Boxenselbstbau - Turbo-Satellit
Boxenselbstbau - Turbo-Satellit
Wer wirklich laute High-End-Schallwandler für wattarme Verstärker sucht, wird nur selten fündig. Da hilft ein ambitioniertes Selbstbauprojekt: die stereoplay Hurricane.
- Boxenselbstbau - Turbo-Satellit
- Entwicklung

Alles begann mit der Endstufe A 06 von Yamamoto. Das japanische Kleinod ist mit der Röhrenlegende AD 1 (siehe: www.jacmusic.com ) bestückt und bringt mit seiner wunderschönen Spielweise sogar hochklassigste Konkurrenz in Bedrängnis.
Leider leistet die A 06 nur 2 x 4,5 Watt - zu wenig für normale Boxen im bedämpften stereoplay-Hörraum.

Also kam der Wunsch nach einem "passenden" Lautsprecher auf. Laut sollte er sein, möglichst jenseits der 93-Dezibel-Grenze, und mit einer hohen, stabilen, röhrenfreundlichen Impedanz gesegnet. Und er sollte wenigstens bis 80 Hertz runter spielen. Den Tiefbass kann ein Aktiv-Subwoofer beisteuern; das entlastet die Röhren und erlaubt den Aufbau eines kompakten Satelliten.
Die Suche nach dem optimalen Hochtöner war schnell abgeschlossen: Der AMT-1 (Air Motion Transformer) von ESS ist ein Dipol-Hochtöner, kann frei auf dem Boxengehäuse stehen und läuft ab 1800 Hertz quasi unverzerrt mit fast 100 Dezibel (!) Schalldruck.
Den adäquaten Tiefmitteltöner fanden wir bei Monacor: den Stage Line SP 30 A/300 Neo. Der mit 150 Euro sehr günstige 12-Zöller kommt aus dem PA-Bereich, hat eine leichte, hart eingespannte Papiermembran sowie einen gleichermaßen starken wie strömungsgünstigen Magneten aus Neodym.

Für unsere Anforderungen als Satellit mit unterer Grenzfrequenz von etwa 80 Hertz erwies sich ein Gehäusevolumen von 30 Litern als optimal. Bei der Gehäusegestaltung darf man seiner Kreativität vollen Lauf lassen, wenngleich unser Modellaufbau mit den Innenmaßen 30 x 50 x 20 Zentimeter (B x H x T) weitgehend dem Goldenen Schnitt folgt und deshalb gewisse Vorzüge hat. Die notwendige Bassreflexöffnung konzipierten wir als Schlitz über die gesamte Schallwandbreite. Wenn Sie lieber ein Rohr nutzen wollen, finden Sie eine Umrechnungstabelle unter www.hobbyhifi.de .
Die Innenmaße der Hurricane ergeben einen mittelgroßen Kasten, irgend etwas zwischen Kompakt- und Standbox. Da der AMT-Hochtöner aber wegen seiner starken vertikalen Bündelung zwingend auf Ohrhöhe stehen muss, machten wir aus der Not eine Tugend - und die Hurricane 95 Zentimeter hoch. So entstand unter dem eigentlichen Gehäuse eine Kammer, worin die Frequenzweiche unbeeinflusst von den Druckwellen des Tiefmitteltöners ihre Arbeit verrichten kann.
Mehr als ein i-Tüpfelchen ist das Auffüllen dieser Kammer (Füllgrad: 80 Prozent) mit feinem Sand aus dem Baumarkt. Er sorgt nicht nur für ordentliche Standsicherheit und beruhigt die Frequenzweichenbauteile, sondern auch die Seitenwände der Hurricane und bringt so einen erstaunlichen Klangzugewinn in Richtung Ruhe und Präzision.

Apropos Frequenzweiche. Wir starteten mit einem Probeaufbau aus ordentlichen Bauteilen. Nach Abschluss der Entwicklung bauten wir sie nach der Anleitung von Seite 14 auf, was schon eine klare Steigerung brachte. Wichtig: der identische Aufbau beider Weichen-Platinen. Noch eindeutiger aber war der Schritt zur Mundorf-Weiche zu hören. Die Kölner, mittlerweile auch B&W-Lieferant für die Nautilus-Serie, bieten für die Hurricane eine Edelversion mit feinsten Bauteilen für etwa 400 Euro pro Stück (inklusive einer formidablen Silber/ Gold-Innenverkabelung) an.
Der Unterschied zur Ur-Weiche war frappierend: Das Klangbild geriet viel klarer, besser durchhörbar. Wer ein anspruchsvolles Projekt wie die Hurricane angeht, sollte unbedingt über eine solche Edel-Lösung von Mundorf (der auch Einzelanfertigungen anbietet) nachdenken.

Vor dem finalen Hörtest musste erst einmal der richtige Platz (mindestens ein Meter Abstand zur Rückwand: der AMT- Hochtöner ist ein Dipol!) und der passende Subwoofer nebst Anpassung für die Hurricane gefunden werden. Im Grunde funktionieren alle größeren Woofer, aber als optimal (weil dynamisch ebenbürtig) erwies sich das Eckhorn 18. Mit einer Tiefbassanhebung um 50 Hertz am Thel-Equalizer, einer Übergangsfrequenz von 150 Hertz (und gleichzeitigem Einsatz des C5-Hochpasses der Hurricane) klang die Kombination wie aus einem Guss.
Die Messungen ergaben für die Hurricane einen Maximalpegel von 120 Dezibel! Diese Reserven waren hörbar. Das Snow Owl Quartet (Stück 5 der Titel-CD 10/06) legte mit großer Spielfreude und einem kaum zu überbietenden "echten" Live-Charakter los. Oder das tieftonlastige "Angel" von Massive Attack: Ein solch stattliches und zugleich stabiles Bassfundament hatten wie schon lange nicht mehr gehört.
Wie jedem Schallwandler mit sehr großem Mitteltöner war auch der Hurricane ein leichtes Näseln nicht vollkommen abzugewöhnen. Aber verglichen mit den meisten Breitband- oder Hornkonstruktionen ist sie eine Ausgeburt an Neutralität und verblüfft mit einem wunderbar offenen Hochtonbereich. Vor allem an Röhren wie der zarten Yamamoto ein kaum zu überbietender Genuss.