Testbericht
Gigaset S685IP
Sie wollen die Vorteile von Internet-Telefonie nutzen, auf die Sicherheit des Festnetzes aber nicht verzichten? Dann brauchen Sie ein Hybrid-Schnurlostelefon wie das neue S-Klasse-Modell von Siemens.
- Gigaset S685IP
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Produktmanager von Schnurlostelefonen haben es nicht leicht. Schiffscontainerweise überschwemmt Billigware aus Fernost die Märkte und macht die Preise kaputt. Zu allem Überfluss zieht auch das
Qualitätsmerkmal immer weniger, denn inzwischen sind viele Billigheimer erstaunlich hochwertig verarbeitet. Und im Gegensatz zum Faszinationsobjekt Handy kaufen die wenigsten alle ein oder zwei Jahre ein neues Heimtelefon. Wer heute mit einem Schnurlostelefon Aufsehen erregen möchte, muss also auf Innovation setzen - oder auf Öko respektive Strahlungsreduktion.
Den Schuss hat DECT-Marktführer Siemens gehört und will mit dem S685IP die Latte in beiden Disziplinen ganz hoch legen. Hoch erscheint zunächst freilich der Preis: 140 Euro für ein recht unscheinbares Schnurlostelefon sind eine sportliche Summe. Da drängt sich natürlich der Verdacht auf, dass das Gigaset S685IP auf die inneren Werte setzt. Und siehe da: Die Bezeichnung "Hybridtelefon" deutet schon an, dass wir es hier nicht mit einem hundsordinären Plauderknochen zu tun haben, sondern mit einem Technologietreiber, mit dem Sie nicht nur übers Festnetz, sondern auch übers Internet plaudern können. Und das bringt neben Kostenersparnis auch Qualitätsvorteile. Doch dazu später mehr.
Gigaset S685IP: Einfache Installation
Die Basisstation des Geräts ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Blackbox - ein schwarzes Kistchen, das den Begriff "Design" allenfalls vom Hörensagen kennt. Lediglich die beleuchtete Paging-Taste - also der Knopf, mit dem man ein verlegtes Mobilteil zum Klingeln bringen und dadurch wiederfinden kann - sticht hervor und signalisiert auch den Netzwerkstatus. Nach dem Auspacken gilt es, die Basis mit dem Telefonanschluss und dem Internetrouter zu verkabeln.

Übers Festnetz kann man ab diesem Zeitpunkt bereits telefonieren, die Verbindung zum Internet wird beim Blick aufs Display sichtbar: Das zeigt den Wetterbericht an - ein nettes Feature, um die sonst brachliegende Anzeige mit Informationen zu beschicken. Im Lieferzustand wird ein internationaler Wetterbericht angezeigt, doch das lässt sich ändern: Auf einer speziellen Siemens-Webseite trägt man den mitgelieferten Login und das Passwort ein und kann dann einstellen, was man sehen will - lieber die Wetterlage am eigenen Wohnort oder am Wochenenddomizil. Alternativ kann man sich auch Nachrichten als RSS-Feeds aufs Display liefern lassen, was allerdings nur begrenzt Sinn macht, denn es wird immer nur eine Headline angezeigt; die Nachricht darunter lässt sich nicht öffnen.
Dank dem Internetzugang sind aber noch andere Features möglich: So hat Siemens mit Kooperationspartner Klicktel ein Online-Telefonbuch auf die Beine gestellt, das nach langem Druck auf die Telefonbuchtaste startet. In der Suchmaske trägt man einfach Namen und Wohnort des gesuchten Teilnehmers ein, schon durchforstet Klicktel seine Datenbank. Im Regelfall erscheint die Nummer binnen einer Sekunde auf dem Display, man drückt die grüne Hörertaste und das Gigaset baut die Verbindung auf - das ist wirklich ein Mehrwert. Ebenfalls dem Internetzugang zu verdanken ist der E-Mail-Client und die Messenger-Funktion. Zumindest der Mail-Client taugt aber aufgrund der Restriktionen von Prozessor und Display in erster Linie nur dazu, dass der Nutzer sein Postfach auf neue Nachrichten checkt und diese dann wie gehabt am Rechner liest und beantwortet.
