Testbericht
Motorola Milestone im Test
Mit der RAZR-Reihe haben die US-Amerikaner das letzte Mal für Furore gesorgt - an den fulminanten Erfolg der flachen Klapphandys konnte Motorola seither nicht mehr anknüpfen. Doch Totgesagte leben bekanntlich länger:
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Motorola drängt zurück in die Erfolgsspur, stattet seinen neuen Hoffnungsträger mit Googles aktueller Betriebssystem-Version Android 2.0 aus und verpasst ihm den optimistischen Namen Milestone, also Meilenstein.
Erstklassige Verarbeitung

Die Stabilität des Meilensteins war für die Motorola-Designer oberstes Gebot: Das Motorola Milestone ist sehr robust gebaut, es knarzt nicht und die Gehäuseverarbeitung ist vorbildlich. Mit einer Ausnahme: Der Akkudeckel lässt sich sehr einfach aus den vorgesehenen Einschüben lösen - beim Herausziehen aus der Hosentasche wird die Abdeckung häufig gelockert.
Im Vergleich zu anderen Smartphones hat das Motorola Milestone mit 169 Gramm leichtes Übergewicht. Die Front wirkt in glänzendem Schwarz sehr elegant und harmoniert optisch sehr gut mit der gummierten Rückseite und der in Bronze gehaltenen Lautsprecherabdeckung. Zugegeben: Das Gehäuse ist etwas klobig, doch der Handlichkeit tut das keinen Abbruch. Das Motorola Milestone liegt mit seinen Außenmaßen von 116 x 60 Millimetern gut in der Hand und gehört mit einer Bauhöhe von nur 14 Millimetern zu den schlankesten Smartphones mit mechanischer Schreibtastatur.
Brauchbare Tastatur
Damit Letztere zum Vorschein kommt, muss wie unten in der Abbildung zu sehen das Gerät quer gehalten und der Bildschirm nach oben weggeschoben werden - am besten mit zwei Händen, denn der Schiebemechanismus ist etwas schwergängig; dafür rastet das Display dann aber auch sicher ein und hält bombenfest.
Die vierzeilige Qwertz-Tastatur gefällt mit ausreichend groß dimensionierten Drückern und einer gleichmäßigen Beleuchtung. Die einzelnen Tasten sind mit einem haptisch angenehmen Kunststoff überzogen; der Druckpunkt der darunterliegenden Taster ist sauber definiert. Auch wenn die Drücker nicht spürbar voneinander getrennt sind, bieten die Erhebungen der jeweiligen Tasten eine gute Orientierung. Vielschreiber werden die praktische Volltastatur schnell schätzen lernen und die etwas größer ausfallende Bauhöhe des Geräts dafür gerne in Kauf nehmen.
Das Steuerkreuz rechts neben der Tastatur bleibt Geschmacksache: Alternativ zur Touchscreen-Bedienung kann der Anwender hiermit durch die Menüeinträge kurven und etwa in Formularen bequem von Feld zu Feld springen. Allerdings klappt die Fingerbedienung direkt auf dem Bildschirm so gut, dass sich Motorola den Fünf-Wege-Key sparen und den Platz für eine noch größere Tastatur hätte nutzen können.
Die etwas unschöne Kante unter dem Display - bei Querausrichtung rechts davon - gibt auf den ersten Blick Rätsel auf. Hat man das Motorla Milestone jedoch einige Zeit in Gebrauch stellt sich heraus: Je nachdem, wie man das Smartphone in der Hand hält, kann das Gerät an dieser Kante mit dem Daumen fixiert werden, ohne versehentlich die Sensortasten zu bedienen.
Vier solcher berührungsempfindlicher Drücker befinden sich direkt unterhalb des Bildschirms: Mit dem Zurück-Button gelangt man eine Menüebene höher; im Internetbrowser auf die vorherige Webseite. Über die Menütaste rechts daneben werden abhängig von der aktuellen Anwendung verfügbare Einstellungsoptionen angeboten, während die Home-Taste stets den Startbildschirm aufruft.
