Vivo-Flaggschiff mit Zeiss-Kamera
Vivo X60 Pro im Test: Kompakter Allrounder
Um Vivo ist es ruhig geworden, die große Produktoffensive nach dem Markteintritt in Deutschland 2020 ist bisher ausgeblieben. Das ist schade, denn mit dem neuen Topmodell X60 Pro geben die Chinesen eine Demonstration ihres Könnens. Mehr dazu lesen Sie in unserem Test.
- Vivo X60 Pro im Test: Kompakter Allrounder
- Fotoqualität: Vivo X60 Pro im camera quality benchmark

Ende 2020 ist Vivo zum ersten Mal offiziell in Deutschland aufgetreten, mit dem Top- Smartphone X51 5G im Gepäck und der Ankündigung, die Marke hierzulande Schritt für Schritt aufzubauen. Schon damals betonte man die langfristige Perspektive des Engagements und vermied vollmundige Ankündigungen. Mit dem Ergebnis, dass die Konkurrenz von Oppo und Xiaomi sich immer stärker in der Lücke ausbreitet, die der Niedergang von Huawei gerissen hat.
Aber diese Zurückhaltung in Deutschland täuscht darüber hinweg, dass Vivo außerordentlich erfolgreich expandiert: Im vierten Quartal 2020 führte die Marke den asiatischen Smartphonemarkt erstmals an, international rangiert Vivo stabil auf Platz fünf der weltgrößten Smartphonehersteller. Die im November 2019 gegründete Europazentrale in Düsseldorf ist mittlerweile auf 80 Mitarbeiter angewachsen.
Anfang 2021 hat man den tschechischen und rumänischen Markt erschlossen und ist jetzt auch in Österreich und Serbien aktiv. Hinzu kommt die EURO 2020, bei der Vivo als offizieller Sponsor aufgetreten ist, was die Sichtbarkeit der Marke deutlich erhöht hat. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis Vivo in Deutschland das Tempo erhöht. Das ist nur zu begrüßen, wie das neue Vivo X60 Pro zeigt.
Vivo X60 Pro: Eines der dünnsten 5G-Phones
Kann man ein Smartphone mit einem 6,6-Zoll-Display überhaupt noch als kompakt bezeichnen? Der Trend zu immer mehr Display führt jedenfalls dazu, dass man von der Mittelklasse aufwärts kaum noch Smartphones mit kleineren Panels findet. Und diese Modelle sind fast durch die Bank größer, schwerer und dicker als das Topmodell von Vivo, das mit einer UVP von 799 Euro zur gehobenen Mittelklasse gehört.
Insofern ist die Bezeichnung „kompakt“ also zutreffend. Das zeigt auch ein Vergleich mit einem der wenigen Smartphones mit kleinerer Displaydiagonale: Der 6,4-Zöller Oneplus Nord ist genauso groß und bringt sogar knapp 10 Gramm mehr auf die Waage. Selten liegt ein Smartphone so leicht in der Hand wie das Vivo X60 Pro. Dazu trägt auch die exzellente Haptik bei: Mit Glas, das von der Zeiss-Tochter Schott produziert wird, und einem fein angeschliffenen Aluminiumrahmen verwendet Vivo hochwertige Materialien und setzt sie äußerst gekonnt zusammen.
Die gebogene Rückseite fühlt sich samtig an und liegt ergonomisch perfekt in der Hand. Der feine Farbverlauf der beiden Modellvarianten in Grau und Blau sieht richtig gut aus, und Fingerabdrücke haben auf der Oberfläche keine Chance. Vivo macht hier alles richtig. Einzig beim Wasserschutz hapert es, eine IP52- Zertifizierung bedeutet, dass das Gerät nicht mehr als ein paar Wasserspritzer verträgt. Auf diesem Preisniveau ist das zu wenig.

