Smartphones aus China: Darauf sollten Sie beim Kauf achten
Wer mutig ist und sein Smartphone direkt aus China importiert, kann mehrere Hundert Euro sparen. Aber wie gut sind die Exoten wirklich? connect hat die Probe aufs Exempel gemacht und zwei High-End-Modelle bestellt. Wir sagen, worauf man beim Kauf eines günstigen Auslands-Phones achten muss und welche Risiken damit verbunden sind.

Entschieden haben wir uns für zwei der bekanntesten und mit knapp 400 Euro teuersten Modelle aus dem Reich der Mitte: den kompakten 5,1-Zöller Mi 5 von Xiaomi und das Meizu Pro 5, das mit seinem 5,7-Zoll-Display deutlich größer ist. Beide sind in Deutschland nicht über die ...
Entschieden haben wir uns für zwei der bekanntesten und mit knapp 400 Euro teuersten Modelle aus dem Reich der Mitte: den kompakten 5,1-Zöller Mi 5 von Xiaomi und das Meizu Pro 5, das mit seinem 5,7-Zoll-Display deutlich größer ist. Beide sind in Deutschland nicht über die regulären Vertriebskanäle erhältlich und müssen importiert werden. Wir haben dafür die Plattform Honorbuy.com ausgewählt, es gibt aber auch andere spezialisierte Anbieter.
Da auf alle Warensendungen aus dem EU-Ausland ab 22 Euro eine Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent entrichtet werden muss (es handelt sich also im Prinzip um die Nachzahlung der Mehrwertsteuer), haben wir darauf geachtet, dass die Geräte aus einem Lager in der EU verschickt werden. Da sie bereits importiert wurden, spielen steuerliche Fragen keine Rolle.
Es ist empfehlenswert, wenn möglich diese Option zu wählen, zumal auch der Versand schneller ist. Preislich macht es ohnehin kaum einen Unterschied, das zeigt folgendes Rechenbeispiel: Für ein Xiaomi Mi 5, das in der günstigsten Ausstattungsvariante in chinesischen Shops für 320 Euro gehandelt wird, zahlen sie mit Steuern 380 Euro, was nahezu exakt dem Preis entspricht, den wir für unser Modell berappt haben. Das Paket wurde versandkostenfrei aus einem Lager im italienischen Muggia per DHL verschickt, wir haben unsere Bestellung am 26. April aufgegeben und hielten das Paket bereits am 28. in den Händen.
Nicht viel drin im Karton
Dass bei diesen Importmodellen kein deutsches Netzteil dabei ist, ist vielleicht keine Überraschung, ein Nachteil ist es aber trotzdem. Überhaupt ist der Inhalt der aufwendig gestalteten Kartons überschaubar: Kopfhörer fehlen, die Kurzanleitung besteht nur aus wenigen Seiten, ist aber ohnehin auf Chinesisch, also nicht lesbar. Hier bekommt man schon mal weniger als bei HTC, Samsung und Co, die in der Regel hochwertige In-Ears mit in den Karton legen. Schwer vorstellbar auch, dass den genannten Herstellern ein solcher Fauxpas unterlaufen würde wie Meizu mit dem Pro 5: Das Smartphone hat einen USB-C-Anschluss, mitgeliefert wurde aber ein Micro-USB-Flachbandkabel. Auf unsere Anfrage reagierte Honorbuy zwar schnell und vorbildlich, aber den Aufwand hat man trotzdem.
Der wird allerdings noch viel größer, wenn das Gerät defekt ist. Wichtig zu wissen: Die kleine, aber feine Unterscheidung zwischen Garantie (Hersteller) und Gewährleistung (Händler) ist hier irrelevant, erster Ansprechpartner bei einem Schaden ist immer der Händler, und der steht (genauso wie die chinesischen Hersteller) nicht länger als ein Jahr für seine Produkte gerade, die in Deutschland übliche Zweijahresfrist gilt nicht. Noch wichtiger ist die praktische Umsetzung. Im Fall der Fälle muss der Kunde das Gerät in der Regel nämlich auf eigene Kosten an den Händler schicken, der seinen Sitz in China hat. Nach der Ankunft kann es mehrere Wochen dauern, bis der Schaden bearbeitet wird, inklusive Rücksendung sind vier bis acht Wochen Wartezeit keine Seltenheit.
Hardware auf Top-Niveau
Design und Verarbeitung beider Smartphones überzeugen dagegen auf ganzer Linie und können locker mit den großen Marken mithalten. Während das Meizu Pro 5 in einem Aluminiumkorpus steckt, der ans iPhone erinnert, kommt das Xiaomi mit einem Metallrahmen und elegant geschwungenem Glasrücken - die Ähnlichkeiten zu Samsungs Galaxy-Serie sind unübersehbar. Besonders gut gefallen haben uns das niedrige Gewicht von nur 129 Gramm und der außerordentlich schmale Displayrahmen. Ein so kompaktes 5,1-Zoll-Modell ist uns bisher noch nicht untergekommen.

