Dauertest Nokia N95
Zerkratzt, ausgeleiert, ächzend und kurzatmig oder 1 a in Schuss - wie macht sich das Nokia N95 nach ein paar Monaten Gebrauch? Und wie lässt sich das Optimum aus dem Powerriegel kitzeln?

Der connect-Labortest ist ein knallharter Qualitätstest für jedes Handy, in dem schonungslos alle technischen Schwächen wie schlechter Empfang, blecherner Klang oder schwache Akkulaufzeiten aufgedeckt werden. Im Alltag ist ein Handy dagegen ganz anderen Schikanen ausgesetzt: Schlüsseln, die in d...
Der connect-Labortest ist ein knallharter Qualitätstest für jedes Handy, in dem schonungslos alle technischen Schwächen wie schlechter Empfang, blecherner Klang oder schwache Akkulaufzeiten aufgedeckt werden. Im Alltag ist ein Handy dagegen ganz anderen Schikanen ausgesetzt: Schlüsseln, die in der Tasche am Gehäuse kratzen, Stürzen, dauerhafter mechanischer Beanspruchung und vielem mehr. Um dieser Langzeitbelastung gerecht zu werden, stellt connect ab sofort in jeder Ausgabe einen Bestseller im Dauertest vor. Den Anfang macht Nokias N95. Fünf Redakteure und Verlagsmitarbeiter trugen den Multimedia-Computer bis zu zwei Monate ständig bei sich. Im Einsatz war sowohl das erste N95 als auch die 8GB-Variante. Zudem flossen die Erfahrungen der N95-Nutzer aus dem Forum auf www.connect.de ein. Die Frage: Können das N95 und das N95 8GB ihr gutes Abschneiden im connect-Test über einen längeren Zeitraum bestätigen? Bietet die 8GB-Variante genug Vorteile, um den Aufpreis zu rechtfertigen? Klar ist: Jeder setzt bei einem Handy eigene Prioritäten. Der eine nutzt das N95 trotz Riesenausstatttung vor allem als Telefon, dem nächsten wird genau das zur Nebensache. Mac-Fans kämpfen mit anderen Tücken als Windows-Nutzer. Dennoch fällt das Fazit in den allermeisten Fällen positiv aus. "Habe zuerst beruflich ein N95 bekommen. Das Gerät begeisterte mich derart, dass ich privat nun auch eines habe. Technisch gesehen gibt's derzeit nichts Besseres," schrieb etwa "Alpenprinz" im connect-Forum.
Schwacher Akku

Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Eine der größten Schwächen des Alleskönners ist die magere Ausdauer. Durch die Ausstattung stecken viele Stromfresser unter der Haube und beim N95 obendrein ein viel zu kleiner Akku. Bei der 8GB-Variante setzt Nokia zwar einen um 20 Prozent größeren Stromspeicher ein, der aufgrund einer etwas anderen Bauform übrigens nicht in den Vorgänger passt. Aber auch damit berichten die Nutzer von Ladezyklen von drei bis vier Tagen. Ivan Putincanin, Moderator im connect-Forum, musste sein N95 täglich auftanken, das N95 8GB hält zwei Tage durch. Wer wie Jan Spoenle, freier Mitarbeiter, ständig online ist und sein Handy mit einem Exchange-Server verbunden hat, kommt auch bei der 8GB-Variante nicht über einen Tag hinaus: "Abends um sieben oder acht muss es an die Steckdose." Bei aktivem GPS kann bereits nach zwei bis drei Stunden Feierabend sein. Das Display, GPS, WLAN und UMTS erweisen sich als die größten Stromfresser, Bluetooth fällt dagegen kaum ins Gewicht.Was Bernd Theiss, Leiter Test & Technik bei connect, im Alltag stört: "Die Akkuanzeige bleibt lange auf Vollausschlag, fällt gegen Ende aber sehr schnell ab. Zudem meldet es sehr früh, dass es voll geladen ist." Sein Tipp: Wenn möglich, noch ein Stunde am Ladekabel lassen. Auch Software-Updates wirken sich teils positiv auf die Ausdauer aus. Nokia bietet unter https://europe.nokia.com/software update eine Übersicht über neue Versionen und nennt die Verbesserungen gegenüber der Vorversion.
Wackeliger Slider