Vivo X60 Pro: Display
Das 6,6 Zoll große Display macht einen sehr guten Eindruck. Es handelt sich um ein OLED mit gebogenen Rändern, sodass der Rahmen rechts und links extrem schmal wirkt. An den kurzen Seiten sind die Ränder breiter, aber immer noch vergleichsweise schmal – eine Screen-to-Body-Ratio von 90 Prozent ist ein sehr guter Wert. Die Aussparung für die hochauflösende 32-Megapixel-Frontkamera ist punktförmig, ihre Größe und Positionierung sind mit Samsungs S21-Serie vergleichbar.
Vivo verzichtet auf ultrahohe Auflösung und setzt lieber auf den bewährten 1080p-Standard, der bei dieser Größe für eine knackscharfe Darstellung sorgt. Viel wichtiger als eine hohe Pixelzahl ist die Bildwiederholrate – und hier liefert Vivo mit dynamischen 120 Hertz technische Feinkost, die butterweiches Scrolling garantiert. HDR10+ wird unterstützt und die von uns gemessenen Parameter bescheinigen eine Topqualität.
Vivo X60 Pro: Technische Details
Der Fingerabdrucksensor ist unterhalb des Displays integriert und bietet eine sehr hohe Erkennungsrate. Auch beim Prozessor zeigt der Daumen nach oben. Zwar kann man kritisieren, dass Vivo nicht auf Qualcomms Topprodukt Snapdragon 888 setzt (der Preis von 800 Euro hätte das gerechtfertigt), aber der Snapdragon 870 liegt in Benchmarks dicht dran, liefert also ein ähnliches Leistungsniveau.
Es handelt sich praktisch um einen hochgetakteten 865+, also die zweite Neuauflage des letztjährigen Topmodells. Die wirkt auch 2021 noch frisch und überzeugt mit Spitzenperformance und einer umfangreichen Connectivity von 5G bis hin zu Wi-Fi 6. Verzichten muss der Nutzer allerdings auf Quick Charge 5, Bluetooth 5.2 und Wi-Fi 6E, also auf die neuesten technischen Finessen.
Dies erscheint in Anbetracht der starken Performance und mit Blick auf den moderaten Preis aber verkraftbar, zumal die Speicherausstattung ebenfalls stimmt: 12 GB RAM und einem internen Speicher von 256 GB nach dem schnellen Standard UFS3.1 bieten ordentlich Reserven und lassen uns dann auch mit einer gewissen Milde auf die fehlende microSD-Speicherweiterung blicken. Vivo sieht zwar eine Dual-SIM-Option vor, verzichtet jedoch auf eSIM – wir hätten gern beides gesehen, so wie bei den Spitzenmodellen von Oppo und Samsung.

Vivo X60 Pro: Einzigartige Stabilisierung
Denen fehlt wiederum eine Kamera mit 3-Achsen-Stabilierung: Beim X60 Pro ist der Sensor der Hauptkamera wie ein Gimbal aufgehängt und damit gegen Verwackler besonders immun. Bei Videos macht sich dieser Unterschied bemerkbar: Uns ist kein anderes Smartphone bekannt, das Bewegungen der Hand so gut ausgleichen kann. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist das kleine blaue Logo auf der Rückseite:
Das Kamerasystem des X60 Pro ist das erste, das im Rahmen der im Dezember 2020 angekündigten strategischen Partnerschaft zwischen Vivo und Zeiss auf den Markt kommt. Die Fotoqualität profitiert allerdings kaum davon: Wie unsere Analysen zeigen, gelingt es dem X60 Pro nicht, den Vorgänger zu übertreffen – es erreicht stattdessen ein ähnliches Niveau.
Es gibt zwei nennenswerte Unterschiede: Das Ultraweitwinkelmodul zeigt spürbare Verbesserungen; weil eine lange Telebrennweite wegfällt, spiegelt sich diese Steigerung aber nicht in unserem camera quality benchmark wider. Ein weiteres Resultat der Zeiss-Vivo-Kooperation ist die Option, Portraits im Stil des Zeiss Biotar aufzunehmen; der besondere Look zeichnet sich durch scharfe Portraits und rotierenden Bokeh-Effekt aus.
Insgesamt liefert Vivo hier eine runde Vorstellung. Bei den musikalischen Fähigkeiten muss man gegenüber der High-Endklasse Abstriche hinnehmen, an erster Stelle steht hier der dünne Mono-Sound aus dem nach unten abstrahlenden Lautsprecher. Eine Klinkenbuchse fehlt ebenfalls, aber das lässt sich nur schwer kritisieren, da immer mehr Hersteller darauf verzichten und immer mehr Smartphonenutzer Musik über Bluetooth hören.
Gut, dass das X60 Pro HiRes-Audio über Qualcomms aptx HD unterstützt. Gut gefiel uns der Lieferumfang, denn zu den (einfachen) USB-C-Stöpseln gesellen sich eine transparente Schutzhülle und ein starkes Netzteil, das den Akku mit 33 Watt in weniger als einer Stunde volltankt. Leider ist man auf ein Kabel angewiesen, denn Vivo verzichtet auf eine Qi-Ladespule – ein schwerwiegender Nachteil, denn in dieser Preisklasse gehört kabelloses Laden mittlerweile zur Grundausstattung.

