bleibt alles agil und durchhörbar – fast Kammermusik. Die Tontechniker waren damals kongenial unterwegs: Die Analyse des Klanggeschehens ist enorm, vor allem räumlich.

Jetzt kommt es auf den Lautsprecher an: Kann er die Dichte der Informationen wiedergeben, gelingt ihm die Aura? Genau hier erfreute die Premium 701 unser audiophiles Herz. Das war ein Streicherteppich mit punktgenauen Ausmaßen, dazu die klare Staffelung zu den dahinter sitzenden Holzbläsern und den nochmals tiefer im Raum beheimateten Blechbläsern. Die Piega ließ diese Musik wunderbar leicht entstehen, maximal stressfrei und mit einer fast schon holografischen Informationsdichte.
Zum Finale den ganz feinen, ganz neuen Jazz: Till Brönner und Dieter Ilg schwelgen in einer schon spartanischen Aufstellung mit einer Trompete und einem Kontrabass. Wie viel musikalische Innenspannung das hat, zeigen sie vorbildlich auf dem Album „Nightfall“. Gleich der erste Track lässt Magie entstehen: „A Thousand Kisses Deep“ nach dem Original von Leonard Cohen. Die Piega vermittelte perfekt die Maße des Aufnahmeraums, schon allein für diese Präzision darf man sie lieben. Dann das knorrige Schreiten der Kontrabass-Saiten, der Korpus des Instruments – auch das war ganz fein tariert. Schließlich die Solo-Trompete von Till Brönner: Die Premium 701 beherrschte die hohe Kunst der Phrasierung, das war zutiefst musikalisch und maximal aufgelöst bis in die Atemzüge hinein.