Zum Suchen von Anwendungen, Kontakten oder auch Webinhalten genügt ein Klick auf die Fläche rechts außen und schon wird das Schnellsuchfeld eingeblendet. Die Betätigung der Sensortasten wird durch ein kurzes Vibrieren bestätigt.
Das Auge wird verwöhnt
Neben der hochwertigen Gehäuseverarbeitung weiß auch das Display zu gefallen: Es ist mit 480 x 854 Pixeln sehr filigran aufgelöst und setzt Details gestochen scharf in Szene. Auch die Bildschirmdiagonale fällt mit 3,7 Zoll erfreulich groß aus - Apples Kulthandy kann in dieser Disziplin nicht mit dem Motorola Milestone mithalten.
Das Surfen im Internet ist dank des mächtigen Screens - der iPhone-like auch Multitouch für bequemes Zoomen mit Daumen und Zeigefinger beherrscht - auf hohem Niveau möglich. Der Browser geht wirklich fix zur Sache und die Steuerung geht auf dem kapazitiven Display, das auf Fingerberührung reagiert, locker von der Hand.
Ein Helligkeitssensor orientiert sich am Umgebungslicht und sorgt dafür, dass das Dargestellte stets korrekt ausgeleuchtet wird. Nutzt man die Breitbilddarstellung im 16:9-Format, macht das Motorola Milestone mit über 16 Millionen Farben auch als Video- und Multimedia-Player eine herausragende Figur.

Weiterer Vorteil des großen Displays: die Navigation. Hierzulande können sich Motorola Milestone-Nutzer mit der vorinstallierten Testversion der hauseigenen Lösung Motonav durch die Straßen lotsen lassen. Die kostenlose Software Google Maps Navigation ist in Deutschland offiziell noch nicht freigeschaltet - die amerikanische Beta-Version steht allerdings auch bei uns zum Download bereit. connect hat die Navi-Software ausprobiert und konnte - von kleinen Positionsverspringern und einer etwas harschen Sprachausgabe abgesehen - ein insgesamt sehr positives Bild des Google-Lotsen gewinnen. Der offizielle Deutschland-Start von Google Maps Navigation steht noch nicht fest.
Endlich Outlook-Snyc möglich
Zeitgleich mit dem Verkaufsstart des Motorola Milestone wurde auch die neueste Version des Google-Betriebssystems Android 2.0 veröffentlicht. Das Grundgerüst der Androiden hat sich dabei nicht verändert: So besteht der Homescreen weiterhin aus drei mit Ordnern und Verknüpfungen individuell gestaltbaren Bildschirmen, zwischen denen per Fingerwisch hin und her gewechselt wird.
Vom unteren Bildschirmrand aus wird eine digitale Schublade aufgezogen, in der sich sämtliche Anwendungen und Einstelloptionen in alphabetischer Reihenfolge wiederfinden. Auch die Statusleiste lässt sich von oben nach unten aufziehen und listet aktive Downloads und Programme sowie verpasste Anrufe oder Nachrichten auf.

Optisch unterscheidet sich Android 2.0 von seinen Vorgängern lediglich durch grafisch aufgemöbelte Symbole und Widgets. Wichtiger sind jedoch die funktionalen Erweiterungen: So unterstützt die aktuelle Version den Abgleich mit Exchange-Servern nun ab Werk - das Einrichten des E-Mail-Postfachs klappt dank eindeutiger Schritt-für-Schritt Anleitung ohne Schwierigkeiten.
Auch Outlook-Kontakte und -Kalender können über diese Schnittstelle direkt mit dem Smartphone synchronisiert werden. Neu ist auch die Möglichkeit, mehrere Googlemail-Konten einzurichten und diese separat oder gemeinsam in einem Postfach anzuzeigen. Wer etwa bei GMX oder Web.de seine elektronische Post abholt, der kann sich auch diese auf das Motorola Milestone weiterleiten lassen - Kontakte und Kalender bleiben dabei jedoch außen vor; da hilft nur der Umweg über einen Googlemail-Account.