Gigaset S685IP: Internet-Telefonie schafft Mehrwert
Doch diese ganzen Goodies sind nur schmückendes Beiwerk, denn eigentlich hat das Gerät den Netzzugang ja wegen der Internet-Telefonie. Wozu das, wo sich doch immer mehr Kunden für einen Internet-Tarif inklusive Telefonflatrate entscheiden? Weil Letztere in der Regel nur für Anrufe ins deutsche Festznetz gilt. Wer Freunde oder Verwandte im Ausland hat, zahlt damit drauf. Übers Internet kann man dagegen weltweit kostenlos telefonieren - einzige Voraussetzung ist, dass beide Parteien einen Breitbandinternet-Anschluss idealerweise mit Datenflatrate haben und über denselben VoIP-Provider plaudern. Oder dass beide ein Gigaset-IP-Telefon nutzen. Denn Siemens hat die Community Gigaset.net gestartet, in der sich alle Mitglieder und Gigaset-IP-Besitzer weltweit untereinander kostenlos anrufen können. Verfügen beide Teilnehmer zudem über ein Gigaset-Telefon mit CAT-iq und HDSP-Standard, kann man mit deutlich verbesserter Sprachqualität telefonieren. Für die Experten: Das Klangtuning hat Siemens über den G722-Sprachcodec realisiert.
Gigaset S685IP: Einfache Bedienung
Wer sich angesichts der vielen Features Sorgen über die Bedienbarkeit macht, kann aufatmen: Siemens nimmt den Kunden bei der Hand und hat beispielsweise die wichtigsten VoIP-Provider gleich vorinstalliert. Man wählt einfach das Land aus, in dem der VoIP-Provider sitzt, sucht dann den Anbieter in der Liste und trägt dort Login und Passwort ein - das war's. Zusätzlich lässt sich noch festlegen, ob Anrufe standardmäßig über Festnetz oder Internet geführt werden sollen. Und weil es keine Regel ohne Ausnahme gibt, kann man vor jedem Gespräch entscheiden, ob die Standardeinstellung gelten soll (kurzer Druck auf die grüne Hörertaste) oder die Ausnahme (langer Druck auf die grüne Hörertaste).

Wer weitere Dinge wie Wahlregeln oder Codec-Präferenzen einstellen will, kann dies bequem über den Webbrowser am PC erledigen. Übrigens ist das S685IP ein richtiges Familientelefon: Wie bei fast allen Schnurlosmodellen lassen sich weitere Mobilteile zukaufen und einbuchen. Die Besonderheit: Man kann gleichzeitig zwei Internet-Telefonate (auch über unterschiedliche Provider) und ein Festnetzgespräch führen.
Gigaset S685IP: Bluetooth
Seinem schon seit einiger Zeit verfügbaren Bruder Gigaset S675IP hat das S685IP eine Bluetooth-Schnittstelle voraus. Dank dieser lassen sich nicht nur von Siemens empfohlene Headsets zum freihändigen Plaudern nutzen, der eigentliche Mehrwert kommt aus einer anderen Richtung: Während man bisher bei jedem Neukauf eines Schnurlostelefons mühsam den Telefonbuchspeicher per Hand füllen musste, erspart hier die Kurzstreckenfunktechnik blutige Finger. So kann man Gigaset und Handy per Bluetooth koppeln und einzelne Nummern übertragen. Noch bequemer ist es, das Telefon mit dem PC zu synchronisieren, was mit Vista Contacts, Windows Adressbook, Outlook 2000/2002/2003 und Outlook 2007 klappt - und zwar in Form der kostenlosen Software Gigaset QuickSync. In der kann man einstellen, welche Kontakte beispielsweise von Outlook ins Gigaset übertragen werden sollen. Auch kann man Bilder vom Rechner aufs Mobilteil übertragen - bequemer kann Rufnummernsynchronisation nun wirklich nicht mehr klappen.