Umso erfreulicher ist der Blick auf die Akkulaufzeit. Gegenüber dem Vorgänger konnte Vivo sie trotz geschrumpfter Kapazität noch einmal steigern – ein Beleg für die Energieeffizienz des Snapdragon 870. Wir haben 11:48 Stunden bei 60 Hertz gemessen, das dürfte selbst Intensivnutzer problemlos durch den Tag bringen, bei moderater Nutzung sind sogar zwei Tage drin.
Die höhere Bildwiederholrate reduziert die Laufzeit nur um eine halbe Stunde auf 11:19 Stunden, ist also kein Stromfresser und kann guten Gewissens aktiviert werden. Die Akustik beim Telefonieren gefällt mit hoher Lautstärke und sauberer Geräuschunterdrückung. Auch bei den Funkeigenschaften leistet sich Vivo keine größeren Patzer, über das nur befriedigende Ergebnis im GSM-Netz lässt sich hinwegsehen.
Vivo X60 Pro: Einfach, gut und mit Updates
Vivos FunTouch OS ist für eine chinesische Benutzeroberfläche erstaunlich zurückhaltend gestaltet. Es gibt weder Bloatware noch bunte Icons und fette Schriften, stattdessen schlichte Symbole und klare Strukturen. Das heißt aber nicht, dass Vivo auch bei den Features spart, im Gegenteil: Mit App Cloner, umfassend anpassbarem Always-on-Display und Spielemodus sind alle Softwarefunktionen integriert, die man in der gehobenen Preisklasse erwarten darf. Gut gefallen hat uns zudem der „Aufgaben-Timer“, der das zeitgesteuerte Ein- und Ausschalten des Smartphones ermöglicht.

Die Systemoberfläche basiert auf Android-11-Sicherheitspatches vom Mai 2021, ist also aktuell. Und das soll auch so bleiben: Für das X60 Pro verspricht Vivo drei Jahre lang „wichtige Android-Betriebssystem-Upgrades und Sicherheitsupdates“. Damit schließt man zu Samsung und Google auf und gehört zu denjenigen Android- Herstellern, die einen besonders langen Supportzeitraum bieten.
Fazit zum Vivo X60 Pro
Starke Alternative Mit dem X60 Pro reiht sich Vivo ein in die Reihe der Top-Smartphones der gehobenen Mittelklasse, denen nur wenige technische Details zum Highender fehlen. Die Chinesen zeigen damit, dass sie sich nicht hinter der Konkurrenz verstecken müssen.
Vivo offeriert eine gelungene Alternative zu Oppos Find X3 Neo und zum Oneplus 9, die in puncto Preis, Ausstattung und Produktqualität auf dem gleichen Niveau liegen, aber nicht ganz so kompakt gebaut sind und ein paar Gramm mehr auf die Waage bringen. Mit der Zeiss-Kooperation und der Gimbal-Kamera kann man zudem eigene Akzente setzen. Von uns gibt es dafür eine klare Empfehlung.