Sehr praktisch ist die neue Funktion im Adressbuch: Sobald ein Profilbild angetippt wird, poppt ein Reiter mit verschiedenen Optionen auf. Mit einem Fingertipp auf das entsprechende Symbol kann man diesem Kontakt direkt eine SMS oder E-Mail schreiben oder die Person anrufen. Ist eine Postanschrift hinterlegt, kann man sich dank GPS und Navi-Software auch direkt dorthin navigieren lassen.
Einige Wünsche bleiben jedoch auch bei Android 2.0 noch offen: Abgesehen von "Flugmodus" und "Lautlos" sind keine editierbaren Situationsprofile vorhanden; Dateibrowser, Voice-Memo und UKW-Radio - ebenfalls Fehlanzeige. Über den Android Market, Googles Online-Shop für Software, können solche Erweiterungen jedoch bequem aufs Gerät geladen werden.
Der virtuelle Einkaufsladen ist über das Hauptmenü schnell erreicht; Nutzer können unter einer wachsenden Anzahl unterschiedlichster Anwendungen auswählen und so die Funktionen ihres Motorola Milestone nahezu beliebig erweitern. Angefangen von Office- und Multimedia-Tools über Nachschlagewerke bis hin zu Gelegenheitsspielen jeglicher Art - der Android Market bietet ein stetig wachsendes Angebot an kostenlosen oder zumindest kostengünstigen Anwendungen, auch wenn er bisher bei der Quantität nicht an Apples AppStore herankommt.
Alle Datenstandards an Bord

In Sachen Hardware ist das Motorola Milestone ansonsten auf der Höhe der Zeit: Für hohe Downloadraten zeichnet HSDPA mit bis zu 10 Mbit/s verantwortlich; auch der Datenversand klappt dank HSUPA bis zu 5,76 Mbit/s in flottem Tempo. Steht das UMTS-Netz nicht zur Verfügung, funkt der Stein auch via EDGE und GPRS im GSM-Netz. Ist ein WLAN-Hotspot in der Nähe, bucht sich das Milestone mit den Standards b oder g ein, was Downloadraten von 11 respektive 54 Mbit/s bedeutet. Für die sichere Zielführung ist ein GPS-Empfänger verbaut. All diese Features und nicht zuletzt auch der große und helle Bildschirm zehren freilich an den Energiereserven des 1455 mAh großen Akkus.
Maue Kondition, guter Empfang
Das hat sich in unserem Messlabor bestätigt: Das Display ist ein Stromfresser, weshalb das Motorola Milestone bei intensiver Nutzung - wie auch alle anderen Smartphones - recht schnell nach einer Steckdose verlangt.
Unsere Messungen haben außerdem gezeigt, dass das Gerät auch im Standby-Betrieb relativ viel Strom verbraucht und daher Punkte liegen lässt. Die Akustikmessungen hingegen bescheinigen dem Motorola Milestone ein sehr gutes Ergebnis: sowohl in Sende- als auch in Empfangsrichtung haben unsere Laboringenieure einen sauberen Klang ohne merkliche Störungen messen können.
Die Empfangsqualität im GSM-Betrieb ist etwas besser als bei UMTS, liegt in beiden Fällen jedoch auf einem guten Niveau. Somit steigt das Motorola Milestone im aktuellen Testfeld auf das Siegertreppchen - und ist überdies das momentan beste Android-Gerät auf dem Markt. Mit einem leistungsstärkeren Akku, einem etwas sparsameren Display und einem Feinschliff in Sachen Ausstattung hätte es gute Karten gehabt, um ganz vorne in der Bestenliste zu stehen.
Willkommen zurück
Nichtsdestotrotz ist Motorola die Rückkehr aus der Schattenwelt der Totgesagten mit Bravour geglückt und das Motorola Milestone in unserem Redaktions- und Labortest ein voller Erfolg geworden. Durch das harmonische Zusammenspiel zwischen dem großen Display, der praktischen Volltastatur und der intuitiven Bedienbarkeit von Android 2.0 überzeugt das Gerät sowohl als Business- wie auch als Messaging- und Internet-Smartphone.