Für viel Unmut hat beim Marktstart des N95 der wackelige Slider gesorgt. "Die Verarbeitung ist gelinde gesagt unter aller Sau" klagt connect-Leser "webkurt" im Forum. "Weasl" formuliert's etwas weniger drastisch: "Also ich hatte nicht das Gefühl, ein 750-Euro-Handy in der Hand zu halten." Die Dauertester haben sich dennoch offensichtlich schnell daran gewöhnt, eine besondere Erwähnung war es keinem wert. Bei der 8GB-Variante hat Nokia nachgebessert: "Das N95 8GB ist hinsichtlich der Slider-Mechanik eine ganze Klasse besser", berichtet "Kangal". Generell macht das Handy aber einen soliden Eindruck. Insbesondere die Softtouch-Oberfächen erweisen sich als erstaunlich kratzfest, selbst wenn sich das Handy ab und an mit dem Hausschlüssel die Hosentasche teilen muss. Lediglich die Hochglanzfront der 8GB-Variante zeigte nach ein paar Wochen haarfeine Kratzer. Dafür wirkt hier die Scheibe über dem Dislay stabiler. Insgesamt erweisen sich beide Geräte als robuster, als man das beim ersten Kontakt erwartet.
Robust ist mittlerweile auch die Software. Auch hier gab es zum Marktstart viele Klagen, doch mittlerweile berichten die Dauertester nur äußerst selten von Abstürzen - selbst wenn die Geräte üppig mit Zusatzsoftware gefüttert wurden. Mit Extratools lässt sich das Potenzial des Handy-Computers erst richtig ausreizen, dennoch stellt jede neue Anwendung eine potenzielle Gefahr für die Stabilität des Systems dar. Um Störenfriede schneller zu identifizieren, empfiehlt es sich daher, nicht zu viele Anwendungen auf einmal zu installieren.

Die Qualität der Funktionen wird unterschiedlich bewertet. Oliver Stauch, Leiter auto connect, lobt bei der 8GB-Variante die Videodarstellung, die Sprachqualität beim Telefonieren und die Sende- und Empfangsqualität bei WLAN. Den Browser findet er "wenn man das iPhone kennt, schwach." Jan Spoenle klagt über mäßige Empfangsqualität beim Navigieren: "Was soll die GPS-Antenne unter den Tasten? Das N95 ist ein einziger Kompromiss." Weiterer Beleg für diese These: Die Kamera schießt bei guten Lichtverhältnissen exzellente Bilder, wird's etwas schummrig, stürzt die Qualität ab. Bernd Theiss wägt ab: "Als Nicht-Autofahrer hat mir die Navigation nichts gebracht. Aber die Tastatur ist gut, das N95 ist das erste Gerät, bei dem mir das Schreiben von SMS Spaß gemacht hat. "
N95 oder N95 8GB?
Der Preis spricht für das N95. Die Preisempfehlung ist seit Marktstart um 220 auf 580 Euro gefallen. Im freien Handel liegt er noch mal rund 100 Euro darunter. Wer ein gebrauchtes N95 kaufen will: Bei Ebay gab's im Januar Angebote für rund 300 Euro. Die aufgemotzte 8GB-Variante kostet laut Nokia 780 Euro, selbst mit Vertrag beträgt der Preisunterschied teils 100 bis 200 Euro. Doch es lohnt sich, da sind sich die Tester einig. Ivan Putincanin verkauft sonst alle paar Wochen sein aktuelles Handy, zum N95 8GB sagt er: "Das geb ich nicht mehr her."