Die Rückkehr des Flip-Phones
Motorola razr im Hands-On-Test
Motorola hat mit dem razr ein faltbares Smartphone in Anlehnung an ihr kultiges Klapphandy vorgestellt. Wir konnten das erste Modell in Deutschland ansehen und geben unseren ersten Eindruck im Hands-On.

Nach Samsung und Huawei bringt mit Motorola der nächste Hersteller ein faltbares Smartphone auf den Markt. Zwar steht der Release-Termin für Deutschland noch nicht fest, doch bei einem Besuch in der connect-Redaktion hatte Motorola das einzige derzeit in Deutschland befindliche Gerät im Gepäck. So konnten wir uns einen ersten Eindruck von dem Klapp-Smartphone verschaffen.
Schon auf den ersten Blick unterscheidet sich das Motorola razr (2019) deutlich von anderen faltbaren Smartphones: Wo Samsung Galaxy Fold und Huawei Mate X von der Smartphone- zur Tablet-Größe aufklappen, ist das razr im aufgeklappten Zustand ein normales Smartphone, das auf die halbe Größe zusammengeklappt bequem in jede Hosentasche passt. Motorola nennt das Razr ein „Flip-Phone“ – wie das ursprüngliche Motorola razr, das 2004 erstmals als Klapphandy erschienen ist.
Stabiler Klappmechanismus
Das zusammengeklappte razr ist kompakt und mit 14 Millimetern auch nicht sonderlich dick. Die beiden Hälften liegen flach aufeinander, ohne dass sich ein Spalt bildet. So sollte in der Tasche kein Staub zwischen das Display gelangen, das aus Kunststoff besteht und somit trotz dreifacher Beschichtung anfälliger für Kratzer ist als eine Glasoberfläche.
Wenn man das Smartphone aufklappt, spürt man einen deutlichen Widerstand, so dass wir die Bewegung zunächst nur mit zwei Händen gewagt haben. Mit etwas Übung sollte sich das razr aber auch einhändig aufklappen lassen – wie der Motorola-Vertreter beweisen konnte. In der anderen Richtung klappt das Smartphone mit einem befriedigenden Schnappen zu. Das alles fühlt sich recht solide und stabil an. Hier wackelt nichts.
Beim Aufklappen bewegt sich das Scharnier Richtung Display und spannt dieses auf, die beiden Außenteile liegen dann als Rückseite plan nebeneinander. Beim Zusammenklappen wölbt sich das Display in das Scharnier hinein. Das 6,2 Zoll große OLED-Display ist nicht komplett flach, es hat eine im Gegenlicht sichtbare Welle und beim Darüberstreichen ist auch das Scharnier zu spüren. Allerdings erkennt man die Kante weniger deutlich als beim Galaxy Fold, bei dem sie noch prominenter ist. Insgesamt wirkte die Darstellung auf dem Display gut und auch die Bedienung des razr läuft insgesamt so flüssig wie bei jedem normalen Smartphone.

Kein Platz für den Akku
Im aufgeklappten Zustand ist das Motorola razr 6,9 Millimeter dünn, abgesehen von einem Kinn, wie man es auch vom ursprünglichen Razr kennt. Dieses beherbergt einen 2.510-mAh-Akku, Antennen, Lautsprecher und Fingerabdrucksensor. Ein Kartenslot hatte in dem dünnen Gehäuse keinen Platz, so dass man den 128-GB-Speicher nicht erweitern kann. An Stelle einer regulären SIM-Karte besitzt das Razr nur eine eSIM. Der relativ kleine Akku soll laut Motorola darüber kompensiert werden, dass man das große Display, das ja den meisten Strom frisst, nicht ständig im Einsatz hat.
An der Außenseite hat das razr nämlich noch ein zweites, 2,7 Zoll großes, OLED-Display, das Benachrichtigungen anzeigt, Schnellzugriffe ermöglicht und auch für Selfies mit der darunter platzierten 16-MP-Kamera zum Einsatz kommt. So muss man das Smartphone nicht immer aufklappen, um es zu benutzen. Wenn man das razr dann doch aufklappt und die Kamera über das Haupt-Display steuert, zeigt das Außen-Display lustige Gesichter – ein netter Gag, der für fröhliche Fotos sorgt. Über dem Haupt-Display gibt es außerdem noch eine Selfie-Cam, die mit 5 Megapixeln auflöst. Im Inneren werkelt übrigens der Mittelklasse-Prozessor Snapdragon 710 von Qualcomm mit 6 GB RAM.

Nicht für den Massenmarkt
Der Blick auf die Specs verrät, dass es sich beim Motorola razr (2019) nicht um ein High-End-Produkt handelt, auch wenn der Preis anderes vermuten lässt. Motorola ist derzeit in Gesprächen mit Mobilfunkanbietern, die das Razr mit entsprechenden Tarifen für die eSIM anbieten können. Auch wenn die finalen Tarifmodelle noch nicht feststehen, soll das razr, wenn es im ersten Halbjahr 2020 auch in Deutschland auf den Markt kommt, rund 1599 Euro kosten.
Dass dies kein Preis für den Massenmarkt ist, dessen ist sich Motorola durchaus bewusst. Man sieht das razr (2019) als Technologieträger, der die Möglichkeiten von faltbaren Displays aufzeigen soll. Außerdem hofft man darauf, dass das neue razr wie sein Namensgeber zu einem Fashion-Statement wird. Wenn das erste Modell gut ankommt, sind für die Zukunft auch weitere faltbare Motorola-Smartphones zu erschwinglicheren Preisen denkbar.
Als Betriebssystem läuft im Übrigen Android 9. Grund dafür ist indirekt das Debakel um Samsungs Galaxy Fold. Eigentlich sollte das Motorola razr nämlich schon früher erscheinen. Kurzfristig hat man den Launch dann aber verzögert, um eine weitere Testrunde zu drehen. Mit dem finalen Produkt ist sich Motorola nun so sicher, dass der Hersteller zwei Jahre Garantie gibt. Auch Updates auf Android 10 und Android 11 hat Motorola versprochen.

Fazit
Mit dem razr zeigt Motorola ein faltbares Smartphone, dessen Mehrwert sofort ersichtlich ist: Ein Smartphone mit großem Screen, das man bequem in die Tasche stecken kann. Dies hat der Hersteller nach unserem ersten Eindruck solide umgesetzt, auch wenn sich langfristig zeigen muss, wie widerstandsfähig das faltbare Display im Alltag ist. Auch an dem kleinen Akku und den fehlenden Kartenslots erkennt man die Grenzen des Designs. Der Handlichkeit eines dünnen Gehäuses fallen einige Features zum Opfer.
Was die Specs betrifft, ist das Motorola razr (2019) natürlich ein Mittelklasse-Smartphone, für das der aufgerufene Preis eigentlich viel zu hoch ist. So werden bei diesem ersten Modell wohl nur die wirklichen Liebhaber zugreifen. Dennoch erlaubt Motorola einen Blick darauf, wie die Zukunft mit faltbaren Displays aussehen könnte.