Frequenzumbau bei Antennen- und Kabelfernsehen
Antennen- und Kabelfernsehen machen sich fit für die Zukunft – mit mehr Programmen und mehr Platz für schnelles Internet. connect gibt einen Überblick über Konsequenzen, Hintergründe und Pläne.

- Frequenzumbau bei Antennen- und Kabelfernsehen
- DVB-T2: Änderungen beim digitalen Antennen-TV
Frequenzen sind ein knappes und daher wertvolles Gut – im Mobilfunk wird das Nutzungsrecht regelmäßig zu Milliardenpreisen versteigert. Doch auch beim Breitbandkabel und beim terrestrischen Fernsehen wurden die genutzten Bänder knapp. Deshalb stehen in diesen Bereichen massive Umbauten an, die ...
Frequenzen sind ein knappes und daher wertvolles Gut – im Mobilfunk wird das Nutzungsrecht regelmäßig zu Milliardenpreisen versteigert. Doch auch beim Breitbandkabel und beim terrestrischen Fernsehen wurden die genutzten Bänder knapp. Deshalb stehen in diesen Bereichen massive Umbauten an, die in erster Linie für die betroffenen Fernsehzuschauer erhebliche Konsequenzen haben. Nur falls Sie Fernsehen per Satellit empfangen, ändert sich nichts. Hier fand die für Kabelkunden nun anstehende Analogabschaltung schon 2012 statt.
Unitymedia: Analogabschaltung im Kabel
Im Breitbandkabel prescht Unitymedia voran. Der Anbieter ist in Nordrhein-Westfalen, Hessen und nach dem Aufkauf von Kabel BW im Jahr 2012 auch in Baden-Württemberg aktiv. Unitymedia hat nun angekündigt, im Verlauf des Juni 2017 in seinem Kabelnetz alle analogen TV-Kanäle abzuschalten. Mittelfristiger Zweck der Übung: Die vergleichsweise raumgreifenden Analogkanäle sollen Platz für zusätzliche digitale Angebote machen. Entweder für zusätzliche Fernsehprogramme – auf dem Kanalplatz eines analogen Senders lassen sich je nach Auflösungsstufe und Datenrate zwischen sechs und zwölf digitale TV-Programme unterbringen. Oder für weitere Kanäle, die nach dem Kabel-Internet-Standard DOCSIS (Data Over Cable Service Interface Specification) belegt sind und somit die Downlink- und Uplink-Datenraten der von Unitymedia angebotenen Internetanbindungen beschleunigen.
Die technische Umstellung soll in Wellen stattfinden. Den Anfang macht der südliche Teil von Baden-Württemberg gleich am 1. Juni, dann folgen etwa im Wochentakt weitere Regionen in Richtung Norden, bis die Umstellung am 27. Juni im nördlichen Teil von NRW vollzogen ist. Der Grund für diese Strategie: Trotz diverser Informationskampagnen im Vorfeld rechnet der Anbieter damit, dass in unmittelbarer Folge der Abschaltung viele Betroffene bei der Unitymedia-Hotline anrufen werden. Diese Anfragen sollen fürs gesamte Versorgungsgebiet zeitlich verteilt werden.