Gigaset S685IP: Basis-Features der Extraklasse
Bei so viel Hightech dürfen natürlich auch die Basisfunktionen nicht vergessen werden. Und von denen gibt's eine ganze Menge. So speichert das Gigaset S685IP bis zu 250 Kontakte im Adressbuch, jeweils mit Vorname, Nachname, Telefonnummer, Handynummer, E-Mail-Adresse, Geburtsdatum samt Gratulationserinnerung und auf Wunsch einem Bild - da sieht man dann sofort, wer anruft.
Freisprechen klappt auf drei verschiedene Arten: Per optionalem Bluetooth-Headset, mit einem ebenfalls optionalen drahtgebundenen Headset mit 2,5-mm-Klinkenstecker und mit einer wirklich top klingenden Vollduplex-Freisprecheinrichtung, die im HDSP-Betrieb ihre volle Stärke ausspielt.
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Frischgebackene Eltern freuen sich über eine Babyphone-Funktion: Wenn der Nachwuchs schreit, wählt das Mobilteil automatisch eine interne oder externe Rufnummer und stellt die Verbindung her. Auch den Wecker ersetzt das S685IP. So lässt sich nicht nur die Uhrzeit einstellen, zu der das Mobilteil klingeln soll, sondern auch, ob jeden Tag oder nur von Montag bis Freitag geweckt werden soll.
Die "5" in der Typenbezeichnung deutet auf einen eingebauten Anrufbeantworter hin. Der zeichnet Nachrichten mit einer Gesamtlänge von rund 30 Minuten auf, lässt sich aus der Ferne abfragen und ermöglicht das Mithören auch während der Aufzeichnung. Schade ist nur, dass Tasten zur schnellen AB-Abfrage an der Basis fehlen, abhören kann man Nachrichten nur übers Mobilteil. Dafür klappt die Steuerung generell einfach: Ein Vier-Wege Steuerkreuz und kontextabhängige Displaytasten führen bequem zur gewünschten Funktion.
Gigaset S685IP: Schwache Tastatur, gute Laborwerte
Also alles eitel Sonnenschein? Nicht ganz. Denn die Tastatur hinterlässt nicht gerade einen wertigen Eindruck: Das Steuerkreuz fühlt sich wabbelig an und auch die restlichen Tasten - allen voran die grüne und rote Hörertaste - wackeln wie lockere Zähne. Das beeinträchtigt zwar die Funktion nicht, für den Preis darf der Kunde aber bessere Qualität erwarten. Das gilt auch fürs Display: Die Anzeige ist zwar im Textmodus hervorragend abzulesen, die blassen Farben der Piktogramme hinterlassen aber keinen echten Premium-Eindruck.
Gewohnt gute Werte erreicht das Siemens Gigaset S685IP im Labor. Sowohl bei den Klangmessungen als auch bei den Ausdauertests gab's keinen Grund zur Beanstandung. Ganz im Gegenteil: Mit sieben Tagen Standby-Betrieb und rund zehn Stunden Dauerbetrieb muss das Mobilteil nicht jeden Abend auf der Ladestation pausieren, was die Akkus schont. Gut ist auch, dass Basis und Ladestation getrennt sind, so kann man Letztere dort aufstellen, wo man sie wirklich braucht. Ebenfalls erwähnenswert sind die Eco-Funktionen: Dank dem Einsatz von Schaltnetzteilen kommt das S685IP auf einen Verbrauch von lediglich 2,4 Watt im Mixbetrieb. Obendrein lässt sich die Sendeleistung der Basis manuell drosseln; das Mobilteil regelt seine Sendeleistung automatisch nach dem Bedarf anstatt die ganze Zeit volle Pulle zu funken. Alles in allem liefert Siemens mit dem Gigaset S685IP ein Hybridtelefon mit allerlei technischen Finessen, das sowohl im privaten Umfeld als auch fürs Small-Home-Office zu empfehlen ist.