Auch das technische Niveau ist sehr gut, das zeigen nicht nur unsere Displaymessungen, sondern auch die verbauten Prozessoren. Während das Xiaomi Mi 5 mit Qualcomms Top-Chipsatz Snapdragon 820 läuft, setzt Meizu auf die Exynos-Serie von Samsung, in diesem Fall auf das Modell 7420, das auch im Galaxy S6 den Takt vorgibt. Die von uns getesteten Smartphones sind mit 3 GB RAM und 32 GB Speicher ausgestattet, möglich ist aber auch die Kombination 4 GB und 64 GB. Nur beim Meizu Pro 5 kann man den Speicher mit Micro-SD-Karten weiter aufrüsten.
Bei der Kamera gibt es bis auf die Auflösung (Xiaomi: 16 Megapixel, Meizu: 21 Megapixel) kaum Unterschiede. Beide Modelle lösen schnell aus, schaffen 4K-Videoaufnahmen und bieten zahlreiche Einstellungen, reichen qualitativ aber nicht an die aktuelle Spitzenklasse um das Galaxy S7 heran, das wird besonders bei schlechten Lichtverhältnissen deutlich, dann schießt der Rauschanteil schon vergleichsweise früh in die Höhe.

Verständnisprobleme
Während auf dem Pro 5 deutsch immerhin als Menüsprache angeboten wird, hat man beim Mi 5 nur die Wahl zwischen Englisch und ein paar anderen europäischen Sprachen. Obwohl auf beiden Geräten ab Werk eine internationale Firmware-Version installiert ist, verstopfen zahlreiche Apps in chinesischer Sprache den Speicher, die manuell deinstalliert werden müssen. Das macht schon deutlich, welchen niedrigen Stellenwert die Software- Version innerhalb der Unternehmen hat. Für den Software-Support verheißt das nichts Gutes. Das Pro 5 zum Beispiel läuft immer noch mit Android 5.0, ein offizielles Versions-Update scheint fraglich. Es gibt zwar noch die Möglichkeit, alternative Firmware aufzuspielen, aber wer diesen Weg geht, macht sich viel Arbeit.
Nur eingeschränkt funktauglich
Beide Geräte beherrschen zwar Dual-SIM, bieten aber nur eine eingeschränkte Funkleistung, weil sie das 800er-LTE-Band nicht unterstützen, das vor allem außerhalb von Städten zum Einsatz kommt und zusammen mit dem 2600-Mhz-Band das Rückgrat der LTE-Versorgung in Deutschland darstellt. Wer einen LTE-Tarif hat, sollte also einen Bogen um die Geräte machen und unbedingt auf die unterstützten Frequenzen achten, wenn es denn ein China-Handy sein soll.
Die Funkleistungen im GSM- und UMTS-Netz bewegen sich im Mittelfeld, genauso wie die Akustik. Überraschend gut ist dagegen die Ausdauer, hier überzeugt vor allem das Mi 5 mit einer Laufzeit von 8:27 Stunden. Argumente für den Kauf gibt es also, die Einschränkungen, die einen bei der Bedienung, beim Software-Support und bei der Garantie erwarten, sind aber enorm. Ob sie die Ersparnis von etwa 100 bis 300 Euro gegenüber einem High-End-Markengerät aufwiegen, möchten wir bezweifeln.