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Smartphone im Auto

Apple Carplay vs. Mirrorlink: Der Vergleich

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Carplay vs. Mirrorlink: Apple und Google machen sich auch im Auto-Cockpit Konkurrenz. Wir stellen die Systeme vor und zeigen, wo die Smartphone-Integration ins Auto besser klappt.

Autor: Oliver Stauch • 27.2.2015 • ca. 5:30 Min

Apple Carplay vs. Mirrorlink
Apple Carplay vs. Mirrorlink
© Hersteller

Apple Carplay und Googles Mirrorlink für Android wollen ein derzeit noch große Lücke schließen. Denn die bisherigen Lösungen zur Integration von Smartphone-Apps ins Cockpit sind allesamt aufwendige Eigenentwicklungen der Autohersteller - und damit sehr teuer und bis auf wenige Ausnahmen nur in ...

Apple Carplay und Googles Mirrorlink für Android wollen ein derzeit noch große Lücke schließen. Denn die bisherigen Lösungen zur Integration von Smartphone-Apps ins Cockpit sind allesamt aufwendige Eigenentwicklungen der Autohersteller - und damit sehr teuer und bis auf wenige Ausnahmen nur in Premiumfahrzeugen zu haben.

Apple vs Google

Doch bald dürfte es normal sein, während der Fahrt Apps von seinem Smartphone auf den Bordmonitor zu übertragen und Navigation, Musikwiedergabe oder Messaging während der Fahrt zu nutzen. Mit dem Android-basierten Mirrorlink zum Beispiel: Mirrorlink ist ein von einem Konsortium aus Auto- und IT-Firmen entwickelter Standard, der auf eine genormte Schnittstelle zur Übertragung von Displayinhalten und Steuerbefehlen setzt. Geräte und Apps müssen jedoch zuerst zertifiziert werden, was aufwendig und teuer ist.

Dafür behält jeder Hersteller die Kontrolle darüber, welche App in welcher Optik auf den Monitoren seines Autos erscheint. Auch Apple möchte die Nutzung des iPhones im Fahrzeug vereinfachen, aber auch kontrollieren und tritt damit direkt gegen Google an - und schon wird aus einer kleinen, harmlosen Auto-App ein offener Konkurrenzkampf zweier milliardenschwerer IT-Giganten. Apples Ansatz unterscheidet sich grundlegend von der Mirrorlink-Idee: Die Funktion Carplay ist in Grunde eine verlängerte iPhone-Oberfläche fürs Armaturenbrett, einheitlich gestaltet und streng überwacht von Apple.

Carplay sieht immer und überall gleich aus und hat stets dieselben Funktionen, in welchem Auto auch immer es läuft. Damit bietet Apple die viel konsequentere Lösung: Wer Carplay integriert, muss zwar alles so nehmen, wie Apple es vorsieht, doch dafür ist die Kompatibilität garantiert. Bei Mirrorlink hingegen zeichnet sich schon jetzt ein weiteres Sammelsurium aus Software-Ständen, inkompatiblen Smartphones und erlaubten oder gesperrten Apps ab, wie wir es aus der Android-Welt schon kennen. Das hat auch Google erkannt und auf seiner Hausmesse Google I/O Mitte 2014 "Android Auto" vorgestellt, das dem Apple-Konzept deutlich ähnlicher ist.

Zudem hat Google sich mit beinahe allen großen Autobauern in der "Open Automotive Alliance" zusammengeschlossen. Teile der Software fürs Auto sollen gemeinsam und damit billiger produziert werden. Damit scheint die Marschrichtung klar zu sein: Google will auch im Auto zum Standard werden. Fragt sich nur, ob die Hersteller wirklich mitmachen. Trotz aller Bedenken: Die Autohersteller werden weder um eine Apple- noch um eine Google-Lösung zur Integration von Smartphones ins Fahrzeug herumkommen, denn schließlich möchte niemand potenzielle Kunden verprellen - das wäre der Super-GAU.

