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Warum Strahlenschutzfolien das Gegenteil bewirken

30.4.2013 von Bernd Theiss

Folien und Schutzhüllen für Smartphones sollen die Strahlenbelastung senken. Wir haben nachgemessen: Das Gegenteil ist der Fall.

ca. 3:15 Min
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Evestar Schutzfolien & Pong-Gehäuse
Evestar Schutzfolien & Pong-Gehäuse
© Hersteller

Als "möglicherweise krebserregend" wird Mobilfunkstrahlung eingestuft, und das auch noch von der wohl höchsten Autorität auf dem Gebiet der Krebsforschung, der IARC (International Agency for Research on Cancer). Das klingt besorgniserregend, bedeutet bei genauerem Hinsehen jedoch nur, dass einige Studien Hinweise darauf liefern, dass Mobilfunkstrahlung Krebs auslösen könnte.

Wissen: Wie gefährlich ist Handystrahlung?

Und diese Einstufung gilt auch für Gemüse, das nach traditionellen chinesischen Methoden eingelegt wurde - und für Kaffee. Über diese Lebensmittel macht sich vermutlich kaum jemand auch nur annähernd solche Sorgen wie über Mobilfunkstrahlung.

Strahlenschutz?

Doch Vorsicht bei der Anwendung vergleichsweise neuer Technik kann nichts schaden, denken viele Mobilfunkkritiker. Sie verzichten ganz aufs Handy respektive Smartphone oder greifen gezielt zu strahlungsarmen Geräten, die sie zudem nur selten einsetzen.

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Schutzfolien senken die Sendeleistung ab - das Handy erhöht in Folge den Pegel, um die Verbindung zu halten.
© Archiv

Da kommen die Hersteller Pong und Evestar gerade recht, die besorgten Verbrauchern Abhilfe versprechen: Spezielle Folien und Gehäuse sollen die Strahlenbelastung bei der Mobiltelefonnutzung senken. Evestar bietet hierfür ein Set aus einer sogenannten Antistrahlungs- und einer kratzfesten Folie plus Montagespachtel und Putztuch an; das Paket war bei Redaktionsschluss für rund 15 Euro inklusive Versand zum Beispiel bei Amazon zu bestellen.

Tipps: So reduzieren Sie Handystrahlung

Pong Research hat ab etwa 50 Euro spezielle Gehäuse im Programm, die den Empfang optimieren und die Strahlenbelastung minimieren sollen. Auch beim Pong-Set gehören ein Wischtuch und eine Folie als Kratzschutz zum Lieferumfang. Beide Sets lagen uns in einer Ausführung für das iPhone 4 vor.

Absorption oder Richtwirkung

Es gibt zwei Arten, Strahlung, die in eine Richtung geht, zu vermindern. Die eine Möglichkeit ist, sie zu absorbieren, sprich sie in ein Medium aufzunehmen und ihre Energie in eine andere Form umzuwandeln.

So lässt sich die Energie, die von elektrischen Feldern transportiert wird, in Wärme transferieren, wovon sich jeder überzeugen kann, der eine Induktionskochstelle besitzt. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dem elektromagnetischen Feld durch Reflexion an metallischen Objekten eine andere Richtung zu geben.

Evestar setzt auf die Absorption und hat dazu ein "feines Netzgitter mit ... Silbersalz-Technik und Kupferbeschichtung" auf eine der beiden Folien des Sets aufgebracht. Interessanterweise auf die Folie, die auf der Rückseite des iPhones angebracht wird. Den physikalischen Grundsätzen folgend absorbiert diese Folie also die Energie, die vom Smartphone in Richtung Mobilfunkstation gesendet wird - nicht aber die Energie, die in Richtung Kopf geht.

Übersicht: Strahlungsarme Handys

Die Pong-Hülle hingegen soll das Abstrahlverhalten optimieren, um so besten Empfang zu gewährleisten. Ein nachvollziehbarer Ansatz, denn wenn mehr Energie in Richtung der Mobilfunkstation gesendet wird, bleibt weniger Strahlung für den Kopf übrig. Der Fachmann spricht dabei von Richtwirkung und Antennengewinn.

Doch die eingebaute Antenne eines Smartphones durch äußere Elemente so zu verändern, dass sie den Gewinn in jede Richtung optimiert und nur in Richtung Kopf vermindert, dürfte eine hochkomplizierte und räumlich ausgedehnte Struktur erfordern.

Schließlich wirken die nötigen sogenannten Direktoren und Reflektoren erst ab einem bestimmten Abstand zum Hauptelement der Antenne. Richtantennen sind groß, man denke nur an frühere Fernsehantennenwälder und heutige Satellitenschüsseln.

Strahlung am Kopf
Strahlung am Kopf - Ein gutes Handy sollte so konstruiert sein, dass es die Energie möglichst vom Kopf weg strahlt (links) und nicht in Richtung Kopf abgibt (rechts). Das ist aber nur sehr begrenzt realisierbar.
© connect

Im Messlabor: Die Sendeleistung nimmt ab

Doch grau ist alle Theorie - erst der Durchgang durch unser Messlabor zeigt, was der Strahlenschutz der beiden Hersteller wirklich bringt. Ins stabile Pong-Gehäuse war das iPhone jedenfalls ruck, zuck eingesetzt, auch die Evestar-Folien sind schnell aufgeklebt - damit war das Gerät bereit zur Messung.

Das Ergebnis: Die maximale Sendeleistung des Apple-Smartphones war unter dem Pong-Cover im UMTS-Band deutlich niedriger als beim nackten iPhone; mit der Evestar-Folie war dies auch in den GSM-Bändern der Fall. Das heißt: Es steht weniger Leistung zur Kommunikation mit der Mobilfunkzelle zur Verfügung.

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Und das ist dann auch die Crux an der Sache: Weil sich Mobilfunknetz und Smartphone immer auf die niedrigste Sendeleistung einigen, die für eine gute Übertragung nötig ist, erhöht das Smartphone mit den Pong- oder Evestar-Modifikationen einfach so lange den Pegel, bis der gute Empfang wieder hergestellt ist.

Die in Richtung Kopf gestrahlte Leistung steigt dabei natürlich auch. Umso ungünstiger, dass die zwischen Smartphone und Kopf sitzenden Displayschutzfolien keine messbar abschirmende Wirkung bieten, weder bei Pong noch bei Evestar. Kann das Handy in größerer Distanz zur nächsten Zelle seine Leistung nicht weiter erhöhen, bricht die Verbindung ab - früher als ohne die vermeintliche Schutzmaßnahme.

Fazit: Wir raten ab!

Als Hilfe gegen Strahlen können wir diese Produkte nicht empfehlen - im Gegenteil, sie erhöhen die Mobilfunkstrahlung unnötig.

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