Musical Fidelity Nu-Vista im Test
Musical Fidelity bietet seinen neuen Nu-Vista-Player als Superlativ an. Feinste Mechanik trifft auf einen antrittsstarken Wandler und exotische Röhren in der Ausgangsstufe - kurzum: ein CD-Player der obersten Spitzenklasse.

Was sind eigentlich Nuvistoren? Eine Sonderabteilung der Sturmtruppen aus "Star Wars"? Nein. Selbst manche Profis unter den Röhrenkennern kommen hier ins Stutzen. Nuvistoren sind Röhren der Sonderklasse. Entwickelt wurden sie gegen Ende der 1950er-Jahre und hatten leider nur eine kurze Bl&...
Was sind eigentlich Nuvistoren? Eine Sonderabteilung der Sturmtruppen aus "Star Wars"? Nein. Selbst manche Profis unter den Röhrenkennern kommen hier ins Stutzen. Nuvistoren sind Röhren der Sonderklasse. Entwickelt wurden sie gegen Ende der 1950er-Jahre und hatten leider nur eine kurze Blütephase. Wer sie sieht, könnte sie fast für so etwas wie Elkos halten. Ein großer Glaskolben fehlt, stattdessen sind sie mit einer kleinen Metallhülle ummantelt.
Was Entwickler und Kunden liebten: Diese Röhren unterlagen nicht den Schwächen der Bauform. Sie kränkelten weniger an Fehlern und Serienstreuung, waren nicht anfällig für Mikrofonie und blieben über längere Einsatzzeiten stabil in ihrem Arbeitsbereich. Faktisch waren sie Superröhren. Doch leider kamen zur gleichen Zeit die ersten Transistorschaltungen auf. Das Neuere verdrängte jede noch so gute Röhre und deklassierte sie zum alten Eisen.
Ein Schatz mit Sockel
Wer noch über Nuvistoren verfügt, hütet sie wie einen Schatz. Einen besonders großen Schatz hat Antony Michaelson, der Chef von Musical Fidelity, angehäuft. Rund 23.000 Nuvistoren hat er gehortet - und vorausschauend wie er ist, auch die passenden Sockel. Natürlich nicht aus Selbstzweck: Die kleinen, feinen Röhren sollen seinen Elektronikkomponenten zugutekommen - wie dem brandneuen CD-Player Nu-Vista CD.
Wer vor diesem Werk steht, staunt zuerst über das Gewicht: 19 Kilogramm sind viel für einen scheinbar simplen CD-Player. Erst wer hineinschaut, entdeckt einen aufwendig verkapselten Parcours an unterschiedlichen Steuerelementen - und dominant sichtbar vier Nuvistoren, die Antony Michaelson regelrecht ausstellt und beleuchtet. Faktisch arbeitet das Quartett in Single-Ended-Trioden-Schaltung in der Ausgangsstufe des Players. Das digitale Signal wird über einen Burr-Brown-Chip gewandelt - bei 32 Bit nach Delta-Sigma-Logik und achtfachem Oversampling.

Das Laufwerk selbst lässt Musical Fidelity vom österreichischen Zulieferer Stream Unlimited verfeinern. Die Kunststoff-Schublade wird stattlich verstärkt und an zwei Aluminium-Streben ausgefahren. Insgesamt ein ehrwürdiger Aufwand für einen Player, der zum stolzen Preis von 9500 Euro angeboten wird. Dafür darf man einiges erwarten: beispielsweise als Zugabe einen doppelten Digitaleingang (optisch und koaxial), wenn man die rasant gute Wandlung allein nutzen möchte.
Erfahrung punktet
Vor allem dürfen die Ohren etwas erwarten. Aus lauter guten, superben Einzelkomponenten muss kein superber Klang entstehen. Das weiß auch Antony Michaelson und investiert stets viel Zeit in das Layout der Leiterplatinen. Beispielsweise hat er erkannt, dass nicht immer der kürzeste Signalweg der beste ist: etwa wenn sich dadurch zwei Spannungen zu nahe kommen und zu ungesunder Kapazität aufschaukeln. Der Mann ist schließlich 34 Jahre im Geschäft und kennt die Feinheiten, gerade und insbesondere mit der perfekten Stromaufbereitung. Deshalb versorgt er die digitalen und analogen Wege nicht nur über eigene Wicklungen des Trafos, sondern zusätzlich über eine getrennte Stabilisierung.
Viel Aufwand. Und wie klingt der Nu-Vista? Erstaunlich anders als erwartet. Von der Bauweise und den prominent ausgestellten Nuvistoren sollte man eine gewisse Röhrencharakteristik erwarten. Also einen kleinen, charmanten Weichspüler in der Ausgangsstufe. Doch der CD-Player steht auf der Gegenseite: Seine Kunst liegt in der maximalen Analyse. Spannend, was er aus der digitalen Silberspur herauszulesen versteht.
Eine anspruchsvolle Aufnahme hat hier kürzlich das Label Pentatone vorgelegt: Orchestrale Tanzszenen das frühen 20. Jahrhunderts. Mit dabei: Salomes Tanz von Richard Strauss (dargeboten vom Orchestre de la Suisse Romande, dirigiert von Kazuki Yamada). Da tobt es in der Partitur: vom großen 80-Mann-Orchester bis zum kleinen Flötensolo.
Der Nu-Vista beherrschte in unserem Test die hohe Kunst, die großen wie die kleinen dynamischen Schattierungen abzubilden. Das ist kein leichter Job. Grandios, wie er großformatig den Streicherteppich auslegte und dennoch die feinen Phrasen der Holzbläser nicht vernachlässigte. Andere Player, selbst der höheren Spitzenklasse, vernuschelten hier und da Details mit Verdeckungseffekten. Dazu brachte der Nu-Vista eine geradezu holografische Abbildung ein - ein Klangbild zum Hineingreifen präzise.

Gibt es Grenzen? Ja, eine entscheidende, je nach Blickwinkel: Der Nu-Vista ist ein reiner CD-Player und liest keine Super-Audio-CDs aus. Wer also eine große SACD-Sammlung besitzt, muss sich vernachlässigt fühlen.
Faszinierend samtige Stimmwiedergabe Wer hingegen bei Silberscheiben nur auf 16-Bit-Ebene unterwegs ist, könnte sich hier im Glanz eines der besten Player überhaupt sonnen. Zudem punktet der Nu-Vista mit einem großformatigen, zweizeiligen Display: In der zweiten Zeile listet er alle Tracks der CD auf, wenn diese mit CD-Text codiert ist.
Doch wie steht es um die Nuvistoren? Gibt es wirklich keinen Röhren-Benefit an diesem Player? Natürlich doch. Die Stimmwiedergabe hatte in unserem Test etwas faszinierend Samtiges. Ganz groß legt sich hier eine neue CD von Stockfisch Records ins Zeug: Der legendäre Produzent Günter Pauler hat ein Konzert von Sara K. mitgeschnitten - lange her, im Jahre 2001 in einem kleinen Club im beschaulichen Einbeck. Nun die Erstveröffentlichung. Das hat was - insbesondere über den Nu-Vista. Wie er die kompakte Räumlichkeit extrem präzise abbildete und dazu eben noch den Samt in die sehr nah mikrofonierte Singstimme legte. Dazu noch die Impulsivität der angerissenen Saiten.
Bei diesem Mitschnitt zeigte Musical Fidelitys Nu-Vista jede noch so kleine feindynamische Dimension: ein Maximum an Informationen. Mehr noch: Das vermittelte Gänsehaut- Atmosphäre, wie sie schöner in unserem Hörraum nur selten Einzug gehalten hat.