Mirrorlink kommt schrittweise

In der Oberklasse dürfen die Käufer weiterhin ein fest integriertes Navisystem und eine individuelle Infotainment-Integration erwarten. In der Kompaktklasse hingegen könnte man Navigation und Unterhaltung dagegen komplett dem Smartphone überlassen, ohne dass dies die Käufer groß stören würde. Navigieren können die Smartphone-Apps zum Teil sogar besser als die teuren Ab-Werk-Systeme, der Unterhaltungsbereich ist seit dem ersten iPod ohnehin eine Domäne mobiler Geräte. Wer braucht da noch ein fest eingebautes Werkssystem?

Doch das ist alles noch Zukunftsmusik. Bleiben wir beim Stand der Dinge: Während Android Auto noch in den Giftküchen Googles vor sich hin reift, wurde Mirrorlink bereits von einigen Nachrüstherstellern und seit diesem Jahr auch von VW schrittweise eingeführt. Auch Apples Carplay ist noch nicht offiziell verfügbar, wir haben uns aber trotzdem mit einem Vorserienmodell intensiv beschäftigt. Was die Mirrorlink und Carplay heute schon können:

Mirrorlink im Check

Trotz guter Ansätze tut sich Mirrorlink seit Jahren eher schwer. Jetzt setzt VW voll auf diese Technik. Kommt der Durchbruch damit näher?

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Freundlich: Zur Begrüßung gibt's aktuelle Wetterinfos. Oben rechts geht's zum Kalender, nach unten ins Menü.
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Das Prinzip von Mirrorlink ist so einfach wie klar: Das Smartphone gibt über eine standardisierte Schnittstelle seinen Displayinhalt an das Autoradio weiter, die Eingaben am Fahrzeug-Touchscreen werden an das Smartphone zurückgeschickt - fertig ist die Smartphone-Integration. Oder? Ganz so einfach ist es jedoch nicht, denn die Übertragung des Displays aufs Autoradio bringt nicht viel in Sachen Sicherheit.

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Das Hauptmenü: Die drei wichtigsten Anwendungen sind groß und direkt erreichbar. Schicke Gestaltung.
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Nur die wenigsten Apps haben Oberflächen, die so gestaltet sind, dass man sie im Fahrzeug mit so wenig Ablenkung wie möglich nutzen kann. Mirrorlink setzt daher auf eine Zertifizierung: Nur Apps, die bestimmte Mindestanforderungen in Sachen Bedienung erfüllen, dürfen überhaupt auf den Bordmonitor. Alle anderen Apps sind vollständig gesperrt oder werden zumindest während der Fahrt ausgeblendet.

Es gibt kaum zertifizierte Apps

Neben den herstellereigenen Mirrorlink-Oberflächen (auf den Bildern links sehen Sie die Version von Samsung auf einem Nachrüstradio von Sony) sieht es in Sachen Apps jedoch noch dürftig aus. Auch bei VW: Die Niedersachsen haben Mirrorlink zwar im neuen Polo mit einigem Brimborium in der Serie eingeführt, doch auch für den schicken Kleinwagen wurden bislang gerade einmal vier Apps zugelassen: "Drivelink" (Zugriff auf Telefon und Musik), "MyGuide" (Umkreissuche), "Shared Audio" (Mediaplayer) und "Trainer" (Öko-Fahrtrainer) .

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Geht auch: Alternativ zur Spracheingabe ermöglicht die Drive-Link-App die Eingabe von Texten via Tastatur.
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Der zweite Haken bei Mirrorlink ist die Endgeräte-Auswahl. Zwar gibt es von Sony, Samsung, LG und Nokia diverse Smartphones, die prinzipiell Mirrorlink-fähig sind, doch das Polo-System verlangt nach Modellen, die den Mirrorlink-Standard 1.1 unterstützen. Zu allem Überfluss interpretieren die Smartphone-Hersteller den Standard auch noch unterschiedlich: Für das Samsung Galaxy S3 etwa muss aus dem Samsung-Store die "Drivelink"-App geladen werden, die sich im Mirrorlink-Modus ständig in den Vordergrund schaltet - auf dem Smartphone wie auch auf dem Bordmonitor.