Zugzwang für alle, die nur fernsehen wollen
Denn während sich Kabelinternetnutzer und technisch versierte Kunden über die neuen Angebote und Möglichkeiten freuen dürften, bringen sie technisch weniger affine Fernsehzuschauer in Zugzwang. Wer einen alten Röhrenfernseher oder ein einfaches und älteres Flach-TV-Gerät besitzt, das nur einen Analog-Tuner (Empfänger) enthält, empfängt nach der Abschaltung kein Kabelfernsehen mehr. Dann stehen Betroffene vor verschiedenen Möglichkeiten: Das komfortabelste Ergebnis hat zweifellos die Anschaffung eines neuen Fernsehers, der einen Digital-TV-Tuner (DVB-C-Standard) enthält. Auf solchen Geräten kann man wie gewohnt mit der TV-Fernbedienung durch die empfangenen Kanäle zappen – und profitiert dabei gleich noch von einer größeren Kanalauswahl.
Wer darüber nachdenkt, auch Pay-TV-Programme zu buchen (vielleicht auch erst in Zukunft), sollte zudem darauf achten, dass der neue Fernseher einen „CI-Modulschacht“ besitzt. Darin lässt sich dann ein von Unitymedia geliefertes Decodermodul samt zugehöriger Smartcard für die Entschlüsselung der Bezahlprogramme einsetzen. Wer einen vorhandenen Fernseher ohne passenden Tuner behalten will, braucht eine Set-Top-Box beziehungsweise einen separaten DVB-C-Receiver. Solche Geräte bietet Unitymedia zum Kauf oder zur Miete an, es gibt aber auch geeignete Modelle im Fachhandel. Das Angebot reicht von einfachen Boxen, die es schon ab 30 Euro gibt, bis hin zu aufwendigen Multimedia-Receivern mit vielen Zusatzfunktionen, wie sie Unitymedia mit dem „Horizon-HD-Recorder“ anbietet (Kauf 400 Euro, Miete 10 Euro/Monat).
Um den Kunden den Umstieg zu versüßen, startet Unitymedia zudem Werbeangebote wie den Einstieg in das Pay-TV-Paket „TV Start“ zum Preis von 4,99 Euro/Monat, wobei diese Gebühr in den ersten zwölf Monaten der mindestens 24-monatigen Vertragsdauer erlassen wird. Die Miete für einen einfachen Digitalreceiver ist in diesem Paket bereits enthalten. Alternativ plant der Anbieter auch einen Einfach-Receiver zum einmaligen Kaufpreis von voraussichtlich 30 Euro. Hinzu kommen Aktionen und Sonderangebote, die der örtliche Fachhandel im Zuge der Umstellung offeriert, und die von einer umfangreichen Werbekampagne begleitet werden sollen. Beruhigt sein können übrigens Radiofreunde: Einzig der UKW-Empfang bleibt auch im Kabelnetz bis auf Weiteres analog.

Eigentliche Technikumstellung kommt später
Zum Zeitpunkt der Abschaltung der analogen TV-Programme will Unitymedia zunächst Informationstafeln auf diesen Kanälen ausstrahlen. Die Verschiebung von TV-Kanälen und das Angebot zusätzlicher Internetkapazität ist dann erst für einen nachfolgenden Schritt geplant. Perspektivisch will Unitymedia aber nicht nur weitere Kanäle auf Basis des aktuellen DOCSIS 3.0 betreiben, sondern sein Netz zusätzlich mit dem Standard DOCSIS 3.1 (auch als „Gigasphere“ bezeichnet) aufrüsten. Mit dieser Technik soll es im Breitbandkabel Download-Geschwindigkeiten von 1 Gigabit/s geben. Im März kündigte Unitymedia an, als erstes Pilotprojekt bis 2018 die Stadt Bochum mit einem solchen Angebot zu versorgen.
In Reaktion auf die Initiative von Unitymedia hat im März auch Vodafone, die nach dem Aufkauf von Kabel Deutschland im Jahr 2014 ebenfalls ein Kabelnetz betreiben, einen Ausblick auf ihre Ausbaupläne bekannt gegeben. Allerdings lässt sich der Düsseldorfer Anbieter mit der Abschaltung analoger Kabelkanäle deutlich mehr Zeit. Losgehen soll es erst 2019 in Bayern und eventuell auch Sachsen. Nach eigener Aussage sucht Vodafone die enge Abstimmung mit den Regierungen der betroffenen Bundesländer. Da der Anbieter in insgesamt 13 Bundesländern aktiv ist, könnte die Umstellung in manchen von ihnen je nach Kooperationsbereitschaft der Landesregierungen sogar noch bis 2025 dauern. Das ist zumindest das späteste Datum, auf das sich die „Netzallianz Digitales Deutschland“ für die Abschaltung der letzten analogen Fernsehkanäle geeinigt hatte.