Wireless-Musiksystem
Teufel Raumfeld Speaker L im Test
"Raumfeld by Teufel" Speaker L ist ein Lautsprecher mit Aktivelektronik, D/A-Wandler und Netzwerk-Player. Mit dem neuen Connector² und einer Phonostation ist man völlig losgelöst von traditionellen Anlagenkonzepten.

Probieren geht über studieren. So zumindest lautet das Motto, wenn die Praxis eine kreativere Lösung verheißt als das langweilige Blättern in Anleitungen. Das funktioniert natürlich nur, wenn die Entwickler das Nutzungsverhalten der User weit genug antizipiert haben. Was am Raumfeld-Konzept sofort auffällt, ist der modulare Zugang zum System. Die Raumfeld-Gründer Michael Hirsch und Stephan Schulz waren früher Spezialisten für die Verwandlung von Computern in funktionale Tonstudios.
Gründlich durchgecheckt
Der Speaker L ist der bisher größte Standlautsprecher mit integriertem WLAN-Netzwerk- Player und App-Steuerung. Wenn man bedenkt, dass hier auch noch ein HiRes-D/A-Wandler schuftet, wirken die veranschlagten 1300 Euro geradezu lächerlich.

Die Bassreflexbox arbeitet mit drei Wegen, zwei 17er-Carbon-Bässen, einer großen 28- mm-Gewebekalotte und einem darüber montierten 13er-Zellulosemembran-Mitteltöner. Aktivmodul und digitale Signalverarbeitung stecken in einem Gehäuse, der Anschluss zur Partnerbox geschieht rein passiv über ein Lautsprecherkabel. Ergo haben wir es mit "Master" und "Slave" zu tun. De facto handelt es sich um eine pseudoaktive Lösung, da die Frequenzweiche passiv voraus entzerrt und das Audiosignal erst dann über die Endstufen in der Master-Box an alle Chassis beider Boxen läuft. Per definitionem sind hier dennoch zwei Aktivboxen am Werk.
Praxis: Lautsprecher richtig aufstellen und einwinkeln
Obwohl die ganze Elektronik in eine Box gepackt wurde, fallen im ersten Hörcheck keine wesentlichen Links-rechts-Differenzen auf. Die etwas stärkere vertikale Bündelung (Pseudo- D'Appolito) ist in den meist reflexionsreichen Wohnräumen von Vorteil. Auf Achse linear getrimmt, ergibt sich selbst auf 30 Grad ein sanft abfallender Frequenzverlauf ohne Präsenzbuckel - sauber abgestimmt.

Der Countdown läuft...

Zuerst fällt die Controller-Entscheidung: Original-Raumfeld-Controller für 400 Euro oder kostenlose Smartphone-App? Da ich ohnehin iPhone-User bin, lade ich die App herunter. Das Einrichten geht dann sehr einfach vonstatten: Raumfeld- Box anschalten, per RJ45-Netzwerkkabel wahlweise mit Router oder Raumfeld-Base verbinden und die App starten. Sobald die Box im Netzwerk gefunden wurde, kann das RJ45-Kabel von der Master-Box getrennt werden; aber nur, wenn man auf WLAN angewiesen ist, denn kabelgebunden bleibt die Bandbreite immer höher - ergo die Übertragungsqualität besser. Wer jedoch im 5-GHz-Band funkt, erreicht vergleichbare Ergebnisse.
Praxis: Multiroom-Lösungen im Vergleich
Nun geht es an die Musikressourcen. Der Scan unseres RipNAS-Servers dauert kaum 15 Minuten, dann stehen über 70 GByte Musikdaten zur Verfügung. Ein wichtiger Faktor bei Netzwerk-Applikationen ist die Ansprache bzw. Latenz. Ich möchte nicht jedes Mal eine Gedenkminute einlegen, wenn der Server einen neuen Titel anfordert.