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Zielführend: Als Navigations-App steht dem Fahrer Google Maps zur Verfügung - leider ausschließlich.
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Das Sony Xperia Z2 (Test) wiederum funktionierte ohne Zusatz-App, auch kann man hier auf dem Bordmonitor ins ganz normale Android-Menü gelangen. Während der Fahrt jedoch blieb bei beiden Geräten der Monitor schwarz. Vorbildlich verhielt sich im Polo einzig das als kompatibel angegebene Modell Samsung Galaxy S4 mini (Test).

Fazit: Viel Stückwerk

Wenn alles passt, läuft Mirrolink nahzu ebenso problemlos wie das Apple-Pendant Carplay. Damit dies der Fall ist, müssen jedoch die Kompatibilitätsangaben und Softwarestände bis ins Detail stimmen. Dem ist noch lange nicht so.

Apple Carplay im Check

Im März 2014 hat Apple die Funktion Carplay in das Betriebssystem iOS 7.1 integriert. Carplay ist tiefer eingebettet als Mirrorlink: Die Apps werden nicht einfach nur gespiegelt oder wie mit einem Video-Ausgang auf den Monitor übertragen, sondern jede App erhält ein eigenes Layout und Steuerelemente, die speziell für die Benutzung im Auto ausgelegt sind.

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Siri vor: Beim Start der Apps "Nachrichten" und "Telefon" wacht Siri automatisch auf und nimmt Befehle entgegen - was gut klappt.
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Folglich überwacht Apple die Carplay-Umsetzungen mit gewohnter Strenge. Und das merkt man. Wo bei anderen Lösungen Eingaben verzögert verarbeitet werden oder die Grafik aufgrund der Skalierung unscharf wirkt, funktioniert Carplay wie aus einem Guss: Einfach das iPhone anschließen, und nach wenigen Sekunden erscheint die Oberfläche - gestochen scharf und an das Autodisplay angepasst. Eingaben auf seinem Touchscreen setzte das Alpine-Gerät postwendend um - ganz wie man es vom iPhone gewohnt ist.

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Bekannt: Die Telefon-App bietet die üblichen Optionen. Über den virtuellen Homebutton links unten gelangt man zurück ins Hauptmenü.
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Noch eingeschränkte App-Auswahl

Ansonsten ist die Auswahl an Apps noch ziemlich beschränkt: Die Punkte "Musik" und "Podcasts" bieten das, was man erwartet und vom iPhone kennt, die Karten-App entpuppte sich als Abwandlung der iPhone-Navigation. Auch hier steht Siri bei der Zieleingabe Gewehr bei Fuß, jedoch ermöglicht Apple außerdem die herkömmliche Eingabe über die Tastatur.

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Stauschau: Verkehrsmeldungen werden in die Route einberechnet, unterwegs aber nicht mehr aktualisiert oder angezeigt.
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Wer Musik über eine andere App hört (das iPhone bleibt auch im Carplay-Modus bedienbar), kann sich die aktuellen Titelinformationen unter "Sie hören" anzeigen lassen. Über das "Alpine"-Icon gelangt man in das Autoradio-Menü zurück, wo ein UKW-Tuner und diverse Hi-Fi-Sound-Optionen (die über eine Smartphone-App gesteuert werden können) zur Verfügung stehen.

Die Aussichten sind bestens

Der Siegeszug von Carplay im Auto dürfte nicht aufzuhalten sein. Das System ist aufgrund der strengen Kontrolle durch Apple erfreulich klar und vor allem immer gleich und funktioniert mit aktuellen Apple-Geräten. Ein Durcheinander wie bei Mirrorlink ist hier nicht zu erwarten. Auch die Autohersteller Volvo und Mercedes-Benz haben ihre Carplay-Umsetzungen schon für das Jahr 2015 angekündigt.

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Eine Wohltat: SMS können nicht auf dem Display angezeigt, wohl aber vorgelesen werden, was hervorragend funktioniert.
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Carplay zum Nachrüsten

Das erste Carplay-Nachrüstradio ist bereits im Handel: Es ist das Alpine ILX-700.

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