Das ist hier nicht zu befürchten: Verzögerungsfrei und sogar gapless (ohne Pausen) starten und springen Titel sowie Alben; nur bei Radiosendern muss man zwei bis drei Sekunden Protokoll-Anforderung dulden. Wer regelmäßiger "Netzhörer" ist, wird sich freuen, denn im Raumfeld-Menü sind Last.FM, Napster und Simfy implementiert. Tausende Web-Radiosender sind sofort abrufbar. Musikressourcen wie USB-Festplatten (USB 1.1) und Computer zeigt das System in "Meine Musik" und schafft so ein Gesamtverzeichnis aller importierten Titel. Nur sollte man während eines Scans nicht versuchen, HiRes- Musik an die Box zu streamen, da es aufgrund knapper Rechenleistung zu Verbindungsabbrüchen kommen kann. Laut Teufel kann auch ein iPhone 5 (LTE-Bug) die Netzwerk-Bandbreite weiter einstampfen.
Kaufberatung: Die besten Standboxen bis 1.500 Euro
Im Test läuft alles glatt. Nur an die Eingangswahl muss ich mich erst gewöhnen: Ich muss den laufenden Titel erst stoppen, bevor ich auf den Line-In wechseln kann. Mit der neuen Firmware ist der Line-Eingangspegel immerhin anpassbar, was vor allem bei Schallplatten sinnvoll ist. Und wenn das Duo aus Teufels Phonostation und Pro-Jects Xperience Basic+ so fein dynamisch aus dem Speaker L klingt wie im Hörraum, ist die Analogwelt endlich im Netz angekommen!

Raumfeld-App
Besonders angetan bin ich von der flüssigen App-Bedienung: Playlists anlegen ist ein Genuss, da man über ein Submenu beim Musikhören etwas Individuelles zusammenbasteln kann. Das "Scrubben" durch Musiktitel funktioniert lückenlos und ebenso zuverlässig.
Spotify, Simfy & Co.: Apps fürs Musik-Streaming
Vom Inneren zum Äußeren: Teufels eigener Raumfeld-Controller scheint dem Cockpit eines alten Chevrolets entrissen. Die klobige Fernbedienung liegt aber überraschend gut in der Hand und offeriert einen richtigen Volume-Knopf, mit dem man latenzfrei und sehr feinstufig regeln kann. Visueller Bonus: Beim Abspielen rauscht eine Waveform des Songs über den Schirm! Display-Auflösung und Bildaufbau erreichen leider kaum Smartphone-Standard.

Völlig losgelöst
Es ist schon verblüffend, wie gut bereits MP3-Webradio klingen kann. Die Speaker L schaffen eine riesige Abbildung in einem scheinbar schwerelosen Gefüge. Trotzdem bleiben Bassdrums satt konturiert und kicken locker dynamisch aus dem Gehäuse. Stimmen sind fokussiert, nie dünn, nie zischelig und erreichen eine schöne Feindynamik. Grobdynamisch sind die Speaker L wirklich eine Show. Ich drehe lauter, bemerke jedoch keine Kompression. Natürlich ein Vorteil der aktiven Endstufenkontrolle, doch auch die passive Frequenzweichen- Abstimmung hat Teufel feinsinnig gelöst. So kommt zusammen, was zusammen kommen muss: Klare, ungetrübte Dynamik bei allen Lautstärken. Es ist ein seltenes Vergnügen, den Lautstärkeregler im Uhrzeigersinn nach oben zu jagen.
HiRes-Dateien bringen zwar einen gewissen Qualitätssprung - 24/96-FLACs klingen feinsinniger, saftiger und räumlich gelöster als 16/44-Formate - feinste Nuancen kommen jedoch weniger zur Geltung. Doch auch hier gilt: Eine direkte Netzverkabelung bringt Präzision. Der kräftigere Bass fordert etwas Wandabstand, macht allerdings bei vielen Musikrichtungen Spass - zumal hier nichts brummelt.
Einfache Bedienung, toller Klang, beliebige Erweiterbarkeit: Sind die bei Teufel schon von der Erde losgelöst oder einfach nur abgehoben?